'5 Minuten mit'-Interview - Yves-Marie Maitre

01/10/2021

Immoday

Redaktion

3 min

Für das heutige «5 Minuten mit»-Interview begrüssen wir Yves-Marie Maitre, Direktor Bewirtschaftung / StWE bei der DBS Group​​​​​.


«5 Minuten mit» ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.

 

Yves-Marie Maitre, stellen Sie sich bitte kurz vor.


Ich bin 47 Jahre alt, Familienvater, wohne in Genf und habe immer im Immobilienbereich gearbeitet.
 

Wie sind Sie im Immobilienbereich gelandet? War es Zufall, eine Gelegenheit oder eine Familientradition?


Ich war noch Student, als ich von der Immobilienagentur Édouard Brun in Genf als Praktikant eingestellt wurde. Während des Studiums hat mir der Direktor der Agentur eine Festanstellung angeboten. Das war mein Einstieg und ich habe den Immobilienbereich seither nie mehr verlassen.
 

Sie sind seit mehr als 20 Jahren in diesem Sektor tätig. Ist das nicht ein bisschen lang?


Nicht, wenn man bedenkt, dass es im Immobiliensektor verschiedenste Berufe gibt. Da kann man sich stetig erneuern. Ich habe im Laufe meiner beruflichen Laufbahn auch mehrere Male den Arbeitgeber gewechselt – eine andere Art, sich weiterzuentwickeln.

Ich habe ganz unten angefangen, habe in mehreren Verwaltungen von allem ein bisschen gemacht und bin dabei jedes Mal aufgestiegen. Parallel dazu habe ich mich weitergebildet und habe schliesslich 2006 den Eidgenössischen Fachausweis Immobilienbewirtschafter und Immobilienvermarkter erworben.
 

Was für ein Manager sind Sie?


Ich würde sagen, dass ich anspruchsvoll, aber auch wohlwollend bin.
 

Ist das nicht etwas widersprüchlich?


Ich denke nicht. Ich bin anspruchsvoll, was die Qualität der Arbeit betrifft, bin meinen Mitarbeitenden gegenüber aber wohlwollend eingestellt, da ich auch Fehler akzeptiere. Denn nur wenn die Mitarbeitenden Fehler machen dürfen, lernen sie dazu – nicht wenn man sie ständig kontrolliert und sie keine eigenen Entscheidungen treffen lässt. Ich mag flache hierarchische Strukturen. Ich höre zu und vertraue meinen Mitarbeitenden.
 

Sie arbeiten derzeit bei der DBS.


Anfang 2017 wurde ich zum Generaldirektor des Immobilienverwalters Brolliet in Genf ernannt, der heute Teil der DBS Group mit Sitz in Lausanne ist, deren Geschäftsleitung ich ebenfalls angehöre.

Ich bin derzeit auf die Bewirtschaftung von Gebäuden und Stockwerkeigentum spezialisiert und für die ganze Westschweiz, also im Grossen und Ganzen für die Kantone Genf und Waadt, zuständig. Dies entspricht einem Team von rund 200 Personen. Bei der DBS Group macht die Bewirtschaftung von Gebäuden ungefähr 70% des Geschäfts aus.
 

Erzählen Sie uns etwas über die DBS Group.


Die DBS Group ist mit 700 Mitarbeitenden und etwa 40 Agenturen heute die grösste Immobilienverwalterin der Schweiz. Daher ist es uns möglich, in praktisch der ganzen Schweiz präsent zu sein und unserer Kundschaft kundennahe Dienstleistungen anzubieten. Wir erachten uns als einen der wichtigsten Akteure in der Branche.
 

Wenn ich der Presse Glauben schenken darf, tritt die DBS Group als grosse Käuferin kleiner lokaler Agenturen auf.


Das ist richtig, aber auch grösserer Unternehmen. In diesem Geschäft wird es immer schwieriger, rentabel zu sein. Die Margen sind gering. Deshalb setzen wir auf externes Wachstum. Wir kaufen Agenturen, die keine Käufer mehr finden, oder Agenturen, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um ihre IT-Abteilung aufzurüsten – ein Bereich, in dem wir ihnen viel bringen können. Wir sind für sämtliche Arten der Zusammenarbeit offen, die es dem veräussernden Unternehmen ermöglichen, einen reibungslosen Übergang sicherzustellen.
 

