Agios immer noch auf Rekordniveau

03/05/2022

Immoday

Olivier Toublan

5 Min

Immobilienmonitoring 7, Immoday, Mai 2022
 

Die Agios der Immobilienfonds liegen zwar immer noch auf Rekordniveau, doch wird der Unterschied zwischen Geschäfts- und Wohnimmobilien grösser. Vier Fonds wiesen Ende Januar 2022 indes ein negatives Agio auf.

 

Vor einigen Wochen veröffentlichten wir eine Reihe von Artikeln zu den sehr hohen Agios von Schweizer Immobilienfonds. Im neuen Newsletter der Credit Suisse wird erneut eine Standortbestimmung zu diesem Thema vorgenommen – mit interessanten Erkenntnissen. Ende Januar 2022 liegt das durchschnittliche Agioniveau immer noch nahe dem Ende 2021 erreichten Rekordwert. Die Unterschiede zwischen den Fonds sind nach wie vor beträchtlich. Da die Rendite der Eidgenossen steigt und diejenige der Immobilienfonds immer weiter sinkt, ist die Renditedifferenz so mager wie seit 10 Jahren nicht mehr. Wir analysieren dies im Detail.

 

Ein Agiodurchschnitt von nahezu 42% 
 

Von den gut 40 in der Schweiz kotierten Immobilienfonds wiesen vier Ende Januar ein negatives Agio auf (zugegebenermassen ein nur sehr leicht negatives Agio, sodass sich die Situation rasch ändern kann). Gemäss den von Credit Suisse veröffentlichten Tabellen handelt es sich bei diesen vier Fonds um den CS REF Interswiss, den Residentia (der vorwiegend in den Kantonen Tessin und Graubünden investiert), den SF Commercial Properties und den Suisse Romande Property Fund.
 

Alle anderen in der Schweiz kotierten Fonds weisen ein – bisweilen stark – positives Agio auf. Dasjenige des Immofonds liegt sogar über 70%. Zwei weitere Fonds, La Foncière und Streetbox, verzeichnen ein Agio von mehr als 60%.
 

Ist dies zu hoch? Als wir vor einigen Monaten den Direktor von La Foncière, Arnaud de Jamblinne, zu diesem Thema befragt hatten, meinte dieser, es sein nicht an ihm, sondern an den Investoren, diese Frage zu beantworten.
 

 

Grosser Unterschied zwischen Geschäfts- und Wohnimmobilien 
 

Das durchschnittliche Agio lag Ende Januar bei 41,7% und somit nahe dem Rekordwert vom Ende des Jahres 2021 (42,5%). In den letzten dreissig Jahren waren die Agios der Schweizer Immobilienfonds noch nie so hoch. Allerdings ist eine grosse Differenz zwischen den Anlagekategorien – Geschäfts- und Wohnimmobilien – festzustellen.
 

Bei den Fonds, die vorwiegend in Wohnimmobilien investiert sind, liegt das durchschnittliche Agio bei über 45% und somit nahe dem Rekordwert. Bei den Geschäftsimmobilienfonds indes sieht es ganz anders aus. Wie die Analysten der Credit Suisse berichten, ist das durchschnittliche Agio dieser Fonds in den letzten Monaten deutlich gesunken. Nachdem es Mitte 2021 einen Höchststand von über 35% erreicht hatte, ist es auf derzeit 25% gefallen. Ist das viel oder wenig? Auch in diesem Fall müssen das die Investoren entscheiden. Eines lässt sich dennoch sagen: In den letzten zehn Jahren war die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Agio der Geschäftsimmobilien und demjenigen der Wohnimmobilien nie so lange so hoch wie seit dem pandemiebedingten Crash im Frühjahr 2020. Dies zeigt ganz deutlich, welche Anlagen die Investoren bevorzugen – trotz der zahlreichen Studien, in denen versichert wird, dass bei den Geschäftsimmobilien das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

 

Noch nie so niedrige Renditen 

 

Bei steigenden Agios ist es nicht überraschend, dass gleichzeitig die Ausschüttungsrenditen von Immobilienfonds kontinuierlich sinken. Wir nähern uns der Marke von 2% an. Zwischen 2009 und 2019 lag die Rendite noch konstant bei rund 3%. Ein Renditerückgang, der – wen erstaunt’s – mit den rückläufigen Zinsen des Bundes einherging.
 

Doch diese Zinsen dürften wieder steigen: In den USA gab die Fed bekannt, dass sie die Zinsen in den kommenden Wochen anheben wird, die Europäische Zentralbank wird wohl nachziehen und 2023 – so sagen einige Analysten – könnte auch die SNB an der Zinsschraube drehen. Natürlich ist dies nur Zukunftsmusik. Allerdings preisen die Investoren diesen Zinsschritt bereits ein, liegen die Renditen der 10-jährigen Eidgenossen doch zum ersten Mal seit 2018 wieder im positiven Bereich.
 

Folglich liegt die Renditedifferenz zwischen den Immobilienfonds und den 10-jährigen Eidgenossen auf dem tiefsten Niveau seit gut zehn Jahren, nämlich bei knapp über 2%. Wir werden rasch sehen, ob sich dies negativ auf die Immobilienfonds auswirken wird oder ob sich die Anleger, namentlich die institutionellen Investoren, auf lange Sicht weiterhin mit einer Renditedifferenz zufriedengeben, die dahinschmilzt.
 

Olivier Toublan für Immoday