Einige rechtliche Aspekte des Handels von Immobilienfondsanteilen

08/07/2021

Jean-Yves Rebord

Python

5 min

An den Sekundärmärkten werden die Beteiligungspapiere nach den Regeln von Angebot und Nachfrage frei gehandelt. Diese Märkte entstehen nach der Emission der Papiere am Primärmarkt. An diesem werden die Kurse in der Regel objektiv vom Emittenten festgelegt – in den meisten Fällen bei der Erstemission und den folgenden Kapitalerhöhungen – und gelten für alle Anleger.

Wie bei allen Wertschriften ist die Liquidität der jeweiligen Sekundärmärkte ein entscheidendes Kriterium, auf welches sich die Anleger bei ihrer Anlageentscheidung stützen. Diese Sekundärmärkte können mehr oder weniger organisiert sein. Es kann sich um einfache ausserbörsliche Transaktionen, digitale oder physische Plattformen zur Erleichterung des Handels (Wie z.B. unser Partner Property Match, Anm. d. Red.) oder um streng reglementierten Handel an beaufsichtigten Märkten handeln.

 

Bei Immobilienfonds und Immobilien-SICAV ist die Organisation des Sekundärmarkts aus rechtlicher Sicht besonders wichtig, da die Fonds- bzw. SICAV-Leitung sicherstellen muss, dass ein regelmässiger Handel über einen Effektenhändler oder eine Bank stattfindet, damit diese Anlagevehikel ihre Genehmigung von der FINMA erhalten und in der Folge auch behalten dürfen. Diese Grundvoraussetzung hat der Gesetzgeber vorgesehen, um zu rechtfertigen, dass diese Anlagevehikel – im Gegensatz zu den meisten Open-End-Fonds – von der Pflicht zur jederzeitigen Rücknahme der begebenen Anteile bzw. Aktien ausgenommen sind.

Von dieser Anforderung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn ein Immobilienfonds institutionellen Anlegern vorbehalten ist. Findet ein regelmässiger Handel der Immobilienfondsanteile und der Aktien von Immobilien-SICAV am Sekundärmarkt statt, so dürfen diese unter Umständen auch von Personen im Ausland erworben werden, selbst wenn das Portfolio dieser Anlagevehikel aus Wohnimmobilien besteht.
 

Im vorliegenden Artikel liefern wir einen kurzen Überblick über die wichtigsten Vorschriften, die gelten, wenn der Sekundärmarkt der offenen Immobilienfonds ausserbörslich (Ziff. II), börslich (Ziff. III) bzw. von der Depotbank (Ziff. IV) organisiert wird.
 

1. Organisation des ausserbörslichen Sekundärmarkts


Offene Immobilienfonds können den Sekundärmarkt ihrer Beteiligungspapiere ausserbörslich organisieren, d. h. ohne Kotierung an einem reglementierten und dem Publikum offenstehenden Markt. Dies ist derzeit die einzig mögliche Organisationsform für den Sekundärmarkt von Immobilienfonds, die nur bestimmten Kategorien von Anlegern offenstehen, da es vor dem Erwerb von Anteilen bzw. Aktien notwendig ist, den Anlegerstatus überprüfen zu können. Die Fonds- bzw. SICAV-Leitungen sind gehalten, mindestens einen Market-Maker-Vertrag abzuschliessen, mit welchem ein Effektenhändler oder eine Bank sich verpflichtet, einen regelmässigen Handel der begebenen Anteile bzw. Aktien sicherzustellen.
 

 

Der bzw. die Market-Maker und die entsprechenden Kontaktstellen sind im Prospekt zu nennen. Die Market-Maker sind nicht verpflichtet, für eine Mindestliquidität zu sorgen, sodass die potenzielle Regelmässigkeit des Handels von einem Fonds zum anderen beträchtlich variieren kann.

In der Praxis werden drei verschiedene Dienstleistungsniveaus für das Market-Making angeboten:
 

(i) die Schaffung eines Forums (Handelsplatz) für die Anleger, wo die Kauf- und Verkaufsangebote (Orderbuch) gesammelt werden, die Anleger, die übereinstimmende Angebote abgegeben haben, in Kontakt gebracht werden und wo die betreffenden Aufträge ausgeführt werden,

(ii) die Einführung einer Nostro-Limite, mit der sich die Market-Maker verpflichten, an jedem Werktag eine Mindestmenge an Papieren zum Kauf und Verkauf auf eigene Rechnung anzubieten, bis die Limite erreicht ist und

(iii) das eigentliche Market-Making, mit welchem sich die Market-Maker verpflichten, in ordentlichen Marktsituation unbeschränkt Kurse auf eigene Rechnung zu stellen. Diese Art der Verpflichtung ist angesichts der damit verbundenen Risiken allerdings seit mehreren Jahren praktisch verschwunden. 


