Wüest Partner hat soeben eine spannende Studie veröffentlicht. Sie analysiert die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) auf den Immobiliensektor. Manuelle Arbeit wird letztlich kaum betroffen sein, aber alle Berufe in den Bereichen Verwaltung, Buchhaltung und Datenanalyse werden dank KI ihre Effizienz und Produktivität steigern. Wie wird sich dies wohl auf die Arbeitsplätze auswirken?
Ist die Rede von KI und Immobilienverwaltung, gibt es zwei Meinungen. Einige sehen das Glas halb voll. Sie sind überzeugt, dass dank KI die Effizienz und Produktivität in den meisten nicht manuell geprägten Berufen gesteigert werden kann. KI wird dazu führen, dass bessere und raschere Entscheide getroffen und die Bestandsliegenschaften besser verwaltet werden, was sich letztlich auch in einer höheren Rendite der indirekten Immobilienanlagen niederschlagen wird.
Für andere ist das Glas halb leer. Sie sind der Auffassung, dass mit der steigenden Effizienz und Produktivität weniger Talente benötigt werden, insbesondere für alle Berufe in den Bereichen Verwaltung, Buchhaltung, Marketing, Finanzen und Datenanalyse – kurzum für die Berufe, die das Herzstück eines Managementteams eines Immobilienfonds bilden.
Verwaltungs- und Technikberufe am meisten betroffen
Wüest Partner hat soeben eine umfassende Studie zu diesem Thema veröffentlicht. Diese evaluiert, inwieweit der Immobiliensektor dank generativer KI von Effizienz- und Produktivitätsgewinnen profitieren kann.
«Wenig überraschend erzielen Berufe mit einem hohen Anteil an Verwaltungsarbeit, Kommunikation, Datenanalyse und Planung die höchsten Effizienzgewinne. Dagegen profitieren Rollen, die vorwiegend von manueller Arbeit geprägt sind oder physische Präsenz erfordern, weniger, da die Auswirkungen der generativen KI hier begrenzt sind», erklären die Autoren der Studie, Corinne Dubois und Robert Weinert.
Anders gesagt: Berufe wie Malerin, Landschaftsgärtnerin, Bauarbeiter, Maschinenführer oder Fliesen- und Bodenleger dürften kaum von generativer KI beeinflusst werden, da manuelle Arbeit hier dominiert. «KI könnte jedoch immerhin helfen, Pläne zu lesen und zu interpretieren, Beschaffungen zu erledigen oder zu kommunizieren. Das würde einen geschätzten Effizienzgewinn von bis zu 10% bringen», fügen die Autoren der Studie hinzu.
Zentrale Rolle des Menschen bleibt bestehen
Bei den Verwaltungs- und Technikberufen hingegen sieht es anders aus. Dort werden mit KI grosse Effizienz- und Produktivitätsgewinne von bisweilen über 50% erzielt werden können. Es handelt sich um Berufe in den Bereichen Verwaltung (Personalwesen, Büroangestellte), Technik (IT-Techniker), Kundenservice, Marketing, Finanzen und Datenanalyse. «Generative KI kann viele dieser Aufgaben schneller und effizienter erledigen», versichern Corinne Dubois und Robert Weinert.
Soll dies bedeuten, dass diese Berufe – zumindest teilweise – verschwinden und durch KI ersetzt werden? Für die Autoren der Studie sind für die Marktanalyse «ein differenziertes Verständnis, Erfahrung und Urteilsvermögen unerlässlich – die zentrale Rolle des Menschen bleibt bestehen.»
Dank einfachen Massnahmen bereits grosse Effizienzgewinne möglich
Im zweiten Teil der Studie von Wüest Partner werden konkrete Lösungen vorgeschlagen, um dank KI die Effizienz der Berufe im Immobilienbereich zu steigern. Eines vorweg: Bereits mit einfachen Massnahmen können erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden. «Unsere Analyse zeigt, dass viele Berufe im Immobilienbereich deutlich profitieren würden, wenn sie ChatGPT regelmässig für Textarbeiten nutzen – etwa bei der Erstellung und Bearbeitung von Dokumenten und Berichten, für die Kommunikation oder für Übersetzungen oder um Berichte, technische Dokumente oder Studien schnell zu durchsuchen und zusammenzufassen und so relevante Informationen rasch zu erfassen. Allein dadurch könnten knapp ein Fünftel (19%) aller Effizienzgewinne in der Bau- und Immobilienindustrie erzielt werden.»
In den meisten Berufen im Immobilienbereich grossartige Analysehilfe
Laut Corinne Dubois und Robert Weinert würden rund 60% der Berufe stark von den Datenanalysefähigkeiten der generativen KI profitieren. «Selbst bei unstrukturierten Daten lassen sich Informationen schneller extrahieren, was zu besseren Entscheidungen führt. Durch Datenanalyse könnten im Immobilienbereich etwa 14% der gesamten Effizienzsteigerung erzielt werden.»
Generative KI-Tools sind in diesem Bereich bereits jetzt leistungsstark und zukünftige Entwicklungen versprechen noch stärkere und breitere Fähigkeiten und eine einfachere Nutzung. Dennoch wird es gemäss den Ökonomen von Wüest Partner nicht möglich sein, gänzlich auf den Menschen zu verzichten. Erstens bleibe die Vertraulichkeit der Daten ein Hindernis, das durch klare, aber nicht zu strenge Governance-Richtlinien angegangen werden müsse. Zudem seien das Fachwissen und ein differenziertes Urteilsvermögen bei der Interpretation der Ergebnisse entscheidend, um voreilige oder falsche Schlüsse durch unkritische KI-Nutzung zu vermeiden.
Kurz gesagt: Auch hier ist die Maschine ein äusserst effektives Instrument, aber sie ersetzt nicht das menschliche Urteilsvermögen oder die Erfahrung – zumindest noch nicht.
Kundenservice und Finanzanalyse derzeit weniger stark betroffen
Abschliessend hält Wüest Partner in seiner Studie fest, dass einige Verwaltungsberufe weniger stark von KI betroffen sind. Zwar bietet der Einsatz generativer KI im Kundenservice oder in der Finanzanalyse interessantes Potenzial, doch «erfordert die Implementierung hier fortgeschrittene technische Entwicklungen.» Dasselbe gelte für die Projektplanung, so Corinne Dubois und Robert Weinert. Obwohl der Einsatz generativer KI auch in diesen Bereichen zu Effizienzsteigerungen führt, sind diese noch relativ gering. Angesichts der raschen Fortschritte bei der Entwicklung von KI-Tools dürfte diese Einschätzung aber recht schnell revidiert werden.
Redaktion-Immoday