Das 'FOMO'-Phänomen bei Kapitalerhöhungen: Ein Verkaufssignal für Schweizer Immobilienfonds?
Nach der starken Kurskorrektur im Jahr 2022 und schwierigen Emissionsmärkten im Jahr 2023 blicken kotierte Schweizer Immobilienfonds in den vergangenen sechs Monaten auf ein freundlicheres Umfeld zurück. Ein wichtiger Aspekt dieser Stimmungsverbesserung war der Bewertungsaspekt. Zwischen Ende 2021 und Oktober 2023 fielen die Agios durchschnittlich um 30%. Auch die relativen Perspektiven zu Fixed Income verbesserten sich. Dies ist insbesondere auf den Rückgang der Renditen auf Obligationen zurückzuführen. Die Rendite auf 10j Schweizer Staatsanleihen bewegte sich im Frühjahr 2023 noch auf Niveaus rund um 1.5%. Sie bildete sich in Folge von Zinssenkungserwartung deutlich unter 1% zurück und lag in der letzten Zeit zwischen 0.7% und 0.8%.
Diese Faktoren erlaubten eine Verbesserung des Investorenappetits zugunsten von kotierten Immobilienfonds. Getrieben durch eine generelle Stimmungsverbesserung von REITs im Ausland hat der SXI Real Estate Fund Index zwischen seinem Tiefpunkt im November 2023 und Ende März 2024 um 18% erzielt. Die Agios erhöhten sich in dieser Zeit im Durchschnitt um 14%. Die durchschnittliche Ausschüttungsrenditen des SXI RE Index sank in dieser Zeit um 40 Basispunkte auf 2.6%. Die liquidesten auf Wohnen fokussierte Fonds handeln per Mitte April 2024 bei Ausschüttungsrenditen von lediglich 2.1%-2.3%.
Fear of Missing Out (FOMO)
2023 war ein schwieriges Jahr für Emissionen. Es war deshalb anzunehmen, dass ein Zeitfenster der Stimmungsaufhellung bei den Immobilienprodukten für die Beschaffung von Kapital genutzt wird. In Q1 2024 kamen vorerst eher kleinere Fonds an den Markt, die erfolgreich Kapital beschaffen konnten. Auf diese folgte die Ankündigung von grösseren soliden Produkten mit kleineren Bezugsverhältnissen. Bis vor einigen Wochen waren wir der Annahme, dass der Markt das Volumen absorbieren könnte.
Die überraschende SNB-Zinssenkung führte jedoch zu einem psychologischen Phänomen bekannt als FOMO (fear of missing out). Seither vergeht fast kein Handelstag, an dem nicht eine neue Kapitalerhöhung bekanntgegeben wird. Da beobachtet wurde, dass die bisherigen Kapitalerhöhungen erfolgreich gemeistert wurden, möchten nun alle Investment Manager teilhaben. In März und April wurden zusätzliche Kapitalbeschaffungen von rund 1.5 Mrd. CHF angekündigt.
FOMO als Verkaufssignal
Die FOMO bei Kapitalerhöhungen ist für uns ein taktisches Verkaufssignal, da wir bezweifeln, dass das angestrebte Volumen vom Markt absorbiert werden kann. Es wird zu Enttäuschungen kommen und Bezugsrechte in den Markt verkauft werden, was die Preise belasten dürfte. Negativ betroffen dürften eher Fonds mit kommerziellem Immobilienexposure oder solche mit unrealistischen Bezugsverhältnissen. Trotz der etwas besseren Stimmung haben einige Investment Manager vergessen, dass wir nicht mehr in der Negativzinsphase befinden. Die relativen Renditeperspektiven haben sich gegenüber 2022 zwar etwas verbessert. Lag die Ausschüttungsrendite im vergangenen Jahrzehnt 3% über den Renditen von 5-jährigen Staatsanleihen, so befinden wir uns aktuell aber immer noch unter 2%. Auch gegenüber Hypothekenfinanzierungen war der historische Aufschlag bei rund 1.5%. Hier sind wir nur bei 30 Basispunkten.
Wenig beachtet wird hierzulande, dass im Ausland nun viel weniger Zinssenkungen als ursprünglich erwartet werden. Kotierte Immobilienaktien in Europa und USA mussten in den letzten Wochen bereits starke Abgaben verbuchen. Dementsprechend sind wir der Meinung, dass die Welle der Kapitalerhöhungen Q2 und Q3 2024 auch in der Schweiz zu einer schwächeren Marktsituation führen dürfte.
Abb1: Ausschüttungsrenditen und relative Renditedifferenzen