5 Minuten mit Arnaud Andrieu, dem CEO von Edmond de Rothschild REIM (Schweiz)

16/02/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min


Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Arnaud Andrieu, CEO bei Edmond de Rothschild Real Estate Investment Management​​​​​​​ (Schweiz) 


'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.
 

Arnaud Andrieu, erzählen Sie uns etwas über sich.

 

Beruflich bin ich Mitgründer und Gesellschafter sowie Co-Geschäftsführer von Edmond de Rothschild Real Estate Investment Management. Ich bin in Toulouse geboren, aber im Herzen Schweizer! Ich lebe seit 20 Jahren in der Schweiz. Heute wohne ich in Genf, bin verheiratet und habe drei Kinder, mit denen ich so viel Zeit wie möglich verbringe, wenn es mir die Arbeit erlaubt.

 

Was ist Ihr wichtigster beruflicher Charakterzug?

 

Ich würde sagen Gründlichkeit und Pragmatismus. Ich versuche auch, mit gutem Beispiel voranzugehen: Wenn ein Angehöriger meines Teams Probleme bei der Leitung eines Projekts hat, unterstütze ich ihn, damit er lernt und selbstständig wird. Unsere Branche ist ein wettbewerbsintensives Geschäft, da ist die Qualität des Teams absolut entscheidend. Diese Qualität macht den Unterschied, da man wissen muss, wie man Chancen nutzt und das Immobilienportfolio effektiv verwaltet, um eine Leistung zu erbringen, die unsere Kunden zufriedenstellt.

 

Sie haben Ihre Ausbildung an der Ecole hôtelière de Lausanne begonnen, was für einen Mann, der dann seine gesamte Karriere in der Immobilienbranche durchläuft, ein wenig ungewöhnlich ist.

 

Eigentlich nicht. Die Hotelfachschule lässt sich als eine Art Managementschule betrachten, in der man sich in einem recht pragmatischen und operativen Umfeld, wie es das Hotelmanagement ist, auch mit Finanzen, Rechnungswesen, Marketing und Recht befasst. Es gibt ganz konkrete Aufgaben in Bezug auf Teamleitung, Kunden, Investoren usw. Man erwirbt also Kenntnisse und Fähigkeiten, die mir heute bei unseren Aktivitäten im Immobilien-Investmentmanagement sehr nützlich sind.

 

Nach Ihrem Studium sind Sie sofort in die Immobilienbranche eingestiegen.

 

In der Tat war ich ab 2006 für CBRE Switzerland tätig, einem in der Schweiz ansässigen Franchiseunternehmen eines weltweit führenden amerikanischen Konzerns im Bereich Anlageberatung für Gewerbeimmobilien. 2007 haben wir das Unternehmen Orox Asset Management gegründet, das sich auf Immobilieninvestitionen und die Verwaltung von wertschöpfenden Gewerbeimmobilien in der Schweiz spezialisiert hat. So konnten wir unsere Zusammenarbeit mit der Edmond de Rothschild Gruppe fortsetzen, mit der wir im Jahr 2011 in einer exklusiven Partnerschaft den ersten Teilfonds der Edmond de Rothschild Real Estate SICAV – den ersten Schweizer Immobilienfonds in Form einer SICAV – aufgelegt haben. Die Edmond de Rothschild Gruppe wurde 2014 Mehrheitsaktionärin unseres Unternehmens Orox Asset Management.

 

So sind Sie also zu Edmond de Rothschild REIM gekommen.

 

Edmond de Rothschild REIM ist unsere europäische Plattform für Vermögensverwaltung und Immobilieninvestitionen. Sie wurde 2020 gegründet und ist aus der Fusion unserer verschiedenen Marken Orox, Cleaveland und Cording hervorgegangen. Ich leite sie gemeinsam mit Pierre Jacquot, meinem Freund und Geschäftspartner. EdR REIM verwaltet derzeit ein Immobilienportfolio von über 12 Milliarden Franken. Wir investieren und agieren aktiv von neun Büros aus und sind ein Team aus über 100 professionellen Mitarbeitern in der Schweiz, Frankreich, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Grossbritannien. Das Management von Immobilieninvestitionen ist ein Metier, das massgeblich vom Humankapital abhängig ist.

 

Warum all diese Auslandsbüros?

