COPTIS - Newsletter 8, September 2021 - Real Estate Tax

08/10/2021

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Handänderungssteuer infolge Fondsleitungswechsel: Quo Vadis?

 

Schweizer Immobilienanlagefonds


Immobilienfonds können nach dem Kollektivanlagengesetz (KAG) insb. als vertragliche Anlagefonds aufgelegt werden. Ein solcher Immobilienanlagefonds basiert auf einem Fondsvertrag, durch den sich die Fondsleitung verpflichtet, die Anleger am Fonds zu beteiligen und das Fondsvermögen selbstständig und im eigenen Namen sowie für Rechnung der Anleger zu verwalten.

Die Fondsanteile verkörpern eine Forderung gegen die Fondsleitung auf Beteiligung an Vermögen und Ertrag des Fonds, haben aber keine Sachherrschaft zum Inhalt. Die Fondsleitung wird kraft Rechtserwerb an Grundstücken zur zivilrechtlichen Eigentümerin, welche ihre Verfügungsmacht innerhalb der Schranken des KAG ausübt. Die Grundstücke werden auf ihren Namen unter Anmerkung der Zugehörigkeit zum Immobilienanlagefonds im Grundbuch eingetragen.

 

Fondsleitungswechsel


Mittels Fondsleitungswechsel können die Rechte und Pflichten der Fondsleitung gestützt auf einem Übertragungsvertrag freiwillig auf eine andere Fondsleitung übertragen werden. Die FINMA genehmigt den Wechsel insb. dann, wenn die Fortführung des Immobilienanlagefonds im Interesse der Anleger liegt. Tritt die übernehmende Fondsleitung in den Fondsvertrag ein, gehen die Forderungen und das Eigentum an den zum Immobilienanalagefonds gehörenden Sachen und Rechten von Gesetzes wegen auf die neue Fondsleitung über.

 

Kantonale Rechtsprechung im Überblick


Soweit ersichtlich hatte sich erstmalig das Kantonsgericht Waadt (FI.2018.0207 vom 23.07.2020) mit der handänderungssteuerlichen Behandlung einer Übertragung von Grundstücken zwischen zwei Immobilienanlagefonds derselben Fondsleitung zu beschäftigen. Dieser Sonderfall rechtfertigt eine eingeschränkte wirtschaftliche Auslegung des Eigentumsbegriffs. Im Ergebnis unterliegt diese «Grundstücksübertragung» der Handänderungssteuer, wenngleich keine zivilrechtliche Eigentumsänderung erfolgte. Umgekehrt unterliegt ein Fondsleitungswechsel nicht der Handänderungssteuer. Zum selben Ergebnis – jedoch mit anderer Begründung – gelangte das Verwaltungsgericht des Kantons Genf (JTAPI/142/2021 vom 11.02.2021), weil die Fondsleitung aufgrund ihrer fiduziarischen Bindung nicht den Inhalt des Eigentums (Art. 641 ZGB) erwirbt.

Das Kantonsgericht Freiburg hingegen kommt in seinem Entscheid vom 14.06.2021 zum Schluss, dass ein Wechsel der Fondsleitung eine steuerpflichtige Handänderung darstellt. Der Kanton erhebt die Handänderungssteuern auf den entgeltlichen Übertragungen von Grundstücken im Kanton. Als eine Grundstücksübertragung gilt insb. jeder rechtliche Erwerb von Eigentum an einem Grundstück. Die Handänderungssteuer berechnet sich auf der Grundlage der vereinbarten Leistung, sofern sie mindestens dem Verkehrswert des Grundstücks entspricht.

Ein Fondsleitungswechsel begründet einen steuerbaren rechtlichen Eigentumserwerb, weil die Fondsleitung als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen ist und sie das Fondsvermögen unabhängig im eigenen Namen verwaltet. Der Wortlaut des Gesetzes über die Handänderungs- und Grundpfandrechtssteuern lässt weder eine Auslegung im Sinne der Waadtländer Lösung noch jener des Kantons Genf zu. Die Leistung für die Überlassung des Grundeigentums besteht darin, dass die übernehmende Fondsleitung die Rechte und Pflichten aus dem Fondsvertrag übernimmt. In der Übernahme der Hypothekarschulden durch die «erwerbende» Fondsleitung ist eine belastende Leistung zu sehen.

Auch hat die neue Fondsleitung die Forderung der Anleger auf Beteiligung an Vermögen und Ertrag des Immobilienanlagefonds zu «bedienen». Die übernehmende Fondsleitung «befreit» damit die bisherige Fondsleitung insb. von diesen Pflichten. Die Leistung ist damit im «Wert» des übereigneten Grundeigentums selbst zu erblicken, wodurch die übernehmende Fondsleitung ihre Pflichten aus dem Fondsvertrag erfüllen kann. Eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit liege nicht vor, da die Handänderungssteuer als Rechtsverkehrssteuer auf die rechtliche Eigentumsübertragung, nicht aber auf die privatwirtschaftliche, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit abzielt. Nach Auffassung des Kantonsgerichts wird die Handänderungssteuer durch die übernehmenden Fondsleitung dem Fondsvermögen belastet.
 


