Der globale Immobilienmarkt stabilisiert sich und zeigt nach einer Phase des Wertverfalls nun Anzeichen einer Erholung.
Nach einer mehr als schleppenden Entwicklung im Jahr 2023 sollten sich die Transaktionsvolumen nun wieder erholen. Wie die nachstehende Grafik zeigt, könnte es allerdings sein, dass diese Erholung erst Ende 2024 einsetzt: Die Ergebnisse des ersten Quartals waren enttäuschend, die Transaktionsvolumen blieben nach wie vor gering.
Die Spannungen im Nahen Osten, die vorgezogenen Wahlen in Grossbritannien, die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China, der Ukraine-Konflikt, die Wahlen in den USA, der EU, in Indien und in Frankreich – all diese Ereignisse haben, einzeln oder in ihrer Gesamtheit betrachtet, viele Überraschungen bereitgehalten. Alles in allem geht der weltweite Trend jedoch dahin, dass sich die Länder wieder auf ihre eigenen Probleme und ihre eigene Bevölkerung konzentrieren und nationalen bzw. Block-Protektionismus betreiben.
Vor diesem Hintergrund könnte es sein, dass weltweit verstärkt Massnahmen ergriffen werden, um die Resilienz der Lieferketten zu stärken und die Produktionsstandorte näher an die Absatzmärkte zu verlagern. Dies zeigt sich daran, dass heute mit rund 60 Milliarden USD mehr Kapital denn je für Industrieprojekte in Europa bereitgestellt wird. Dies könnte im Bereich der Industrie/Logistik immobilien neue Investitionschancen eröffnen.
In den USA wird es wohl noch während einiger Zeit weiterhin attraktive Investitionsmöglichkeiten geben
In den USA, wo sich das Wirtschaftswachstum auf einem recht zufriedenstellenden Niveau hält (BIP-Wachstum von 2,5% in den USA gegenüber 0,5% in Europa) und von einem Inflationsrückgang begleitet wird, hätten viele Faktoren eigentlich bereits zu einem Anstieg der Immobilienwerte führen müssen.
Dass es dazu noch nicht so richtig gekommen ist, liegt wohl – zumindest teilweise – an den Unbekannten im Zusammenhang mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Die zahlreichen innenpolitischen Themen und die Fragen zur Rolle der USA in der Weltpolitik und zur Gestaltung der US-Beziehungen zu Russland, China, Europa und dem Nahen Osten fördern ein Klima der Unsicherheit. Dies könnte dazu führen, dass es noch einige Monate länger Gelegenheiten geben wird, Immobilien zu relativ günstigen Preisen zu erwerben. Es sei daran erinnert, dass aufgrund des Anstiegs der Kapitalisierungssätze qualitativ hochwertige Immobilien weiterhin zu Preisen erhältlich sind, die 15 bis 20% unter den historischen Höchstständen liegen.
Ungewissheiten und Chancen in Europa
Die in Europa erwartete tiefe Rezession ist zwar ausgeblieben, aber man muss doch zugeben, dass das europäische Wachstum schwach ist.
Nun, beim Übergang in die zweite Jahreshälfte und insbesondere nach den Ergebnissen der jüngsten Wahlen, scheint sich abzuzeichnen, dass das Wachstum auf dem Kontinent während längerer Zeit fragil bleiben wird.
Nach einer Reihe von Anstiegen in den letzten zwei Jahren haben sich die Renditen jetzt tendenziell stabilisiert, was auf eine Wende hindeuten könnte.
In dieser Phase des Zyklus zu investieren, kann die Chance bieten, von der Renditekompression zu profitieren, insbesondere wenn die Zinssätze wie erwartet weiter sinken und die Spreads lukrativer werden.
Die Unbeständigkeit der verschiedenen Situationen und die politischen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten erfordern jedoch eine selektive Strategie, da der wirtschaftliche Aufschwung nicht überall gleich stark sein wird. Bevor eine Positionierung vorgenommen wird, sollte insbesondere die Resilienz der verschiedenen Regionen sorgfältig beurteilt werden, denn nicht jedes Land und jede Stadt bietet das gleiche Potenzial.
Asien bietet weniger taktische Möglichkeiten
Asien verzeichnete nicht nur das stabilste Wachstum, sondern auch die höchsten Wachstumsraten.
