Die Rentabilität energetischer Sanierungen hängt vom Eigentümer, dem Standort der Immobilie und den Sanierungsmassnahmen ab. Man kann hier keine pauschalen Aussagen treffen, auch nicht in Bezug auf die einzelnen Kantone. Laut Olivier Ouzilou von Signa-Terre SA zahlen sich Investitionen in Nachhaltigkeit jedoch in vielen Fällen aus, wenn die Sanierungen gut geplant sind und neben Mieteinnahmen auch Steuerersparnisse und Fördergelder berücksichtigt werden.
Vor einigen Wochen veröffentlichte Wüest Partner eine Studie, die in der Immobilienbranche für viel Aufhebens sorgte. Dort heisst es, dass es möglich sei, den Schweizer Wohngebäudepark bis 2050 klimaneutral zu machen. Dies sei jedoch angesichts der Kosten in den meisten Fällen nicht rentabel, da – ausser in Kantonen wie Zürich oder Zug – die Sanierungskosten nicht durch Mieterhöhungen bei einer Neuvermietung kompensiert werden könnten. Als Beispiel dafür führte Wüest Partner die Kantone Jura und Bern an, wo die Mieten deutlich niedriger sind, oder Kantone mit Mitpreisregulierung wie Genf, wo die Investitionen nur eingeschränkt auf die Mietenden überwälzt werden können.
Diese Studie ist, insbesondere bei den Befürwortern von Nachhaltigkeit, sehr umstritten. Dazu gehört auch Dr. Olivier Ouzilou, technischer Experte, Mitbegründer und Vertriebsleiter von Signa-Terre SA, dem führenden Unternehmen für die Dekarbonisierung des Immobilienbestands in der Westschweiz.
Dr. Olivier Ouzilou, Sie sagen, Nachhaltigkeitsinvestitionen seien in den meisten Fällen rentabel. Die Studie von Wüest Partner behauptet genau das Gegenteil. Wer hat nun recht?
Es würde sich lohnen, die Studie von Wüest Partner genau zu analysieren. Sanierungen sind eine komplexe Problematik. Sie erfordern eine differenzierte Herangehensweise, auch auf Kantonsebene. Zahlreiche Faktoren spielen hier herein, z. B. die Art der Sanierungsarbeiten und der Immobilientyp. Bei gewissen Sanierungen beispielsweise, insbesondere von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, können die Rentabilitätsaussichten weniger günstig sein. Genau diese Situation hat die NZZ am Sonntag in ihrem Artikel hervorgehoben, was wiederum von Le Temps und Immoday aufgegriffen wurde. Diese Sonderfälle spiegeln jedoch nicht die allgemeine Realität von energetischen Sanierungen wider. Gut geplante energetische Sanierungen können in anderen Immobilienkontexten nämlich durchaus rentabel sein.
Eine solche Studie ist also nicht aussagekräftig?
Sie kann zwar Problematiken aufzeigen, allerdings sollte man nicht so kategorische Aussagen treffen, da man immer den jeweiligen Kontext miteinbeziehen muss. Die Rentabilität von Sanierungen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gehört die Immobilie einem privaten oder institutionellen Eigentümer oder einem Anlagefonds? Sie haben nämlich unterschiedliche finanzielle Mittel und werden anders besteuert. Welche Sanierungsmassnahmen werden durchgeführt? Sanierungen zur Senkung des Wasser- oder Stromverbrauchs beispielsweise bieten durch die Energieeinsparungen bereits innerhalb von zwei oder drei Jahren einen Return on Investment. Andere Sanierungsmassnahmen wiederum wie der Wechsel des Heizsystems, neue Dämmungen, der Austausch von Fenstern, Fassaden und Dächern rentieren erst nach 20 oder 30 Jahren. Auch der Standort der Immobilie spielt eine wichtige Rolle. So ist es nicht immer möglich, die Kosten für eine energetische Sanierung sofort und gänzlich auf die Nebenkosten und die Miete umzulegen. Das zeigt deutlich, dass man hier nicht verallgemeinern kann.
Sie bleiben aber dabei, dass sich energetische Sanierungen mehrheitlich lohnen.
Genau. Wir versuchen, mit dem Bauherrn und seinen Bevollmächtigten ausgewogene Projekte zu erarbeiten, die architektonische, energetische und technische, aber auch finanzielle und steuerliche Aspekte berücksichtigen. Ausserdem beziehen wir natürlich auch den lokalen Kontext mit den jeweiligen gesetzlichen und regulatorischen Besonderheiten mit ein. In den meisten Fällen lässt sich so eine Teil- oder Gesamtsanierung planen, die sich sowohl aus energetischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht lohnt, zumal energetische Sanierungen als wertsteigernd gelten und zu 100% auf die Mieten umgewälzt werden können.
