Die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu verbessern ist unerlässlich. Aber wie kann das finanziert werden? Weder wollen die Mieter mehr zahlen noch die Anleger auf Dividenden verzichten. Und auch eine Erhöhung der Subventionen kommt angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Finanzen kaum in Frage. Lösungen gibt es aber dennoch, auch wenn dabei manchmal recht unkonventionelle Wege eingeschlagen werden müssen. Olivier Klunge von Fundim SA macht sechs Lösungsvorschläge.
Wenn von der Nachhaltigkeit im Immobilienbereich die Rede ist, stimmen meist alle darin überein, wie wichtig sie ist. Geht es jedoch um deren Finanzierung, kommt die Diskussion rasch ins Stocken. Denn die Mieter wollen bzw. können keine höheren Mieten zahlen und die Anleger möchten auch keine tiefere Dividende in Kauf nehmen. Was können die Hauseigentümer also tun? Wir stellten diese Frage Olivier Klunge, Rechtsanwalt und Gründungspartner von Fundim SA, einer Vermögensverwaltung, deren Anlagestiftung Equitim bei verschiedenen Käufen bereits mit dem Problem der Rentabilität nachhaltiger Investitionsausgaben (Green CAPEX) konfrontiert war. Basierend auf seiner Erfahrung schlägt er uns sechs Lösungen vor, mit denen die finanzielle Belastung energetischer Sanierungen abgemildert werden kann. Keine Hexereien, keine Wundermittel, sondern konkrete, umsetzbare Vorschläge, die manchmal vielleicht eher unkonventionelle Wege beinhalten. Wir reden hier also nicht von den klassischen Lösungen wie sie eine Aufstockung oder eine Erhöhung der Fremdmittel darstellen.
1. Höhere staatliche Zuschüsse
Idee
Für die Finanzierung nachhaltiger Lösungen gibt es bereits Subventionen, und zwar sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene. Aber das derzeit angekündigte Globalbudget fällt mit rund 10% der Mittel, die für die energetischen Sanierungen insgesamt erforderlich sind, recht bescheiden aus. Schweizweit sind es aber immerhin mehrere hundert Millionen Franken an Subventionen.
Machbarkeit
Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Bundes sowie mehrerer Kantone ist eine massive Erhöhung der Subventionen nur schwer vorstellbar, zumal die Anzahl der zu renovierenden Gebäude nach wie vor sehr hoch ist. Zudem könnte es politisch heikel sein, Subventionserhöhungen durchzusetzen, die vor allem grossen Immobilienbesitzern wie Pensionskassen, Versicherungen oder Immobilienfonds zugutekämen. Mit anderen Worten, dies wäre zwar die einfachste Lösung, in der gegenwärtigen Situation vermutlich aber die unwahrscheinlichste.
2. Einrichtung eines steuerfreien «grünen» Renovierungsfonds
Idee
Renovierungsmassnahmen, welche die Nachhaltigkeit der Gebäude verbessern, sind bereits steuerlich absetzbar. Man könnte aber noch weiter gehen und einen steuerfreien «grünen» Renovierungsfonds einrichten. Dank diesem könnte jedes Jahr ein bestimmter Betrag von der Steuer abgesetzt werden, der dann für energetische Sanierungen verwendet werden würde. So könnten die Immobilienbesitzerinnen und ‑besitzer ihre Steuerbelastung glätten, was vor allem für Privatpersonen interessant ist. Bisher können die Renovierungskosten erst nach Abschluss der Arbeiten steuerlich abgesetzt werden.
Machbarkeit
Diese Möglichkeit wurde in einigen Kantonen bereits diskutiert, die Überlegungen stehen derzeit jedoch noch am Anfang. Technisch wäre sie recht einfach umsetzbar. Die dabei eingesetzten Mechanismen beherrschen wir nämlich bereits, sie gleichen denjenigen, die heute bei der dritten Säule eingesetzt werden. Andererseits dürften Kosten abgesetzt werden, die noch gar nicht entstanden sind, was den orthodoxen Steuerexpertinnen und ‑experten die Haare zu Berge stehen lässt.
3. Differenzierung der Liegenschaftssteuer
Idee
Man könnte eine differenzierte Liegenschaftssteuer einführen, die für energetisch nicht sanierte Immobilien teurer und für nachhaltige Gebäude günstiger ist. Dadurch würde die Steuerbelastung für die Hausbesitzerinnen und besitzer, die bereits Renovierungsarbeiten auf sich genommen haben, sinken. Dabei ist es durchaus möglich, eine Lösung einzuführen, die für die öffentlichen Finanzen ein Nullsummenspiel ist. Das wäre dann der Fall, wenn die höheren Steuern, die für energetisch noch nicht sanierte Altbauten gezahlt werden, die tieferen Steuern der nachhaltigen Gebäude ausgleichen.
