Sollte ein Fonds an die Börse gehen oder nicht? Das Beispiel des Cronos Immo Fund

06/12/2021

Pascal Roux

Cronos Immo Fund

3 min

Sollte ein Fonds an die Börse gehen oder besser nicht kotiert bleiben? Diese Frage stellt sich irgendwann für jeden Immobilienfonds. Und wie auch immer die Entscheidung ausfällt – es gibt Vor- und Nachteile. Doch lassen wir die Theorie einmal beiseite und analysieren anhand eines konkreten Beispiels die Gründe, weshalb sich Manager für eine Kotierung entschieden haben.

 

Der Cronos Immo Fund wurde vor fünf Jahren aufgelegt und umfasst heute ein stetig wachsendes Portfolio, dessen Wert sich auf nahezu 600 Millionen Franken beläuft. Für die Manager dieses Fonds ist der Zeitpunkt gekommen, den Börsengang ins Auge zu fassen. Auch wenn einige seiner institutionellen Anleger nicht begeistert sind.

Pascal Roux, CEO von Cronos Finance, erklärt uns die Gründe für diese Entscheidung, die zu mehr Liquidität und einem Zuwachs durch nicht qualifizierte Investoren führen wird. Nicht zu vergessen die langjährigen Anleger, die dann das latente Agio des aktuellen Portfolios realisieren können.

 

Pascal Roux, ich frage Sie ganz direkt: Weshalb möchten Sie mit Ihrem Immobilienfonds an die Börse gehen?


Eine sehr gute Frage, die intern und mit unseren Investoren intensiv diskutiert wird. Die Option des Börsengangs hat ebenso viele Befürworter wie Gegner. Bisweilen schrecken Anleger vor der Volatilität kotierter Titel zurück.

Für andere wiederum wäre es eine Gelegenheit, ihre Anteile leichter zu verkaufen, da diese nach einer Börsenkotierung liquider werden. Der Börsengang wäre zudem eine Möglichkeit, die latente Agioreserve unseres Portfolios zu verringern. Natürlich muss der Fonds dieses Agio «wert» sein. Die Antwort darauf können nur die Anleger geben (eine Kotierung führt nicht automatisch zu einem Anstieg des Agios).

 

Und was denken Sie als Manager dieses Fonds darüber?


Um ehrlich zu sein, haben wir bereits bei der Auflegung des Fonds 2016 geplant, mittelfristig an die Börse zu gehen. Dadurch würde sich die Liquidität deutlich erhöhen und könnte neben qualifizierten Anlegern auch das breite Publikum angesprochen werden. Zudem könnten wir den direkten Vergleich mit der Konkurrenz, d. h. mit ähnlichen Fonds, die bereits kotiert sind, ziehen. Die Kotierung wird wahrscheinlich 2023 oder bereits Ende 2022 erfolgen.

 

Ist eine Kotierung wirklich so attraktiv? Bisweilen heisst es, es gebe bereits zu viele Immobilienfonds an der Börse.


Dem stimme ich nicht zu. Verbriefte Instrumente wie Anlagefonds sind am Schweizer Immobilienmarkt nur sehr gering verbreitet. Schauen Sie sich den weltweiten Immobilienmarkt an, dessen Grösse derzeit bei rund 3000 Milliarden Schweizer Franken liegen dürfte, während die Gesamtkapitalisierung aller kotierten Immobilienfonds (von börsenkotierten Immobiliengesellschaften ganz zu schweigen) weniger als 60 Milliarden Franken beträgt.

Diese machen also nur einen Bruchteil des gesamten Marktes aus, nämlich kaum 5 %. Somit ist noch Potenzial für neue Anlagefonds vorhanden, insbesondere wenn man die Situation in der Schweiz mit ausländischen Märkten wie beispielsweise Grossbritannien vergleicht, wo der Anteil der verbrieften Instrumente bei nahezu 30 % des Marktes liegt.
 

 

Man sagt auch, dass ein Immobilienportfolio für eine Kotierung mehr als 500 Millionen Franken betragen sollte. Trifft dies Ihrer Meinung nach zu?


Wie bereits gesagt, ist die Kotierung unseres Fonds für 2023 vorgesehen. Wir haben also noch Zeit, um die Swap-Transaktionen durchzuführen, die sich derzeit in der Pipeline befinden. Zudem ist diese Zahl nicht in Stein gemeisselt. Die Schwelle für einen Börsengang bleibt sehr theoretisch, für mich liegt sie zwischen 300 und 600 Millionen Franken. Eines ist indes klar: Wir werden den Börsengang nicht für eine grosse Kapitalerhöhung nutzen, vor allem wenn wir nicht wissen, wo wir dieses Geld investieren sollen.

 

Ist es für einen nicht kotierten Immobilienfonds schwierig, an die Börse zu gehen?


Nein, ganz im Gegenteil. Es ist sehr einfach. Es sind nicht viele Anpassungen notwendig und nur einige zusätzliche Vorgaben bei der Kommunikation und beim Reporting einzuhalten. Auch müssen die höhere Liquidität gesteuert und grössere Kursschwankungen akzeptiert werden. Und falls das Agio steigt, muss man auch einen Rückgang der Rendite in Kauf nehmen.

 

Wird sich für Ihre derzeitigen Kunden etwas ändern?


Nein, abgesehen davon, dass der Preis ihrer Anteile steigen könnte, wenn das latent vorhandene Agio unseres Immobilienportfolios freigesetzt wird. Zudem könnte die Volatilität der Anteile zunehmen.

 

Ein Vorteil nicht kotierter Fonds ist ihre geringere Volatilität. Beim Börsencrash im März 2020 sind die Kurse der kotierten Immobilienfonds eingebrochen. Ist es nicht etwas riskant, gerade jetzt an die Börse zu gehen – zu einem Zeitpunkt, zu dem viele davon überzeugt sind, dass es eine Blase gibt, die demnächst platzt?


Ich antworte jetzt als Vermögensverwalter. Die Geldschöpfung, die wir seit zwei Jahren sehen, ist unglaublich, und all dieses Geld muss irgendwo investiert werden. Deshalb glaube ich nicht, dass die Kurse der Immobilienanlagen sinken werden, zumal das Immobilienangebot nicht mit der Nachfrage der Investoren Schritt halten kann.

Ausserdem bin ich überzeugt, dass bei einem Immobiliencrash der Staat gezwungen wäre einzugreifen – wie damals, als er die UBS retten musste. Angesichts der gigantischen Summen, die die Pensionskassen in Immobilien investiert haben, würde bei einem Crash unser gesamtes Rentensystem zusammenbrechen («too big to fail»). Das könnte der Staat nicht zulassen.

Ich würde mir eher Sorgen um die Bewertung einiger Aktien machen, vor allem in den Technologiesektoren. Diese Papiere haben in den letzten Monaten einen Höhenflug hingelegt und weisen mittlerweile schwindelerregende Kennzahlen auf, die nicht einmal auf Gewinnen, sondern auf Umsätzen beruhen, was wirklich fragwürdig ist.

Was die Zinsen betrifft, so dürfte es für die Zentralbanken angesichts der hohen Verschuldung der Staaten schwierig werden, an der Zinsschraube zu drehen. Ich für meinen Teil glaube bei aller notwendigen Bescheidenheit nicht an einen Crash der Schweizer Immobilien.
 
 

Interview von Olivier Toublan