Welcher Büroflächenbedarf im Jahr 2030?

15/04/2022

Immoday

Olivier Toublan

4 Min

 

Immobilienmonitoring 6, Immoday, April 2022
 

Die Pandemie hat sich stark auf den Büroflächenbedarf ausgewirkt. Nun, da sie sich dem Ende neigt, stellt sich die Frage, ob wir zur Situation vor Covid-19 zurückkehren. Die jüngste Studie des Beratungsunternehmens Wüest Partner stimmt zuversichtlich. Dies dürfte die Anleger beruhigen.

 

Nun, da die Gesundheitsmassnahmen aufgehoben werden, ist festzustellen, dass die Schweizer Wirtschaft nicht zu sehr unter der Pandemie gelitten hat. Die Wachstumsaussichten sind positiv. Damit dürfte die Nachfrage nach Büros, die aufgrund von Covid-19 eingebrochen war, wieder steigen – dies umso mehr, als im Dienstleistungssektor, in welchem der Büroflächenbedarf sehr hoch ist, die Zahl der vakanten Stellen zugenommen hat. Kurzum, rosige Aussichten?
 

So einfach ist es nicht. Die pandemiebedingten Veränderungen der Arbeitsgewohnheiten waren tiefgreifend und könnten andauern. Anders ausgedrückt: Benötigt ein Unternehmen noch Bürofläche, um zu wachsen? Diese Frage stellen sich die Forschenden von Wüest Partner im ihrem letzten «Büroflächen-Barometer». Fazit: Sie sind in Bezug auf den Bedarf bis 2030 relativ zuversichtlich.

 

Zweimal mehr Homeoffice als vor der Pandemie 

 

Erstens – und das dürfte niemanden überraschen – wird es auch künftig Homeoffice geben. Im Schnitt gaben die befragten Unternehmen an, dass sie in Zukunft von einem Homeoffice-Anteil von 26% am Total der geleisteten Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden ausgehen. Das ist doppelt so hoch wie vor der Pandemie. Auffällig ist, dass es je nach Sektor, Region und interner Organisation grosse Unterschiede geben wird. In den Grosszentren dürfte der Homeoffice-Anteil bei 34% liegen, in den Randgebieten bei lediglich 14 bis 16%. Gleichzeitig werden laut den Experten von Wüest Partner auch Unternehmen, die «Open Space» mit «Desk Sharing» anbieten, Homeoffice fördern (48%).
 

Geht also mehr Homeoffice mit einem allgemeinen Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen einher? Das könnte man denken, doch das Barometer von Wüest Partner kommt zu einem anderen Schluss. «Lediglich 15% der befragten Unternehmen möchten ihre Flächen reduzieren (kurz gesagt, diejenigen, bei denen Homeoffice mehr als 40% der Gesamtarbeitszeit ausmacht). 65% erwarten in etwa gleichbleibende Flächengrössen. Und 20% beabsichtigen, ihre Flächen zu erweitern.»
 

Man darf neben der Zunahme von Homeoffice und dem Wunsch, die Nutzung von Büroflächen zu optimieren und die Kosten zu senken, nicht vergessen, dass viele Unternehmen planen, zusätzliche Mitarbeitende einzustellen, was letztlich zu einem zusätzlichen Büroflächenbedarf führen wird.
 

 

Zusätzlicher Büroflächenbedarf von 830 000 Quadratmetern pro Jahr 

 

Anders als man hätte erwarten können, wird der Schweizer Büromarkt gemäss den Ergebnissen der Umfrage von Wüest Partner weiterhin mit einem steigenden Flächenbedarf rechnen können. Zwar werde es einige Flächenreduktionen geben, doch dürften die Wachstumserwartungen und die zusätzliche Nachfrage nach Flächen zur Verbesserung der Arbeitsqualität diesen punktuellen Rückgang kompensieren, so die Immobilienexperten.
 

Doch wie hoch wird dieser Anstieg ausfallen? Die Berechnungen der Analysten von Wüest Partner gehen bis 2030. Beim realistischsten Szenario, also einem ziemlich starken Wachstum der Gesamtbeschäftigung in der Schweiz (1% pro Jahr) und einer gleichzeitigen durchschnittlichen Flächenreduktion um 10% seitens der Unternehmen (welche die Nutzung der verfügbaren Flächen dennoch rationalisieren werden), ist mit einem Anstieg des Büroflächenbedarfs von 830 000 Quadratmetern pro Jahr zu rechnen. «Dies wäre mehr, als in den letzten 10 Jahren durchschnittlich pro Jahr an neuen Flächen gebaut wurde (720 000 Quadratmeter).»
 

Anders sähe es natürlich bei einem nur mässigen Wachstum der Gesamtbeschäftigung (0,5%) oder einer stärkeren Reduktion der Flächen aus. «Der Bedarf an Büroflächen ginge dann erwartungsgemäss zurück und es würden 2030 weniger Flächen als heute nachgefragt werden.»

 

Neue Anforderungen der Unternehmen 
 

Der Bedarf an Büroflächen bleibt zwar bestehen, aber mehrere Veränderungen werden die Eigentümer dennoch dazu zwingen, sich an eine pandemiebedingt deutlich veränderte Nachfrage anzupassen.
 

Gemäss den Angaben der Unternehmen im «Büroflächen-Barometer» ist die Arbeitsplatzqualität (Raum, Schallschutz, Helligkeit) zum wichtigsten Kriterium geworden. An zweiter Stelle stehen die Nachhaltigkeit und der Energieverbrauch der Gebäude.
 

Eine gute Erreichbarkeit mit dem Auto und die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln sind ebenfalls wichtig. Dagegen bleiben Repräsentativität, Ästhetik und Architektur des Gebäudes nur für knapp die Hälfte der Unternehmen ausschlaggebend. Angesichts des Rückgangs der physischen Interaktionen mit Kunden und der stetigen Zunahme des Homeoffice rücke dieser Aspekt in den Hintergrund.
 

Zu guter Letzt dürfte das «Desk Sharing» zunehmen, vor allem in den grossen Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitenden, in denen auch der Homeoffice-Anteil weiter steigen wird.

 

Olivier Toublan für Immoday