 

Wer ist Eigentümer der DBS Group?


Der Immobilienkonzern Foncia, der wiederum der Zuger Private-Equity-Gesellschaft Partners Group gehört.
 

Sind in Ihrem Geschäft die institutionellen Anleger, d. h. die Immobilienfonds, wichtige Partner?


Sie werden immer wichtiger. Die meisten Immobilien, die wir heute für unsere Kunden (oder für Dritte) verkaufen, werden von institutionellen Investoren erworben.

Das ist nachvollziehbar, da die Immobilienpreise – bei weiterhin sinkenden Renditen – inzwischen so hoch sind, dass ausser den institutionellen Anlegern – deren umfangreiche Liquidität mit Negativzinsen belegt wird – kaum jemand diese Objekte kaufen kann.
 

Lassen diese institutionellen Kunden ihre Immobilien auch von Ihnen bewirtschaften?


Sicher. Doch auch in diesem Bereich hat sich die Situation stark verändert. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Ansprüchen dieser Kunden gerecht zu werden, mussten wir unser Dienstleistungsangebot überdenken, damit wir für die tatsächlich erbrachten Dienstleistungen bezahlt werden.
 

 

Suchen Sie für diese institutionellen Investoren auch nach interessanten Objekten, die sie erwerben könnten?


Wir haben eine Abteilung, die eigens auf den Verkauf von Immobilien spezialisiert ist. Das ist ein recht spezieller Geschäftsbereich, in welchen nur wenige Immobilien zum Verkauf stehen, die Preise stetig steigen und die Nachfrage der institutionellen Anleger sehr hoch ist. Und die wohlgemerkt nur selten verkaufen.
 

Kaufen diese Anleger alles oder sind sie wählerisch?


In der Regel konzentrieren sie sich auf Wohnimmobilien in den Innenstädten oder an wichtigen Verkehrsachsen, also Standorte, an denen die Leerstandsquote niedrig ist. Zudem ziehen sie grosse Objekte von über 10 Millionen Franken vor – entweder neu oder mit grossem Potenzial nach der Sanierung.

Steht also ein Gebäude im Zentrum von Genf zum Verkauf, gibt es viele Kaufinteressenten, handelt es sich indes um ein energiefressendes Gebäude aus den 1960er oder 1970er Jahren in einem Vorort, ist der Preis ein anderer, weil die institutionellen Anleger in diesem Fall zurückhaltender sind. Da die Sanierungskosten beträchtlich und die Leerstandsquoten mitunter hoch sind, ist das Risiko erheblich – und dies bei bisweilen sehr niedrigen Renditen. 
 

Und wie sieht es bei den Geschäftsimmobilien aus?


Es ist klar, dass Geschäftsimmobilien die institutionellen Anleger immer weniger interessieren. Von einigen werden sie geradezu gemieden. Gute Geschäftsimmobilien, z. B. im Stadtzentrum von Genf, können indes interessante Renditen abwerfen. Leider stehen solche Immobilien nicht sehr oft zum Verkauf.
 

Die Preise steigen stetig. Befinden wir uns in einer Blase?


Das Umfeld ist schon sehr speziell: Negativzinsen und Pensionskassen, die über enorme Summen für Immobilieninvestitionen verfügen. Dies treibt die Preise automatisch in die Höhe und drückt die Renditen.

Dennoch ist eine Immobilie auch heute noch eine gute langfristige Investition. Der Vorteil ist, dass es sich um eine Sachanlage handelt, die nie ihren gesamten Wert verliert. Dazu kommen die Miet- und Pachtzinse, die beständig und bemerkenswert krisenresistent sind, wie in der Pandemie zu beobachten war.

Kurzum: Ich bin – ebenso wie die meisten Fachleute – der Auffassung, dass es sich nicht um eine echte Blase handelt. Angesichts der überschüssigen Liquidität am Markt und der Negativzinsen bleibt die Situation allerdings angespannt. Was jedoch nicht heissen soll, dass die Preise auch weiterhin so schnell steigen werden wie in den letzten Jahren.

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Olivier Toublan für Immoday