«Es ist ziemlich spannend, für den Börsengang eines Fonds verantwortlich zu sein, vor allem heute»

06/09/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

 

In wenigen Tagen geht der Cronos Immo Fund, der gerade einmal vor sechs Jahren aufgelegt wurde, an die Börse. Dies ist für uns Gelegenheit, mit Hervé Mützenberg, Leiter des Fonds, die Gründe für eine solche Operation, deren Vor- und Nachteile sowie die technischen Zwänge – wie die Schaffung eines zweiten Vehikels für Investoren, die nicht kotierte Fonds vorziehen – zu analysieren.


Auf den Tag genau sechs Jahre nach seiner Lancierung geht der Cronos Immo Fund am 20. September an die Börse. Eine Gelegenheit, sich mit diesem wichtigen Schritt im Lebenszyklus vieler Immobilienfonds eingehend zu befassen. Wir befragen hierzu Hervé Mützenberg, Leiter des Immobilienfondsmanagements der Cronos-Gruppe, welcher den Fonds 2016 aufgelegt hat und ihn bis heute leitet.
 

Hervé Mützenberg, weshalb wollen Sie den Cronos Immo Fund an die Börse bringen? 


Um ein Versprechen einzuhalten, das wir unseren Anlegern bei der Lancierung des Fonds 2016 gegeben haben.
 

Aber weshalb gerade jetzt, sechs Jahre nach der Auflegung des Fonds? 


In den ersten fünf Jahren nach der Lancierung eines Immobilienfonds kommt eine Ausnahmeregelung der FINMA zum Tragen, die eine Verschuldung von 50% gestattet, anstatt der 33,3%, die normalerweise erlaubt sind. Wir haben diese Zeit genutzt, um so schnell wie möglich zu wachsen und die kritische Grösse für einen Börsengang zu erreichen.
 

Wo liegt diese kritische Grösse?


Von Anfang an haben wir sie auf 1% der gesamten Marktkapitalisierung der in der Schweiz kotierten Immobilienfonds geschätzt. Diese beläuft sich derzeit auf rund 56 Milliarden Franken. Der Cronos Immo Fund besitzt ein Nettovermögen von 570 Millionen Franken und Immobilien im Wert von 800 Millionen Franken.
 

Reicht das aus oder wollen Sie noch weiter wachsen? 


Wir wollen bis 2030 eine Börsenkapitalisierung von 1 Milliarde Franken erreichen. Dabei werden wir uns weiterhin auf unsere Strategie konzentrieren, d. h., der Schwerpunkt wird fast ausschliesslich auf Wohnimmobilien liegen.
 

Ein Börsengang ist kompliziert und teuer. Was sind die Vorteile? 


Einfach ausgedrückt: Die Mehrheit unserer langjährigen Investoren wollte einen Börsengang. Dieser wird zu einer höheren Liquidität der Anteile führen. Zudem werden wir so den Kreis der potenziellen Anleger ausweiten können. Wir werden nicht nur die qualifizierten Investoren, sondern auch die Privatanleger ansprechen. Darüber hinaus wird es einfacher sein, Kapitalerhöhungen durchzuführen, wenn wir kotiert sind. Und zu guter Letzt werden wir uns dank der Kotierung besser mit Konkurrenzfonds messen können. Alle werden die Qualität unserer Arbeit beurteilen können.
 

Denken Sie, dass die Privatanleger interessiert sein werden? Die Börse hat einige turbulente Monate hinter sich. 


Grundsätzlich ja, denn wir verfolgen eine Anlagestrategie, die ihnen zusagt, da der Fonds zu 95% in Wohnimmobilien investiert ist. Schwierigkeiten an der Börse hatten in den letzten Monaten vor allem Fonds, die Geschäftsimmobilien halten. Zudem haben wir mit einer Modernisierung unseres Immobilienbestands begonnen. Auch das gefällt den Anlegern. Zu guter Letzt verfügen wir über eine stimmige ESG-Strategie, ein Faktor, der für die institutionellen Anleger und die Pensionskassen mittlerweile sehr wichtig ist.
 

Wirklich? 