Wenn die Market-Maker auf eigene Rechnung handeln, indem sie eine Nostro-Limite anbieten und ein Market-Making sicherstellen, sind sie rechtlich nicht verpflichtet, Kurse nahe dem Nettoinventarwert festzulegen oder für eine angemessene Differenz zwischen den Kauf- und den Verkaufskursen (Geld-Brief-Spanne, engl. bid-ask spread) zu sorgen. Es obliegt den Fonds- und den SICAV-Leitungen, die Handelsbedingungen vertraglich so festzulegen, dass ein ausreichend regelmässiger Handel sichergestellt werden kann.

Die Fonds- und SICAV-Leitungen sind nämlich verantwortlich dafür, dass ein solcher Markt besteht, obwohl sie verpflichtet sind, mindestens einen Effektenhändler oder eine Bank mit dessen Organisation zu betrauen. Die geltenden Rechtsbestimmungen schreiben keine Mindestregelmässigkeit vor, sodass die Fonds- und SICAV-Leitungen diesbezüglich über grossen Spielraum verfügen.
 

2. Organisation des börslichen Sekundärmarkts


Wenn die Immobilienfonds und -SICAV allen Anlegern offenstehen, können sie sich dafür entscheiden, ihren Sekundärmarkt an der Börse zu organisieren, d. h., sie lassen ihre Titel an einer Schweizer Börse, derzeit also an der SIX oder BX, kotieren. Bei den bereits seit Langem bestehende Fonds reicht das tägliche Handelsvolumen an der Börse für die Sicherstellung eines regelmässigen Handels aus, ohne dass zusätzlich noch ein Effektenhändler oder eine Bank als Market-Maker tätig werden müsste.

In einem solchen Fall braucht in den Market-Making-Verträgen lediglich festgehalten zu werden, dass bei technischen Problemen oder einer plötzlichen Unterbrechung des Börsenhandels eine Alternative zur Verfügung steht. Das Market-Making eines Effektenhändlers oder einer Bank darf auf keinen Fall – weder bei normaler noch ausserordentlicher Volatilität – darauf abzielen, dass ein Kurs gegen den Markttrend gestützt wird oder nahe dem Nettoinventarwert zu liegen kommt.


Bei neukotierten Immobilienfonds ist die Kotierung nicht unbedingt eine Garantie dafür, dass das Handelsvolumen hoch genug ist und langfristig ausreicht. Deshalb kann es sich als nützlich erweisen oder gar notwendig sein, dass zumindest ein Effektenhändler oder eine Bank als Market-Maker fungiert.

An der SIX ist das Market-Making für Fonds obligatorisch, deren Vermögen unter 100 Millionen Franken liegt. Im Falle einer Kotierung setzen die handelsspezifischen technischen Vorgaben zwangsläufig voraus, dass ein regelmässiges Market-Making über eine Nostro-Limite organisiert wird.

Für diesen Fall hat die FINMA Verhaltensregeln festgelegt, an welche sich die Effektenhändler oder Banken halten müssen, um Marktmissbrauch oder Marktmanipulation zu vermeiden. Diese Regeln lauten wie folgt:
 

(i) die angebotenen Kurse orientieren sich an den Abschlüssen und Aufträgen anderer Marktteilnehmer,

(ii) die im Orderbuch erfassten Mengen orientieren sich am üblicherweise börslich gehandelten Volumen,

(iii) es besteht ein angebots- und nachfrageseitiges Gleichgewicht, (iv) der Eigenhandel ist begrenzt und

(v) für die mit dem Market-Making betraute(n) Person(en) besteht kein Performancezwang.

 

3. Organisation des Sekundärmarkts durch die Depotbank


In der Praxis beauftragen die Fonds- und die SICAV-Leitungen fast immer ihre Depotbank damit, den Sekundärmarkt für ihre Anteile bzw. Aktien zu organisieren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass:
 

(i) bis 2007 allein die Depotbank der Immobilienfonds für die Organisation von deren Sekundärmarkt zuständig war und

(ii) die Depotbank am besten in der Lage ist, nötigenfalls den Anlegerstatus zu überprüfen und ein Aktienregister der SICAV-Investoren zu führen.
 

