Indirekte Immobilienanlagen – die Vorteile nicht kotierter Fonds

25/05/2021

Bruno Mathis

BCV

4 min

Nicht kotierte Immobilienfonds weisen mehrere Vorteile auf, die qualifizierten Anlegern gefallen dürften: niedrige Volatilität, angemessene Agios und in den letzten Jahren wachsende Volumen. Allerdings haben sie im Vergleich zu kotierten Fonds auch zwei grosse Nachteile: geringe Liquidität und wenig Transparenz bei den Transaktionen. Das ist jedoch nicht unbedingt ein Hindernis. Laure Carrard und Bruno Mathis erläutern.

 

Wenn man an indirekte Immobilienanlagen denkt, denkt man in der Regel an börsenkotierte Fonds: Es gibt mehr davon und sie weisen eine höhere Kapitalisierung auf. Daneben gibt es aber auch noch das ganze Universum der nicht kotierten Fonds, das man nicht ausser Acht lassen sollte. Es stellt eine Kapitalisierung von immerhin einem Dutzend Milliarden Franken dar und bietet den qualifizierten Anlegern viele Vorteile, allen voran eine stabilere Rendite und eine niedrigere Volatilität. Doch reichen diese Vorteile aus, um die Nachteile – vor allem ihre geringe Liquidität – aufzuwiegen?

Wir haben hierzu zwei Experten auf diesen Gebiet befragt: Laure Carrard, eine Spezialistin für indirekte Immobilienfonds und Geschäftsführerin der IMvestir Partners SA, eines Beratungsunternehmens für Immobilienanlagen, und Bruno Mathis, Leiter des Sekundärmarkts für Immobilienfonds und der Anlegerdienste bei der Depotbank der BCV.

 

Laure Carrard und Bruno Mathis, beginnen wir mit einer Momentaufnahme des Marktes. Kotierte Fonds sind hier deutlich im Vorteil.


Laure Carrard: In der Tat. In der Schweiz gibt es derzeit 38 kotierte Immobilienfonds mit einer Börsenkapitalisierung von insgesamt ungefähr 60 Milliarden Franken. Nicht kotierte Fonds gibt es hingegen nur 25. Ihre Kapitalisierung beläuft sich auf insgesamt 12 Milliarden Franken. Allerdings nimmt dieses Volumen seit einigen Jahren zu, da die institutionellen Anleger die nicht kotierten Fonds immer stärker nachfragen. Dadurch ist auch das Angebot gestiegen – und somit die Anzahl der Akteure am Markt.
 

Bruno Mathis: Dieser Anstieg ist auch darauf zurückzuführen, dass neue Fonds auf den Markt gekommen sind. Ein Immobilienfonds ist bei seiner Auflegung grundsätzlich nicht kotiert. Er wird einige Jahre – im Allgemeinen drei bis fünf – ausserbörslich gehandelt, um einen Track Record vorweisen zu können und vor dem Börsengang sein Kapital zu erhöhen. Ein Fonds wird in der Regel mit einem Kapital von 100 bis 200 Millionen Franken aufgelegt, während sein Kapital beim Börsengang eher bei 500 Millionen Franken liegt.

Weshalb ist ein Börsengang für einen Fonds interessant?


LC : Ob ein Fonds an die Börse möchte, hängt im Wesentlichen von der Zielkundschaft des Fonds ab. Soll der Fonds in allen Portfolios vertreten sein oder Privatanleger anziehen, kann ein Börsengang von Vorteil sein. Denn ist der Fonds nicht an der Börse kotiert, ist der Kauf von Anteilen qualifizierten Anlegern, d. h. vor allem Pensionskassen, institutionellen Kunden und sehr vermögenden Privatkunden (HNWI), vorbehalten. Letztlich hängt alles von der Strategie der Fondsmanager ab.

BM : Der Börsengang ist häufig auch ein Zeichen für den Erfolg des Fonds. Allerdings bringt dies nicht nur Vorteile für die Anleger mit sich, vor allem für die institutionellen Investoren nicht, die ihre Positionen sehr lange halten. Mit einem Börsengang steigt zwar die Liquidität der Anteile und die Transparenz, aber auch die Volatilität nimmt zu. Zudem geht der Börsengang häufig mit einem Anstieg des Aufschlags, des Agios, einher, wodurch der Fonds teurer wird und die Rendite unter Druck gerät.  
 