Aus diesem Grund fiel die Korrektur der Immobilienwerte im asiatisch-pazifischen Raum (APAC) generell weniger stark aus als in Europa oder den USA. In Australien beispielsweise sind die Werte seit ihrem Höchststand um etwa 5 bis 10% gefallen, während in Ländern wie Grossbritannien oder Deutschland Rückgänge von manchmal 30 oder 35% zu verzeichnen waren. Dies ist zwar eine gute Nachricht für Anleger, die bereits vor 2023 in Asien positioniert waren, bietet aber weniger Chancen für diejenigen, die heute in den Markt einsteigen wollen.
Der chinesische Immobilienmarkt steht weiterhin vor bedeutenden Herausforderungen, und seine Erholung gibt nach wie vor Anlass zur Sorge. Es wurden umfangreiche staatliche Konjunkturmassnahmen durchgeführt, die beibehalten, verlängert oder ausgeweitet werden könnten, deren Kosten die Regierung aber auch dazu zwingen könnten, sie wieder zurückzufahren. Dieses Szenario in Verbindung mit der oben beschriebenen internationalen und geopolitischen Situation mahnt dazu, äusserst vorsichtig zu sein, bevor man sich positioniert.
Ist die Schweiz allen anderen Märkten voraus?
Auf dem Schweizer Markt für Büroimmobilien stiegen die Mieten in den letzten 12 Monaten durchschnittlich um etwa 6%. Hinter diesem Wert verbergen sich jedoch regional sehr unterschiedliche Trends: In der Genferseeregion sanken die Mieten um 6%, während sie in anderen Regionen, wie beispielweise dem Mittelland, um fast 11,5% anstiegen.
Die Wohnmieten wurden insbesondere in den städtischen Zentren aufgrund der anhaltend hohen Nettozuwanderung und der weiterhin geringen Bautätigkeit nach oben getrieben. Im Jahresvergleich stiegen die Wohnungsmieten zwischen 5,0 und 7,5%, wobei die höchsten Steigerungsraten in der Südschweiz und in der Region Zürich zu verzeichnen waren.
Auf der Angebotsseite dürfte das am 9. Juni 2024 in Kraft getretene neue Energiegesetz die Bau- und Immobilienentwicklungsprozesse erschweren und die Fertigstellung von Neubau- und Renovierungsprojekten möglicherweise verzögern. Dies, die weiterhin niedrige Arbeitslosenquote von unter 2,5% und die voraussichtlich auf hohem Niveau bleibende Zuwanderung sind alles Faktoren, die zu weiteren Rückgängen der Mietleerstände und zu weiteren Mietpreissteigerungen führen dürften.
Wenn die Inflation weiter zurückgeht – sie hat sich seit ihrem Höchststand im Jahr 2022 fast halbiert und wird laut SNB in den nächsten 12 bis 24 Monaten auf 1% sinken –, dürfte mit den Zinssenkungen, mit denen hierzulande früher begonnen wurde als in anderen grossen Währungsräumen und von denen zwei bereits durchgeführt wurden, fortgefahren werden. Die Finanzmärkte haben eine weitere Zinssenkung bereits eingepreist.
Der Anstieg der Immobilienwerte, der in der Schweiz vor zwölf Monaten einsetzte, dürfte durch all die oben genannten Faktoren weiter angetrieben werden. Daher ist mit einem anhaltenden Wertanstieg zu rechnen, insbesondere bei Immobilien, die hohe Umweltstandards erfüllen.
Vor diesem Hintergrund gibt es recht viele Möglichkeiten, in den Markt einzusteigen, insbesondere über die laufenden Kapitalerhöhungen. Denn im Gegensatz zu den globalen Märkten, wo erhebliche Mengen an nicht investiertem Kapital auf gute Gelegenheiten warten (BlackRock spricht von USD 400 Milliarden an «Dry Powder»), könnte der Schweizer Markt in diesem Jahr bis zu CHF 3,0 Milliarden an neuem Geld mobilisieren.
Dieser Artikel wurde unter der Leitung von Dan Bihi-Zenou (Ing., MBA, Insead DP-C) verfasst, einem anerkannten Immobilienexperten mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Bereich der Sachanlagen in der Schweiz und auf internationaler Ebene. Zoltan Szelyes von Macro Real Estate war ebenfalls daran beteiligt. Gemeinsam wollen sie den Leserinnen und Lesern von Immoday regelmässig ihre Einschätzungen und Perspektiven für die direkten und indirekten Immobilienanlagen auf lokaler und globaler Ebene vermitteln.