
In der Schweiz wird die Energieeffizienz weitestgehend (noch) nicht im Immobilienpreis abgebildet – weder bei besonders energieeffizienten Gebäuden noch bei sogenannten «Energiefressern». Anders sieht es in Ländern mit grösseren und liquideren Immobilienmärkten aus, etwa in Frankreich. Dort zeigt eine aktuelle Studie, dass die Preisabschläge für Immobilien mit schlechter Energiebilanz immer höher ausfallen – in einigen Grossstädten des Landes betragen sie bis zu 30%.
Ein häufig genanntes Manko des Schweizer Immobilienmarktes ist, dass die Nachhaltigkeit eines Gebäudes sich bislang kaum – weder im positiven noch im negativen Sinne – in dessen Preis niederschlägt. Die Nachfrage ist nämlich so hoch, dass die Verkäufer ihre Preise selbst dann nicht senken müssen, wenn sie Immobilien mit schlechter Energiebilanz auf den Markt bringen.
Dennoch ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Nachhaltigkeit einer Immobilie auch hierzulande in den Preis mit einfliesst. In Nachbarländern wie Frankreich, wo der Immobilienmarkt grösser, vielfältiger und liquider ist, ist das bereits der Fall, wie eine aktuelle Studie des auf energetische Gebäudebewertungen spezialisierten Pariser Planungsbüros Ithaque zeigt. Die Studie kam zum Schluss, dass Liegenschaften mit schlechter Energiebilanz massive Preisabschläge von bis zu 30% des Immobilienwerts hinnehmen müssen (im Vergleich zu energieeffizienten Gebäuden).
Energieeffiziente Immobilien hingegen profitieren von einem Preisaufschlag, der in manchen Städten bis zu 25% betragen kann (im Vergleich zu Immobilien mit schlechter Energiebilanz).
Energetische Sanierungskosten werden systematisch im Kaufpreis berücksichtigt
Laut Ithaque wirkt sich die Energieeffizienz einer Immobilie zunehmend auf deren Bewertung aus, wobei es je nach Region, Objekttyp und Nachfragesituation erhebliche Unterschiede gibt.
Gebäude mit schlechter Energiebilanz verursachen unmittelbar höhere Betriebskosten und erfordern langfristig aufgrund immer strengerer gesetzlicher Vorgaben oft umfassende Sanierungen. Das schreckt potenzielle Käufer zunehmend ab. Sie kalkulieren diese Kosten mittlerweile systematisch in den Kaufpreis ein, was laut Ithaque auch den Verhandlungsspielraum erhöht.
In einem angespannten Markt hat Nachhaltigkeit kaum Einfluss auf die Preise
In Frankreich werden solche Preisberechnungen durch die Einführung der sogenannten Energieeffizienzdiagnose (diagnostic de performance énergétique, kurz DPE) erleichtert, auch wenn diese von Fachleuten oft wegen mangelnder Zuverlässigkeit kritisiert wird. Bei diesem Gutachten wird die Energieeffizienz eines Gebäudes auf einer Skala von A bis G bewertet. Die Klassen A und B stehen dabei für besonders energieeffiziente Gebäude, F oder G für Immobilien mit dem höchsten Energieverbrauch. Für Kaufinteressenten ist die energetische Qualität einer Immobilie so direkt ersichtlich.
Der Einfluss der Energieeffizienzdiagnose auf den Preis hängt – wenig überraschend – stark von der Marktliquidität ab. Während der Effekt in Städten wie Nizza, Strassburg und Bordeaux deutlich spürbar ist, hat die Energieeffizienz einer Immobilie in Paris kaum Auswirkungen auf deren Preis, so Ithaque. Das Angebot dort ist derart knapp – insbesondere bei Einfamilienhäusern und Wohnungen –, dass die Käufer selbst bei Immobilien mit schlechter Energiebilanz keinen Verhandlungsspielraum haben. Allerdings kann es laut Ithaque bei Immobilien mit der besten Energieeffizienz – jedoch ausschliesslich bei Wohnungen – einen Preisaufschlag von rund 7% geben.
Je grösser das Haus, desto stärker der Preiseffekt
Ithaque beobachtet zudem deutliche Unterschiede je nach Immobilientyp: Während der Einfluss der Energieeffizienz auf den Preis bei Wohnungen im Durchschnitt geringer ausfällt, ist er bei Häusern deutlich ausgeprägter, besonders bei grösseren Objekten. «Das liegt daran, dass Häuser in der Regel grösser sind, dass sie stärker Temperaturschwankungen ausgesetzt sind und häufig individuell beheizt werden und dementsprechend mehr Energie verbrauchen. Die Energieeffizienzklasse wird in solchen Fällen zu einem entscheidenden Kriterium beim Kauf», so Ithaque.
«Sie hat erhebliches Gewicht in der Preisverhandlung, da die Käufer zunehmend auf thermischen Komfort und die Betriebskosten achten und dementsprechend gut isolierte und energieeffiziente Objekte suchen.» Dies schlägt sich direkt in den Verkaufspreisen nieder.
Energieeffizienz als Preisfaktor
Diese Preisunterschiede zeigen, dass sich die Erwartungen der Käufer merklich verändert haben, so Ithaque. «Energieeffiziente Immobilien gelten heute als zukunftssichere Investition, die sich auch im Hinblick auf steigende Nebenkosten und künftige gesetzliche Vorgaben lohnt. Energetisch unsanierte Immobilie hingegen werden als unmittelbares Risiko wahrgenommen mit hohen Sanierungskosten, mangelndem thermischem Komfort und erschwerter Vermietbarkeit.» Die Folge: Wo immer möglich, versuchen Käufer, den Preis entsprechend zu verhandeln. Energieeffizienz ist – zumindest in Frankreich – zu einem handfesten Preisfaktor geworden, so Ithaques Fazit.
Immoday-Redaktion
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