Laure Carrard: Aus diesem Grund gibt es heute institutionelle Anleger, welche die stabileren, nicht kotierten Fonds vorziehen. Und immer mehr Fonds, die auf diese Investoren hören, fragen sich, ob sie wirklich eine Börsenkotierung anstreben sollen.

Bruno Mathis: Ganz genau. Die Entscheidung für einen Börsengang hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem davon, an welche Anleger sich der Fonds richten soll. Wenn ein Fonds nicht die breite Öffentlichkeit ansprechen will, ist eine Kotierung nicht unbedingt notwendig.

 

Ist dies nicht auch eine Frage des Zugangs zu Kapital? Mit einer Börsenkotierung lässt sich eine Kapitalerhöhung doch grundsätzlich leichter durchzuführen.


BM : Nicht wirklich. Schaut man sich die Kapitalerhöhungen der letzten zwei oder drei Jahre an, stellt man zunächst fest, dass sie ein Rekordniveau erreicht haben, und anschliessend, dass die Kapitalerhöhungen nicht kotierter Fonds ebenso erfolgreich waren wie diejenige kotierter Fonds. Die wenigen Misserfolge, die es gab, betrafen junge, kleine und wenig überzeugende Fonds.
 

LC : Ja, das stimmt. Die Zahlen zeigen, dass sowohl kotierte als auch nicht kotierte Fonds in den letzten zwei Jahren Kapital in Höhe von 2,5 Milliarden Franken aufgenommen haben. Mit demselben Erfolg. Es ist jedoch zu beobachten, dass die kotierten Fonds konservativer geworden sind und vor einer Kapitalerhöhung das Interesse der Anleger sondieren. Sie wollen die Rendite ihrer Anteile nicht verwässern und den Anlegern eine stabile Performance bieten. Vor einer neuen Kapitalerhöhung stellen sie sicher, dass tatsächlich eine Nachfrage seitens der Anleger besteht, die Rendite beibehalten werden kann und die Qualität des Immobilienportfolios optimal bleibt.

 

Verlangsamt die Pandemie solche Kapitalbeschaffungen?


LC : Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Im letzten Jahr wurde Kapital in Höhe von nahezu 3 Milliarden Franken aufgenommen, was ein Rekord ist.
 

BM : In einem unsicheren wirtschaftlichen Umfeld, in welchem die Zinsen nach wie vor niedrig sind, stellen indirekte Immobilienanlagen für Anleger, die eine langfristig stabile Rendite anstreben, den letzten Zufluchtsort dar. Dies liess sich auch dieses Jahr wieder beobachten. Trotz des Börseneinbruchs im März 2020 stimmten die Performance und die Renditen am Jahresende.

 

Ausser dass die Volatilität der kotierten Fonds im letzten Jahr sehr hoch war, was die institutionellen Anleger verabscheuen. Die nicht kotierten Fonds waren in dieser Hinsicht deutlich weniger anfällig.


LC : Das ist richtig. Während des Börseneinbruchs vom März 2020 gab der Index der kotierten Immobilienfonds um 16% nach, was einigen institutionellen Anlegern den kalten Schweiss auf die Stirn getrieben haben dürfte. Die Volatilität der nicht kotierten Fonds hingegen war in dieser Zeit weniger stark ausgeprägt. Sie verloren im Durchschnitt 6%.
 

BM : Ein börsenkotierter Fonds hat wahrscheinlich viele Investoren, die in einem schwierigen Umfeld tendenziell von der an der Börse rasch verfügbaren Liquidität profitieren, um ihre Allokation anzupassen. Dies tut ein institutioneller Anleger, der im Allgemeinen einen eher passiven Managementstil pflegt, nicht unbedingt. Bei nicht kotierten Fonds ist dies offensichtlich nicht so leicht möglich. Selbstverständlich besteht auch eine Korrelation mit den Finanzmärkten, insbesondere zwischen den kotierten Immobilienfonds und dem SMI. Dies bedeutet, dass ein Trend des einen den anderen beeinflusst.



Laure Carrard, CIIA, Geschäftsführerin

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Bruno Mathis, Verantwortlich Investor Services

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