 

Für eine bessere lokale Kontrolle der Immobilienmärkte, in die wir investieren. Wir sind nicht nur in der Schweizer Immobilienbranche tätig. So haben wir beispielsweise vor drei Jahren einen geschlossenen Fonds namens Smart Estate in Europa aufgelegt, der die neuen Trends nutzt, denen sich die Immobilienbranche von morgen stellen muss: alternatives und modernes Wohnen, urbane Logistik, neue Arbeitsformen und Nischenchancen, wie etwa die Stadterneuerung. Angesichts des Erfolgs dieses ersten Fonds werden wir eine zweite Version des Fonds, den Smart Estate 2, auflegen, wobei wir dieselbe Anlagestrategie beibehalten. Unser Ziel ist es, 150 Millionen Euro einzuwerben. Es wird wieder ein geschlossener Fonds mit einer Anlagedauer zwischen sechs und acht Jahren sein.

 

 

Handelt es sich bei Ihren Kunden überwiegend um institutionelle Anleger?
 

Bezogen auf unsere Aktivitäten in der Schweiz, wo wir entweder unter direkter diskretionärer Verwaltung oder im Auftrag Dritter ein Immobilienvermögen von rund vier Milliarden Franken verwalten, sind rund 80 % unserer Kunden institutionelle Anleger und 20 % Privatkunden.

 

Wie ist Edmond de Rothschild REIM heute in der Schweizer Landschaft der indirekten Immobilienanlagen aufgestellt?

 

Die Edmond de Rothschild Real Estate SICAV gehört mit einem überwiegend auf Wohnimmobilien ausgerichteten Portfolio von über zwei Milliarden Franken heute zu den zehn grössten Fonds am Markt.

 

Sprechen wir über den Schweizer Markt im Allgemeinen. Ist er im Hinblick auf die Möglichkeiten und den hohen Preisen gesättigt?

 

Nein, aber er wird zunehmend wettbewerbsorientierter, insbesondere was die Anlagen mit den niedrigsten Investitionsvolumina und somit die am einfachsten zugänglichen und beliebtesten Anlagen betrifft. Daher ist es von grösster Bedeutung, ein starkes und agiles Team zu haben, das diese Chancen aktiv nutzt und Potenziale durch aktives Immobilienmanagement erschliesst.

 

Was sind Ihrer Meinung nach ganz allgemein die Stärken und Schwächen des Schweizer Immobilienmarktes?

 

Paradoxerweise würde ich sagen, dass die Hauptstärke des Schweizer Marktes auch seine Hauptschwäche ist: Es handelt sich um einen kleinen Markt, in dem vor allem institutionelle Anleger aktiv sind, die über eine hohe Investitionskapazität bei geringem Fremdkapitaleinsatz verfügen. Das Ergebnis ist ein liquider, dynamischer und solider Immobilienmarkt. Ein kleiner Markt bedeutet aber auch eine Reihe begrenzter Projekte. Insgesamt ist der Markt also gesund und wird von einer starken Wirtschaft getragen, aber er bleibt angespannt, und wir müssen bei die Auswirkungen von Zinserhöhungen, den Preisniveaus und den sich bietenden Chancen sehr wachsam bleiben.

 

Die meisten Immobilienfonds konzentrieren sich heute nur noch auf Wohnimmobilien. Ist dies auch bei Ihnen der Fall?

 

Keineswegs. Wir sehen im Logistik-, Gewerbe- und Büromarkt noch grosse Chancen. Aber Vorsicht, nicht irgendeine. Für die Assetklasse Büros brauchen Sie beispielsweise eine strategische Lage und eine gute städtische Infrastruktur, Erreichbarkeit durch ein diversifiziertes öffentliches Verkehrsnetz, Objekte mit soliden ESG-Kriterien, die den Energieeffizienzerwartungen der Mietparteien gerecht werden, Nutzungsflexibilität und einen Mietpreis, der dem Zustand des Gebäudes zum Zeitpunkt des Erwerbs angemessen ist, um Wertentwicklungsmöglichkeiten zu erhalten. Wenn alle diese Kriterien erfüllt sind und das Managementteam über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt, besteht immer eine starke Mietnachfrage, was für den Investor immer sinnvoll sein wird.

 

Trotz Homeoffice?

 

Wissen Sie, im Rückblick auf die COVID-Krise lässt sich feststellen, dass die Mitarbeiter gern maximal einen oder zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten, die restliche Zeit aber lieber ins Büro kommen, ihre Kollegen treffen und sich in Gruppen zusammenfinden, um sich auszutauschen, miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Deshalb muss die Arbeitsplatzinfrastruktur an diese neuen Trends angepasst werden, die immer höhere technische Anforderungen, aber auch grössere Gemeinschaftsräume erfordern. Zumal ich angesichts der Einschränkungen durch das Social Distancing und wegen des aktuellen Wirtschaftswachstums und der damit einhergehenden niedrigeren Arbeitslosenquote nicht vorschnell von einer sinkenden Nachfrage nach Büroflächen ausgehen würde.
 

Olivier Toublan für Immoday