Ausser in Kantonen und Gemeinden, in denen die Mietpreise plafoniert sind. Wie geht man hier vor?
Um die Kosten für wertsteigernde Sanierungen zu finanzieren, wird hier während der entsprechenden Sperrfrist die maximal zulässige Mietzinserhöhung geltend gemacht. Anschliessend kann der Mietzins gestaffelt erhöht werden, bis er das Marktniveau erreicht. Für die Mietenden heisst das zwar, dass ihre Miete steigt, gleichzeitig sinken aber auch ihre Nebenkosten, wenn die Sanierung entsprechend gut durchgeführt wurde. Ausserdem erhöht sich ihr Energie- und Klimakomfort, da sie weniger anfällig für Energiepreisschwankungen sind.
Das stimmt zwar, allerdings können Eigentümer die Kosten für energetische Sanierungen in der Regel nicht durch Mieterhöhungen decken.
Da haben Sie zwar recht, allerdings darf man nicht vergessen, dass diese Sanierungen auch subventioniert werden. Die Förderung liegt in der Regel bei 8% bis 13% der Gesamtkosten. Hinzu kommen Steuerersparnisse. Die machen einen grossen Unterschied aus. Insgesamt kommt man so leicht auf 40% oder 50% der Investitionskosten. Das lässt die Frage der Rentabilität in völlig neuem Licht erscheinen.
Das heisst, für Eigentümer eines Immobilienparks lohnt es sich also wirtschaftlich gesehen, Gebäude zu sanieren?
In vielen Fällen ja. Aber wie schon gesagt, bei manchen Gebäuden mehr als bei anderen. Beispielsweise wenn die energetische Sanierung mit weiteren Umbauten kombiniert wird, z. B. indem man die Mietfläche durch eine Aufstockung vergrössert oder sie aufwertet. In bestimmten Regionen und bei gewissen Gebäudetypen ist es jedoch schwieriger, nach energetischen Sanierungen einen Return on Investment zu erzielen. Beispielsweise bei energieintensiven Gebäuden, die sehr teuer gekauft und zur maximalen Marktmiete vermietet wurden.
Das Problem ist, dass in einigen Städten, in denen der Immobilienmarkt angespannt ist, energieintensive Gebäude fast zum gleichen Preis gehandelt werden wie nachhaltige Gebäude.
Es liegt in der Verantwortung des Käufers, eine Immobilie nicht über Wert zu kaufen, selbst wenn der Marktwert höher ist. Kann man die gewünschte Rentabilität nicht erreichen, wenn man die Kosten für alle notwendigen energetischen Sanierungsmassnahmen und die Kosten für Sanierungen zur Einhaltung von Baunormen und -vorschriften miteinbezieht, sollte man die Immobilie nicht kaufen. Daher sollten sich Eigentümer vor einem Kauf immer an Immobilienfachleute und möglichst auch an Energiespezialisten wenden. Auch bei Immobilien gilt: Des einen Freud, des anderen Leid. So kann sich der Kauf eines Gebäudes, bei dem ein Immobilienfonds keinen wirtschaftlichen Spielraum mehr hätte, aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit energetischer Sanierungsmassnahmen für einen privaten Eigentümer lohnen. Vielleicht ist das neben der Wohnraumknappheit auch der Grund dafür, dass solche Gebäude zu hohen Preisen verkauft werden.
Sind die Manager von Immobilienfonds für solche Argumente offen?
Immer öfter. Wir arbeiten mit mehreren Immobilienfonds zusammen, für die Nachhaltigkeit ein wichtiges, wenn nicht sogar zentrales Anliegen geworden ist. Zum einen aus Managementgründen, da sie die Gebäude ja oft jahrzehntelang halten. Es liegt daher in ihrem Interesse, diese gut instand zu halten, energetische, klimatische oder technische Risiken zu reduzieren und die in diesen Bereichen immer strengeren regulatorischen Auflagen einzuhalten. Zum anderen aufgrund des Drucks von Seiten institutioneller Anleger oder Pensionskassen, für die nachhaltige Finanzanlagen und Immobilien ebenfalls zu einem wichtigen Anliegen geworden sind. Einige Fonds verfügen mittlerweile über die entsprechenden multidisziplinären Kompetenzen, um ihren Immobilienpark anhand verschiedenster Kriterien zu analysieren. Sie sind auch dazu in der Lage, die notwendigen Sanierungsarbeiten so zu managen, dass sie den Rentabilitätserwartungen der Anleger entsprechen können. All dies wird in ihren mehrjährigen Sanierungsplänen berücksichtigt. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Redaktion-Immoday.ch