Nicolas Di Maggio, CEO bei Swiss Finance & Property AG - Marktrückblick

12/10/2023

Nicolas Di Maggio

Swiss Finance & Property Group SA

5 min

Wirtschaftslage

 

Die Wirtschaftsindikatoren erholten sich im September, nachdem sie im Frühsommer weiter zurückgegangen waren. Der KOF-Indikator bleibt zwar unter seinem langfristigen Durchschnitt, stieg in den letzten drei Monaten aber von 93.8 auf 95.9 per Ende September. Der «Purchasing Managers’ Index» (PMI) erholte sich von seinem Tiefststand im Juli und stieg von 38.5 auf 44.9 per Ende September, bleibt aber unter der Wachstumsschwelle. Der Dienstleistungs-PMI stieg von einem Tief im Juli von 42.7 auf 52.8 an und liegt damit wieder im Expansionsbereich.
 

Der Rückgang der Rezessionsängste scheint sich auch in der Entwicklung der Zinskurven widerzuspiegeln. In den entwickelten Märkten scheinen sich die Inversionen der Zinskurven, die zu Beginn des Sommers Rekordwerte erreichten, durch ein «bearish steepening» zu lösen. In der Schweiz ist dieses Phänomen weitaus weniger ausgeprägt, da der Bundessatz derzeit noch deutlich unter dem Niveau liegt, das Ende 2022 erreicht wurde. Die 10-jährige Bundesanleihe liegt immer noch mehr als 50 Basispunkte unter dem Zinssatz vom Jahresanfang, während diese in den USA 70 Basispunkte und in Deutschland 25 Basispunkte höher liegen.
 

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verfügt und behält einen grossen Handlungsspielraum. Nach fünf aufeinanderfolgenden Erhöhungen des Leitzinses und massiven Verkäufen des Fremdwährungsportfolios, die zu einer starken Aufwertung des Schweizerfrankens und einer Begrenzung der importierten Inflation führten, legte die SNB im September eine Pause ein und lässt den Franken seither abwerten. Dies sollte die wirtschaftliche Aktivität, insbesondere für exportorientierte Branchen, etwas unterstützen und der beobachteten wirtschaftlichen Verlangsamung entgegenwirken. Eine Erholung der Wirtschaftsaktivität dürfte sich auch auf die langfristigen Zinsen auswirken, die wieder einen Aufwärtstrend aufweisen könnten.
 

Direkte Immobilien
 

Die Verlangsamung des Immobilienmarktes spiegelt sich auch in den Zahlen für den Hypothekenmarkt wider, der in den letzten zwölf Monaten einen Anstieg der ausstehenden Kredite um nur 2.8% verzeichnete, während er in den letzten Jahren noch um über 3% gestiegen war.
 

Die Attraktivität von Wohneigentum hat zwar durch die Verdreifachung der Hypothekenkosten stark abgenommen, aber die steigenden Finanzierungskosten haben noch nicht zu Zwangsverkäufen geführt. Die Diskrepanz zwischen den Preisvorstellungen der Verkäufer und der Zahlungsbereitschaft der Käufer spiegelt sich seit einigen Quartalen im deutlichen Rückgang der Anzahl Transaktionen wider.
 

Bei den Renditeobjekten ist der Anstieg der Nettoanfangsrenditen bemerkenswert und spiegelt die laufende Wertkorrektur wider. Bei den indirekten Portfolios ist dieses Phänomen noch begrenzt und lässt sich erklären durch eine gewisse Glättung der Bewertungen in den letzten Jahren, durch den Rückgang der Mietausfallquoten und den damit verbundenen Anstieg der Mieteinnahmen sowie durch die Möglichkeit, latente Steuern freizusetzen, sobald die Bewertung der Vermögenswerte sinkt.
 

Mit einem Anstieg von nur 1% in den letzten zwölf Monaten hat sich die Dynamik der Bewertungen und damit des Index der Nettoinventarwerte der börsennotierten Fonds im Vergleich zu den letzten Jahren stark verlangsamt und bestätigt den Rückgang der Transaktionspreise. In den kommenden Monaten wird es vermutlich zu weiteren Wertkorrekturen kommen und es wäre nicht überraschend, wenn der NAV-Index zum ersten Mal seit dem letzten Rückgang anfangs der 2000er Jahre leicht zurückgehen würde.

 

Indirekte Immobilien
 

Die Halbjahresergebnisse bestätigen die Erwartungen der Investoren wie folgt:

- Ein Rückgang der Leerstandsquoten aufgrund einer begrenzten Bautätigkeit, eines robusten Arbeitsmarktes und eines dynamischen Bevölkerungswachstums, das hauptsächlich auf den positiven Wanderungssaldo zurückzuführen ist.

- Steigende Finanzierungskosten mit deutlichen Unterschieden zwischen den Produkten je nach Verschuldungsgrad, aber vor allem je nach der Finanzierungsstrategie, die in den letzten Jahren umgesetzt wurde.

- Ein Anstieg der Mieteinnahmen aufgrund der Indexierungsmöglichkeiten, die derzeit im kommerziellen Sektor stärker ausgeprägt sind als im Wohnsektor, der ab dem vierten Quartal nach der Erhöhung des Referenzzinssatzes zu Beginn des kommenden Jahres folgen dürfte.

