Nachhaltiger Immobiliensektor - Dynamisierung der Konkurrenz

19/11/2020

Véronique Bühlmann

Immoday

4 min

Die zahlreichen Kriterien für nachhaltige Investitionen (ESG) verunsichern die Anleger, da diese nicht über die Instrumente verfügen, mit denen sie die Alternativen, die sich ihnen bieten, effizient vergleichen können. Mit der Lancierung des Swiss Sustainable Real Estate Index (SSREI) im letzten Juni wurde ihnen eine Lösung bereitgestellt – zumindest für den Immobiliensektor, eine Branche, die das grösste Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen birgt.
 

Ein unentbehrliches Referenzinstrument

Der Immobiliensektor ist zudem eine Branche, in der den institutionellen Anlegern, namentlich den Pensionskassen, eine zentrale Bedeutung zukommt: Rund ein Viertel ihres Vermögens ist in Immobilien investiert, davon zwei Drittel über indirekte Immobilienanlagen (2). Zudem verfügen diese Akteure über einen relativ langen Anlagehorizont und spielen bei neuen Bauvorhaben eine entscheidende Rolle. Sie können die Entwicklung des Schweizer Immobilienparks somit massgeblich beeinflussen und dessen Nachhaltigkeitseigenschaften verbessern. Allerdings benötigen sie dazu einen transparenten und zuverlässigen Analyserahmen.
 

Der Swiss Sustainable Real Estate Index (SSREI) verfolgt genau dieses Ziel, nämlich die Vergleichbarkeit aller Immobilienportfolios – egal ob gross oder klein – in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit zu gewährleisten. So kann jeder Anleger von den Immobilienfonds, den Immobiliengesellschaften und den Immobilienstiftungen ganz bewusst diejenigen auswählen, die seinen Nachhaltigkeitsanforderungen am besten entsprechen. Zudem veranlasst ein Referenzindex zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance (ESG) im Immobilienbereich die Akteure des Sektors dazu, die Nachhaltigkeit ihrer Immobilienparks gezielt zu verbessern.
 

Ein effektiver Index

Zuverlässigkeit und Transparenz sind die Kardinaltugenden eines Index. Deshalb beruht der SSREI auf dem Anforderungsraster des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS), dessen Entwicklung vom Bundesamt für Energie finanziert und vom Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS) unterstützt wurde. Dieser Standard wurde 2013 lanciert und 2016 überarbeitet. Dabei ging es immer darum, ein einfaches und freiwillig anwendbares Instrument zu schaffen, um dem nachhaltigen Bauen in der Schweiz einen allgemeinen Rahmen zu geben. Die Initiatoren halten fest: «[Der Standard] ermöglicht es, die Bedürfnisse von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt gleichermassen und möglicstaircase-164972.jpghst umfassend in Planung, Bau und Betrieb [eines Gebäudes] mit einzubeziehen», da er eine «Sicht auf den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie» bietet  (3).
 

Um in den SSREI aufgenommen zu werden, muss jedes Immobilienportfolio und alle Liegenschaften, aus denen es besteht, vom Eigentümer nach den indexspezifischen Kriterien bewertet werden. (3) Diese Bewertung wird dann von einer unabhängigen Prüfstelle, in diesem Fall von der Société Générale de Surveillance (SGS), verifiziert und zertifiziert. Diese kann auf eine lange Erfahrung in diesem Bereich zurückblicken, da sie die exklusive Partnerin des Bundesamtes für Energie bei SNBS-Angelegenheiten ist.

Von seiner Konstruktion her bietet der Index somit zwei Vorteile: Für den Anleger stellt er ein zuverlässiges Instrument dar, da er auf in der Schweiz weithin anerkannten Kriterien und einer durch eine externe Prüfstelle zertifizierten Bewertung beruht. Für den Eigentümer der Liegenschaften ist er leicht anwendbar, da die Daten, die in den Index einfliessen, zum grossen Teil bereits verfügbar sind und daher kein spezifisches und möglicherweise kostspieliges Bewertungs- und Kontrollverfahren eingeführt werden muss.
 

Diese Vorteile haben einen ersten Immobilienfonds, den Edmond de Rothschild Real Estate Sicav (ERRES), überzeugt, sein gesamtes Portfolio zertifizieren zu lassen. Dieses aus 75 Bestandsimmobilien bestehende Portfolio wurde auf die SSREI-Anforderungen hin bewertet und durch die SGS verifiziert. So ist im ESG-Kapitel des letzten Jahresberichts der SICAV zu lesen, dass dank dem Engagement des Verwalters der Energieverbrauch der Gebäude im Portfolio im Geschäftsjahr 2019/2020 um 8,3% pro m2 und die CO2-Emissionen um 9,5% pro m2 reduziert werden konnten. Zudem ist der Anteil der fossilen Energieträger zum Beheizen des Immobilienparks von 76 auf 72% gesunken.
 

Diese erste Komponente des SSREI, zu deren strategischen Grundsätzen eine «konstante Verbesserung des energetischen und gesellschaftlichen Abdrucks durch Fokussierung auf konkrete und messbare Massnahmen bei den Immobilien und den Mietern» gehört, dürfte Nachahmer finden. Derzeit lassen vier weitere Portfolios ihre Liegenschaften bewerten und Diskussionen mit anderen bedeutenden Akteuren des Immobiliensektors sind im Gange.

 

(1) Quelle: Inrate
(2) Quelle: Credit Suisse in einem Agefi-Artikel
(3) www.ssrei.ch
Befragt am 1. September 2020 von Véronique Bühlmann für Voxia Communication, für Immoday.
 
Interview mit Roland Vögele, CEO der MV Invest AG und Gründer des Swiss Sustainable Real Estate Index (SSREI).