Ja, und wenn man sich die Fragen ansieht, die uns diese institutionellen Investoren zur Nachhaltigkeit unseres Immobilienparks stellen, so merkt man, dass dieser Aspekt für sie bisweilen fast wichtiger ist als die Performance selbst. Angesichts der Ziele des Bundes für 2030 und 2050 und der verbindlichen Vorschriften, die sich in Genf und im Kanton Waadt abzuzeichnen beginnen, wird Nachhaltigkeit für Immobilienfondsmanager ohnehin weiter an Bedeutung gewinnen.
 

Und doch haben es die Privatanleger meistens nur auf die Rendite abgesehen. Wie gehen Sie damit um? 


Tatsächlich wird von zwei Seiten auf uns Druck ausgeübt: Einerseits von den Anlegern, die sich auf die Performance konzentrieren, und andererseits von den Investoren, die der Nachhaltigkeit Vorzug geben. Es liegt an uns, hier eine Balance zu finden, indem wir die Sanierungen der Liegenschaften über einen ausreichend langen Zeitraum strecken, damit die Performance nicht zu stark beeinträchtigt wird. Erschwerend kommt noch hinzu, dass wir uns für die Dividendenausschüttung ein quantitatives Ziel gesetzt haben.
 

Wie hoch wird diese Dividende ausfallen? 


Sie ist auf 2,80 Franken pro Anteil festgelegt – nur auf den ordentlichen Erträgen des Fonds. Ausschüttungen von Kapitalgewinnen, die z. B. nach einem gewinnbringenden Verkauf einer Immobilie erzielt werden, sind darin nicht berücksichtigt. Beim aktuellen Kurs entspricht dies einer Performance von 2,4%.
 

Sie selbst haben gesagt, dass die Börsen in den letzten Monaten etwas ins Trudeln geraten sind. Hat Sie das verunsichert?


Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich der Markt angesichts des Inflationsschocks und der steigenden Zinsen in einer etwas heiklen Phase befindet. Wir sind jedoch der Ansicht, dass unser Fonds solide ist, die kritische Grösse erreicht hat und sein Immobilienbestand qualitativ hochwertig ist, weshalb wir den Zeitpunkt für einen Börsengang für richtig halten.
 

Andere Immobilienfonds wie der 1a Immo PK der Credit Suisse haben angesichts der Marktturbulenzen den Börsengang aufgeschoben. 


Das ist in der Tat so. Im Übrigen hat uns die Entscheidung der Credit Suisse, die einen viel grösseren Fonds als den unseren an die Börse bringen wollte, eine Chance eröffnet, die wir genutzt haben. Wir werden in einigen Tagen sehen, ob uns der Markt Recht gibt.
 

Sind Immobilienfonds angesichts der steigenden Zinsen und des Comebacks der Obligationen immer noch so interessant für die Anleger? 


Nach dem Zinsanstieg haben die institutionellen Anleger in den letzten Monaten ihre Allokation angepasst und sich tatsächlich wieder vermehrt Obligationen zugewandt. Dies hat die Aktien im Allgemeinen und kotierte Immobilienfonds im Besonderen belastet. Dennoch bleiben Immobilienfonds attraktiv, da es sich im Gegensatz zu Obligationen um Produkte handelt, die einen relativ guten Inflationsschutz bieten. Ausserdem bleiben die Fundamentaldaten des Immobilienmarktes angesichts der Wirtschaftsdynamik, des demografischen Wachstums und des unzureichenden Wohnungsangebots solide.
 

Wird es zu einem erneuten Rebalancing kommen, wenn die Zinsen weiter steigen? 


Dies ist wahrscheinlich und unsere Herausforderung wird dann darin bestehen, den Mietertrag unserer Liegenschaften zu erhöhen, um die Rendite zu erhalten. Dies ist jedoch nicht das Szenario, das wir für am wahrscheinlichsten halten. Wir gehen davon aus, dass die wichtigsten Schocks vorüber sind und ihre Wirkung nachlassen wird. Damit dürfen sich auch die Zinsen – zumindest in der Schweiz – stabilisieren.
 

Bei geringerem Interesse der Anleger an Immobilienfonds wird beim Börsengang auch das Agio weniger hoch ausfallen, oder? 


Wahrscheinlich. Die Höhe der Agios war in den letzten Jahren ohnehin viel zu hoch. Das aktuelle Niveau, das bei 20 bis 25% liegt und dem historischen Wert entspricht, erachte ich persönlich als viel gesünder. Unser Agio wird beim Börsengang wahrscheinlich steigen, doch rechnen wir nicht damit, dass es diesen Durchschnittswert sofort erreichen wird, da der Fonds noch relativ jung ist.
 