 

Zudem kann nur die Depotbank Immobilienfondsanteile oder Aktien von Immobilien-SICAV emittieren und von den Anlegern gekündigte Anteile bzw. Aktien zurücknehmen. Diese Transaktionen erfolgen dabei zwingend zum Nettoinventarwert. In diesen Fällen handelt die Depotbank auf Rechnung und mit dem Vermögen des Fonds bzw. der SICAV.

Wird die Depotbank zudem mit der Organisation eines regelmässigen börslichen oder ausserbörslichen Handels beauftragt, so handelt sie am Sekundärmarkt, wo sie die Kurse subjektiv festlegt, auf eigene Rechnung (Nostrokonto) und am Primärmarkt, wo sie die Kurse objektiv festlegt, auf Rechnung des Fonds (Vostrokonto).
 

Für diesen Fall sehen die Rechtsbestimmungen Verhaltensregeln vor, mit denen Interessenkonflikte in der Depotbank vermieden werden sollen, die sich insbesondere durch Arbitrage zwischen den Kursen, die sich an diesen beiden Märkten bilden, konkretisieren könnten.

Erstens besteht eine Informationspflicht, d. h., die Depotbank ist gehalten, den Anleger darüber zu informieren, ob sie selbst Gegenpartei der Transaktion (am Sekundärmarkt) ist oder ob sie auf Rechnung des Fonds bzw. der SICAV (am Primärmarkt) handelt. Zweitens muss die Depotbank eine sogenannte Chinese Wall errichten, d. h. zwischen diesen beiden Funktionen (Nostro/Vostro) zwei separate Vertraulichkeitsbereiche schaffen. So wird eine physische Trennung zwischen den Personen sichergestellt und ein Informationsaustausch zwischen ihnen vermieden.
 

Andererseits ist die Depotbank verpflichtet, darauf zu achten, dass die Transaktionen, die in einem Immobilienfonds stattfinden, dem Anlagereglement des Fonds entsprechen. Es kann daher vorkommen, dass sie wichtige Informationen (viel) früher als die Anleger erhält. Dies ist insbesondere bei Immobilientransaktionen, Unregelmässigkeiten und Berechnungsfehlern der Fall.

Können diese Informationen den Nettoinventarwert um mehr als 5% beeinflussen und ist die Depotbank für die Organisation eines regelmässigen Handels am Sekundärmarkt zuständig, muss die Fonds- bzw. die SICAV-Leitung dafür sorgen, dass die Depotbank und die Anleger diese Informationen zum selben Zeitpunkt erhalten. Kotierte Immobilienfonds und Immobilien-SICAV sind verpflichtet, die Anleger und die Depotbank gleichzeitig und unmittelbar über kursrelevante Ereignisse zu informieren (Ad-hoc-Publizität).
 

Fazit


Die Vorschriften zum Handel von Immobilienfondsanteilen bleiben im Vergleich zur Banken- und Finanzgesetzgebung, die in den letzten Jahren immer komplexer geworden ist – zumindest für den Moment noch – recht überschaubar. Sie sind immer noch flexibel genug, damit sich die Promoter nach den tatsächlichen Bedürfnissen jedes Produkts organisieren können, sehen aber auch Leitplanken vor, die die Anlegerinteressen schützen und die Marktintegrität wahren, und zwar auch dann, wenn die Depotbank mit dem Market-Making betraut ist.

Beim jetzigen Stand der Vorarbeiten sollte diese Flexibilität insofern auch bei den Immobilienfonds der Kategorie L-QIF erhalten bleiben, als es diesen überlassen bleibt, zu entscheiden, ob ein Market-Making durch einen Effektenhändler oder eine Bank erforderlich ist.
 

Zur Frage, ob der Sekundärmarkt für die Anteile eines Immobilienfonds oder die Aktien einer SICAV durch die Einrichtung eines standardisierten tokenisierten Handels über die Blockchain ordnungsgemäss sichergestellt werden kann, schweigen sich die Vorschriften aus.

Zweifelsohne werden die Aufsichtsinstanzen in den kommenden Jahren eine Antwort auf diese Frage geben müssen. Beim gegenwärtigen Stand der Vorschriften sollte dies unseres Erachtens kein Problem sein, wenn:
 

(i) ein solcher Handel von einem Effektenhändler oder einer Bank organisiert wird und

(ii) spezifische Informationen in den Prospekten enthalten sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Aufsichtsinstanzen demnächst die zu erfüllenden Anforderungen präzisieren werden.


 

Jean-Yves Rebord
Partner Anwaltskanzlei Python


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