Nachhaltigkeit ist in unserem Geschäft zu einem äusserst wichtigen Thema geworden

04/03/2021

Olivier Toublan

Immoday

4 min

Die Kunden der Privatbanken berücksichtigen bei der Auswahl der indirekten Immobilienanlagen selbstverständlich das Risiko, die Volatilität und die Rendite, aber auch Nachhaltigkeit und Energieverbrauch sind mittlerweile wichtige Selektionskriterien. Die Fondsverwalter haben keine Wahl: Sie müssen proaktiv sein. Ein Gespräch mit Pierre Jacquot.

 

Die Kunden der Privatbanken – ebenso wie die institutionellen Anleger – investieren einen Teil ihres Vermögens nach einer Renditestrategie. Deshalb ziehen sie indirekte Immobilienanlagen vor – trotz deren Nachteilen, d. h. trotz einer ziemlich hohen Volatilität bei Marktturbulenzen, die jedoch unumgänglich ist, wenn man eine gewisse Liquidität möchte, und trotz dem mittlerweile hohen Agio der kotierten Fonds. «Doch das schreckt die Kunden nicht ab», versichert Pierre Jacquot, CEO Edmond de Rothschild Real Estate Investment Management, «sie kaufen diese Fonds wegen deren Rendite und nicht wegen eines potenziellen Wertzuwachses.»

 

 

Pierre Jacquot, haben die Privatkunden der Bank Edmond de Rothschild Interesse an indirekten Immobilienanlagen?

Wie Sie wissen, sind indirekte Immobilienanlagen für private und institutionelle Kunden heute eine der letzten Anlagekategorien, mit der eine relativ stabile Rendite erzielt werden kann. Immobilien haben die Obligationen in den letzten Jahren sozusagen verdrängt. Die Privatkunden – ebenso wie die institutionellen Anleger – investieren in indirekte Immobilien, weil sie eine Rendite und nicht unbedingt einen Wertzuwachs erzielen möchten.
 

Und welche Allokation empfehlen Sie für indirekte Immobilienanlagen?

Unseren Schätzungen zufolge besteht die Vermögensallokation unserer Privatkunden bei einer Renditestrategie zu 7 bis 12% aus indirekten Immobilienanlagen. Natürlich besitzen die meisten dieser Kunden gleichzeitig auch physische Immobilien zur persönlichen Nutzung, d. h. ihren Hauptwohnsitz, ihre Zweitwohnsitze oder Immobilien in eigenem Namen. Wie hoch dieser Anteil Ihres Immobilienvermögens ist, wissen wir nicht.
 

Teilen Sie die Meinung vieler, die Agios der kotierten Immobilienfonds seien hoch?

Das entscheide nicht ich, sondern die Anleger. Einen kotierten Fonds kaufen Sie ohnehin wahrscheinlich eher wegen seiner Rendite als wegen eines potenziellen Wertzuwachses. Wenn Sie Immobilien ohne Aufgeld erwerben wollen, ist dies möglich. Sie müssen in diesem Fall nicht kotierte Fonds kaufen, die jedoch über eine sehr geringe Liquidität verfügen.

Privatanleger schätzten indirekte Immobilienanlagen auch deshalb, weil sie damit die Volatilität ihres Portfolios reduzieren können. Im letzten Jahr sind die kotierten Fonds jedoch wie der restliche Markt eingebrochen.

Hierzu gibt es zwei Dinge zu sagen. Erstens: Eine Immobilie bleibt eine Immobilie und die hat letztes Jahr trotz Krise nicht an Wert verloren. Bei den kotierten Immobilienfonds sieht es hingegen anders aus. Hier handelt es sich um ein Finanzkonstrukt, das dem Kunden Liquidität bringt und aufgrund von Angebot und Nachfrage mit einem Aufgeld

gegenüber dem Nettoinventarwert gehandelt wird. Und Liquidität impliziert auch Volatilität, insbesondere bei Marktturbulenzen.
 

Ist es für einen lokalen Anleger besser, sich auf die Schweiz zu beschränken oder sein Glück im Ausland zu suchen?

Es besteht kein Zweifel daran, dass Schweizer Wohnimmobilien mittlerweile sehr teuer sind. Dies gilt insbesondere für kotierte Fonds, wo der Basiswert – die Immobilien – bereits sehr viel kostet. Zudem müssen Sie je nach Fonds ein Agio bezahlen, das bisweilen sehr hoch ist. Es kann sich also lohnen, im Ausland Ausschau zu halten. Im Vereinigten Königreich verfügen Wohnimmobilien nach wie vor über beträchtliches Wertsteigerungspotenzial. Doch aufgepasst auf das Wechselkursrisiko.

 

Ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema für Ihre Anleger?

Nachhaltigkeit ist in unserem Geschäft zu einem äusserst wichtigen Thema geworden. Mit den neuen Richtlinien des Bundes und den Zielen für 2030 und 2050 wird es für diejenigen, die beim Unterhalt oder der Nutzung der Gebäude der Nachhaltigkeit nicht ausreichend Rechnung tragen, künftig sogar ein Strafkriterium sein. Wir müssen deshalb schon jetzt proaktiv sein, um unseren ökologischen Fussabdruck zu verringern.

 

Haben Sie mit den Gebäuden, die Sie in der Schweiz verwalten, die Ziele des Bundes für 2030 bereits erreicht?

In der Schweiz sind wir bereits gut positioniert. Wir haben in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch zu verringern. Im Übrigen haben wir in den letzten zwei Jahresberichten eine Studie zum Thema veröffentlicht, mit einem Nachhaltigkeitsindex, der vom Observatoire de l'immobilier durable, einem unabhängigen Institut, erstellt wurde. Und unser Fonds gehört längst nicht zu den Schlusslichtern. So können wir gegenüber unseren Anlegern transparent sein und uns mit unserer Konkurrenz vergleichen.

 

Olivier Toublan für Immoday