Machbarkeit
Da solche Lösungen bereits existieren – z. B. bei der Motorfahrzeugsteuer, werden doch in einigen Kantonen für schadstoffarme Fahrzeuge Steuerrabatte gewährt –, dürfte die Umsetzung dieser Lösung auf technischer Ebene keine Probleme bereiten. Allerdings fehlt der dafür erforderliche politische Wille derzeit noch, weil die Gemeinden und Kantone Einnahmeverluste befürchten.
4. Bevorzugte Erteilung von Renovierungsgenehmigungen
Idee
Wer heute eine grössere energetische Renovierung durchführen will, muss eine Baugenehmigung beantragen und somit gleich alles auf den neuesten Stand bringen. Das ist mit erheblichen Kosten verbunden, die meist nur zum Teil an die Mieter weitergegeben werden können. Bei einer Gebäudeverdichtung ist man zudem gleich mit mehreren, voneinander abweichenden Interessen konfrontiert: mit denen der Nachbarn oder des Denkmalschutzes, aber z. B. auch mit den Anforderungen in Bezug auf den Erhalt der städtischen Biodiversität. Nicht immer ist es dann die Verdichtung, die letztendlich die oberste Priorität hat.
Machbarkeit
Zu beschliessen, dass der Siedlungsfläche und ihrer Verdichtung Priorität eingeräumt wird, ist zwar möglich, aus politischer Sicht angesichts der zahlreichen und widersprüchlichen Interessen aber kompliziert. Ganz abgesehen davon, dass eine solche Prioritätensetzung der schweizerischen Kompromisstradition zuwiderlaufen würde.
5. Vereinfachung der Verfahren
Idee
Die Verfahren wurden zwar bereits vereinfacht, manchmal aber nur ungenügend, wie zum Beispiel bei den Solaranlagen. Es ist zwar viel einfacher geworden, die Genehmigung für eine Solaranlage zu erhalten, oft sind für deren Installation aber weitere Arbeiten nötig, für die es keine vereinfachte Bewilligung gibt, z. B. die Renovierung des Dachstuhls oder die Erneuerung der Wärmedämmung mit gleichzeitigem Wechsel auf ein neues Heizsystem. Von der vereinfachten Genehmigung der Solaranlagen profitieren – insbesondere bei grösseren Gebäuden – letztlich also nur wenige.
Machbarkeit
Auch in diesem Fall wäre es durchaus realistisch, von Verwaltung und Gerichten mehr Effizienz und vor allem eine schnellere Entscheidfällung zu verlangen. Dies umso mehr, als sich die Situation in den letzten Jahren verschlechtert hat: Die Bearbeitungszeiten sind länger geworden und die Unterlagen werden immer pingeliger geprüft. Letzteres wäre übrigens gar nicht immer notwendig, insbesondere dann nicht, wenn die Gebäude nicht unter Denkmalschutz stehen. Leider geht die Tendenz aber eher dahin, die Verwaltungsauflagen komplexer zu gestalten, statt sie abzubauen.
6. Entgegenkommende Hausbesitzer und Anleger
Idee
Die Finanzierung energetischer Sanierungen kann auch durch verständnisvolle und entgegenkommende Hausbesitzer und Anleger erleichtert werden. Ein Beispiel dafür ist das Sanierungsprojekt, das Fundim über seine Anlagestiftung Equitim im Kanton Waadt durchgeführt hat. Die Gemeinde verkaufte das betreffende Gebäude zu einem vernünftigen Preis, allerdings mit Auflagen: Bei einer Reihe von Wohnungen mussten die Mieten tief bleiben und es mussten verschiedene energetische Sanierungsarbeiten durchgeführt werden. Der Stiftung gelang es, die Anleger – hauptsächlich lokale Pensionskassen – davon zu überzeugen, bis zur vollständigen Abschreibung der Green CAPEX tiefere Dividenden zu akzeptieren, dafür aber schon früher von einem renovierten Gebäude zu profitieren. Dies führte letztendlich dazu, dass das Projekt rentabel war.
Machbarkeit
Die Analyse, Planung und Durchführung der energetischen Sanierung verlangt ein Projektmanagementteam mit multidisziplinärem Know-how, über das die Eigentümer – selbst wenn es sich dabei um Institutionen handelt – meist nicht verfügen. Manchmal kann ein Gebäude einfach so verdichtet werden, dass die Green CAPEX rentieren. Seltener ist der Verkäufer – oft eine öffentliche Einrichtung – aus verschiedenen Gründen bereit, seinen Preis zu senken. Noch seltener sind die Anleger bereit, geringere Dividenden in Kauf zu nehmen. Selbstverständlich sind solche Glücksfälle die Ausnahme und nicht die Regel. Zudem sind sie zu selten, um die energetische Sanierung des gesamten Schweizer Immobilienparks finanzieren zu können.
Im Idealfall sollten die Marktpreise eine Prämie für die Nachhaltigkeit beinhalten, doch bei der derzeit äusserst angespannten Lage, die auf dem Schweizer Immobilienmarkt und insbesondere in den Grossstädten herrscht, ist das nicht der Fall und das wird sich so bald wohl auch nicht ändern.