Herr Kaluscha, zunächst eine Frage zu Ihrem Werdegang. Wie und wann kamen Sie in Kontakt mit der Immobilienbranche und was ist seither passiert?
Ich bin auf der Beraterseite im Jahr 2000 im Rahmen des ersten IPOs einer Schweizerischen Immobiliengesellschaft, der Allreal, mit der Immobilienbranche in Kontakt gekommen und sozusagen hängengeblieben. Seit damals gab es in der Schweiz tatsächlich keine grösseren Verwerfungen mehr im Immobilienmarkt. Da ich aber ab 2006 auch institutionelle Investoren bei ihren internationalen Investments in direkte und indirekte Immobilien begleitet habe, kenne ich durchaus auch andere Marktzyklen bei Immobilieninvestitionen.
Seit Ende 2021 sind Sie Senior Advisor bei der MV Invest AG und haben hier ein Ratingmodell für sämtliche kotierte und nicht-kotierte Schweizer Immobiliengefässe mitentwickelt…
Ja, genau. Wir standen vor der Frage, wie man das Thema Nachhaltigkeit im Investitionsprozess berücksichtigen kann. Wir waren und sind der Überzeugung, dass die Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken, die sich aus Nachhaltigkeits-Fragestellungen ergeben, unverzichtbarer Bestandteil eines ganzheitlichen und verantwortungsvollen Risikomanagements ist.
Warum haben sie nicht einfach auf die gängigen Ratings wie GRESB oder SSREI zurückgegriffen?
Sowohl GRESB als auch SSREI geben durchaus wichtige Informationen an einen Investor. Da aber weder GRESB noch SSREI eine 100% Marktabdeckung erreicht, sind beide allein keine Basis, um eine Investment-Entscheidung zwischen mehreren Investment-Vehikel zu treffen. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden ein Inhouse-Rating zu entwickeln, dass alle öffentlich verfügbaren Informationen in einem Rating zusammenführt. Darüber hinaus bringen wir die mehr als 30jährige Erfahrung von MV Invest im indirekten Immobilienmarkt ein, indem wir das Rating zusätzlich mit einem Management-Assessment anreichern.
Mit der im Herbst 2023 lancierten indirekten Anlagegruppe MV Swiiterra, welche mittels gezielter Nachhaltigkeitsintegration in sämtliche kotierten Schweizer Immobilienfonds (SWIIT) investiert, wurde ein neues Anlageprodukt eingeführt, bei dem MV Invest als Investment- und Nachhaltigkeitsberater fungiert. Was ist hier der aktuelle Stand?
Wir dürfen tatsächlich die Dufour Investment Foundation als Berater begleiten. Die Umsetzung der Investment-Strategie der Anlagegruppe und insbesondere die Nachhaltigkeits-Integration basiert dabei auf unserem proprietären Nachhaltigkeits-Rating. Das Interesse an diesem passiven Produkt ist vorhanden, aber wie so oft sind die Entscheidungsprozesse bei den potentiellen Investoren länger als antizipiert. Wir sind daher zuversichtlich, dass die Anlagegruppe demnächst erste Investments tätigen kann.
Wie sehen Sie die weiteren Entwicklungen in der Branche hinsichtlich Nachhaltigkeitsbestrebungen, -ratings, aber auch bezüglich Erreichung der vorgegebenen Klima- bzw. CO2-Ziele?
Die Immobilienbranche hat aus meiner Sicht den Ernst der Lage erkannt. Mittlerweile gibt es mit den AMAS-Kennzahlen und dem REIDA-Benchmark bzw. den dazugehörigen Definitionen auch Leitplanken, die es ermöglichen einen Gesamt-Schweizerischen Überblick über die wesentlichen (umwelt-relevanten) Kennzahlen auf Vehikelstufe zu erhalten. Allerdings ist der Zeithorizont mit 2050 doch sehr weit und es braucht anhaltende Motivation aller Beteiligten damit die Ziele wirklich erreicht werden können.