Massgebende «Gegenleistung» für die Grundstücksübertragung


Die Handänderungssteuern sind indirekte Steuern, welche auf Bundesebene nicht harmonisiert sind und damit ausschliesslich durch kantonales Recht geregelt werden. Die Bemessung der Freiburger Handänderungssteuer erfolgt auf Grundlage der vereinbarten Leistungen. Dazu zählen alle Leistungen, zu denen sich der Erwerber gegenüber der anderen Partei oder einem Dritten verpflichtet. Übernimmt die neue Fondsleitung gemäss Übertragungsvertrag die zum Immobilienanlagefonds gehörenden Hypothekarschulden, wird sie zur Schuldnerin. Die Fondsleitung hat Anspruch auf Befreiung von den Verbindlichkeiten, die sie in richtiger Erfüllung ihrer Aufgaben eingegangen ist.

Diese Ansprüche werden aus den Mitteln des Immobilienanlagefonds erfüllt. Damit ist fraglich, ob eine in die Bemessungsgrundlage einfliessende Leistung anzunehmen ist, d.h. ob die übernehmende Fondsleitung sich zu einer Leistung gegenüber dem Kreditgeber verpflichtet. Die Bilanz offenbart, dass insb. verzinsliche Hypotheken in der Vermögensrechnung des Immobilienanlagefonds geführt werden. Damit in Einklang können auch Schulden der Fondsleitung, die sich nicht aus dem Fondsvertrag ergeben, nicht mit Forderungen, die zum Immobilienanlagefonds gehören, verrechnet werden.

Ähnlich verhält es sich mit der Übernahme der «Verpflichtung» der neuen Fondsleitung gegenüber den Anlegern auf Beteiligung an Vermögen und Ertrag des Immobilienanlagefonds. Die Forderung der Anleger bezieht sich nicht auf das eigene Vermögen und Ertrag der Fondsleitung, sondern auf das dauerhaft vom eigenen Vermögen der Fondsleitung abgetrennte Sondervermögen. Damit ist fraglich, ob sich die übernehmende Fondsleitung zu einer Leistung verpflichtet, welche sich auf die Grundstücksübertragung bezieht.

 

Fazit


Das Freiburger Kantonsgericht nimmt an, dass die geschuldete Handänderungssteuer infolge Fondsleitungswechsel durch die steuerpflichtige Fondsleitung dem Fondsvermögen belastet werden kann. Wenngleich dem Fondsvermögen insb. Steuern belastet werden dürfen (sofern ausdrücklich im Fondsvertrag vorgesehen), gilt dies nicht automatisch auch für die aus einem Fondsleitungswechsel resultierenden Steuern gilt, da ein Wechsel (regelmässig) freiwillig vollzogen wird. So ist in der Praxis festzustellen, dass die betreffende Fondsleitung dem Fondsvermögen keine allfälligen Steuern infolge eines Fondsleitungswechsels belasten darf.

Mangels Befreiungstatbestand im kantonalenoder Bundesrecht kann ein Fondsleitungswechsel je nach kantonaler Praxis die Handänderungssteuer auslösen. Die Erhebung von kantonalen und kommunalen Handänderungsabgaben ist bundesrechtlich lediglich bei bestimmten Umstrukturierungen (insb. Fusion, Umwandlung und Spaltung) untersagt (Art. 103 FusG). Ein Fondsleitungswechsel qualifiziert augenscheinlich nicht als eine solche Umstrukturierung. Zur Förderung der Innovationsfähigkeit des Fondsstandorts beabsichtigt der Gesetzgeber die Schaffung einer neuen Fondskategorie (Limited Qualified Investor Fund).

Einige interessierte Kreise forderten im Rahmen der Vernehmlassung eine Regelung im KAG aufzunehmen, wonach Art. 103 FusG sinngemäss anwendbar erklärt wird, um die in Praxis bestehende Unsicherheiten bei der Erhebung der Handänderungssteuer zu beseitigen. Wenngleich der Bundesrat dieses Anliegen als nicht unberechtigt einordnet, erteilte er dieser Forderung eine Absage, weil Regelungen in Bezug auf die Handänderungsabgaben nicht in der Kompetenz des Bundes liegen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesgericht demnächst Gelegenheit zur Überprüfung der Zulässigkeit der Erhebung von Handänderungssteuern infolge eines Fondsleitungswechsel erhält.

 
 
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