Ihre derzeitigen Investoren werden den Börsengang wahrscheinlich dazu nutzen, um Gewinne mitzunehmen. 


Das ist möglich. Da sie jedoch in Immobilien investiert bleiben möchten, werden wir für sie einen zweiten, nicht kotierten Fonds auflegen, in den sie dann wieder investieren können.
 

Wie wird dieser Fonds heissen? 


Wir haben einen sehr originellen Namen gefunden: Cronos Immo Fund 2. Er wird im Oktober 2022 lanciert.
 

Wird er dieselbe Strategie verfolgen wie der kotierte Fonds? 


Ja, genau dieselbe und er wird auch vom selben Team verwaltet. In den letzten sechs Jahren haben wir bei Cronos ein bemerkenswertes Know-how aufgebaut. Dieses werden wir nutzen, um ein neues Immobilienportfolio für diesen zweiten Fonds zusammenzustellen. Wir wollen zunächst 50 Millionen Franken aufnehmen, damit wir Liegenschaften für insgesamt 100 Millionen Franken erwerben können.
 

Wird auch dieser Fonds dann in fünf Jahren an der Börse kotiert? 


Nicht unbedingt. Wir wollen einige Jahre lang gleichzeitig einen kotierten und einen nicht kotierten Fonds betreiben, um den unterschiedlichen Ansprüchen bestimmter Anlegerkategorien gerecht zu werden.
 

Mit diesem zweiten Fonds fangen Sie wieder bei null an. Wie baut man heute ein Portfolio aus hochwertigen Wohnimmobilien auf? 


Das ist nicht einfach, denn die Renditen sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Doch da wir mit den Eigentümern vorwiegend Off-Market-Geschäfte machen, um ihnen massgeschneiderte Transaktionen anbieten zu können, erhalten wir häufig bessere Konditionen als bei klassischen Ausschreibungen. Ausserdem sind wir von Anfang an, d. h. ab dem Grundstückkauf, an den Projekten beteiligt, weshalb wir auch in diesem Fall eine höhere Rentabilität erzielen als beim Kauf eines komplett fertigen Projektes von einem Bauträger.
 

Doch es ist auch mehr Arbeit. 


Natürlich, aber wir verfügen jetzt intern über die erforderlichen Kompetenzen und können diese nötigenfalls ausbauen. Das ist der Preis, den man zu zahlen bereit sein muss, wenn man noch zufriedenstellende Renditen erzielen will. Zu guter Letzt werden wir auch alte, sanierungsbedürftige Liegenschaften kaufen, die grosszügige Mietreserven aufweisen.
 

Mehrere Immobilienfonds setzen auf dieselbe Strategie. Ist diese angesichts der bisweilen sehr hohen Kosten von Sanierungen wirklich so interessant? 


Es ist auch in diesem Fall mit viel Arbeit verbunden, doch der Markt spielt uns in die Hände, da die Eigentümer von «Energieschleudern» begriffen haben, dass sie ihre Preise senken müssen, wenn sie ihre Immobilien verkaufen wollen.
 

Sie haben vor Kurzem eine weitere Kapitalerhöhung – über 55 Millionen Franken – abgeschlossen. Weshalb haben Sie diese gerade vor dem Börsengang durchgeführt? 


Einige Investoren wollten noch vor der Kotierung in den Fonds einsteigen. Der Zeitpunkt für eine Kapitalerhöhung war somit ideal.
 

Noch eine letzte Frage: Wie würden Sie als Fondsleiter die Erfahrung beschreiben, die Sie im Zusammenhang mit diesem Börsengang gemacht haben? War es nicht zu stressig? 


Doch, sehr. Das gebe ich gerne zu. Ein Börsengang ist eines der wenigen Dinge, die ich mit einem Immobilienfonds noch nicht erlebt habe, und ich finde es sehr spannend – dies umso mehr, als die Situation, wie bereits erwähnt, schwierig ist. Ich freue mich zu sehen, was in den ersten Tagen nach der Kotierung passieren wird, wie die Investoren und der Markt reagieren werden.
 

Olivier Toublan, Immoday