- Ein Anstieg des Diskontsatzes, der von den Experten verwendet wird, und ein begrenzter Rückgang der NAVs für die jüngeren Produkte.
 

Der Kapitalmarkt blieb während des dritten Quartals wenig dynamisch, aber nicht völlig geschlossen. Besonders erwähnenswert ist die erfolgreiche Kapitalerhöhung des kotierten Baloise Immobilienfonds um insgesamt CHF 135 Millionen. Für den Raiffeisen Futura Immo wurden etwas weniger als CHF 20 Millionen gesammelt, was etwa 50% des gewünschten Betrags entspricht, während die Fundamenta-Stiftung ein neues Closing für einen Betrag von knapp über CHF 70 Millionen erzielte. Schliesslich nahm der SWIIT-Index mit der Kotierung des Fonds Sustainable Real Estate Switzerland mit einer Marktkapitalisierung von ca. CHF 350 Millionen ein 42. Mitglied auf.
 

Performance
 

Im dritten Quartal konnten die Aktienmärkte nach den starken Anstiegen im ersten Halbjahr wieder Luft holen. In Lokalwährung betrug der Rückgang ca. 3%, sowohl für den Schweizer SPI-Aktienindex, den S&P500 Index für US-Aktien als auch für den MSCI World Index für Weltaktien.
 

Bei den Schweizer Anleihen entwickelte sich der SBI AAA-BBB Index mit +0.06% sehr leicht positiv. Der Geldmarkt und die kurzen Laufzeiten bieten wahrscheinlich immer noch die besten Anlageprofile in einem Umfeld steigender Langfristzinsen.
 

Die Immobilienfonds schnitten mit einer Quartalsperformance von +0.43% etwas besser ab als die Anleihen, so dass der SWIIT-Index für Immobilienfonds Ende September mit einer YTD-Performance von +0.03% wieder in den positiven Bereich zurückkehrte.
 

Die Immobiliengesellschaften profitierten von den Halbjahresergebnissen und konnten sich der Konsolidierung der Aktienmärkte entziehen. Der REAL-Index für Immobiliengesellschaften erzielte somit einen Quartalsgewinn von +4.45%, was einer YTD-Performance von +4.68% entspricht.
 

Der KGAST Index für Immobilienstiftungen erreichte nach acht Monaten eine Rendite von 1.59%. Dies kann mit der durchschnittlichen Performance von 3.19% zum gleichen Zeitpunkt des Jahres in den letzten 25 Jahren verglichen werden.

 

Nachhaltigkeit

 

Die GRESB Berichte 2023 wurden publiziert. Dieses Jahr sind 50 Schweizer Anlagegefässe dabei oder zehn mehr als im Vorjahr. Zusätzlich reichten sieben Anlagegefässe die Daten erstmalig ein und werden nach der «Grace Period» im Oktober 2024 ihren ersten Bericht veröffentlichen. Dieser kontinuierliche Zuwachs führt dazu, dass gemessen an den Assets under Management über 77% der kotierten Immobilienfonds und -gesellschaften sich einer GRESB Bewertung unterziehen. Vor einem Jahr waren es 70%. Wir erwarten eine weitere Steigerung, wenn auch nicht mehr so stark. Von den zehn grössten Fonds fehlen nur noch Edmond de Rothschild Real Estate und La Foncière. Abgesehen von diesen stehen nur noch mittlere und kleine Anbieter abseits. Die drei Immobilienfonds der SFP Group kommunizieren dieses Jahr zum ersten Mal mit jeweils erfreulichen vier Sternen. Bei den Anlagestiftungen konzentrieren sich die GRESB Teilnehmerinnen mehrheitlich auf solche, die auf die Expertise einer Bank oder Versicherung zurückgreifen können.

Wie die folgende Grafik zeigt, entwickelte sich die Anzahl an GRESB teilnehmenden Anlagegefässen in der Schweiz über die vergangenen Jahre erfreulich.
 

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Aufgrund sich tendenziell verschärfender Kriterien sind Vorjahresvergleiche bei GRESB immer mit Vorsicht zu geniessen. Trotzdem lässt sich eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr feststellen und unsere Portfolioselektion führt zu ansprechenden «Scores». Die im Vorjahr eruierten Schwachstellen «Gebäudezertifizierungen» und «Abfall» wurden offensichtlich adressiert und bilden keine Ausreisser mehr. Wie regelmässig erwähnt, wird der Datenqualität von Verbrauchsdaten grosse Aufmerksamkeit beigemessen. Dies führt zu einer klaren Steigerung bei den Kriterien «Treibhausgas» und «Energie». Für die akkurate Beurteilung beider Kriterien setzen wir auf die umweltrelevanten Kennzahlen von AMAS und die «Methodischen Grundlagen» der REIDA CO2-Benchmark. Diverse Anbieter passten ihre Berechnungsmethode an diese Grundlagen an und erhöhen so die Vergleichbarkeit einmal mehr. Diese Datenqualität zusammen mit einer guten Datendichte führen zu aussagekräftigen Kennzahlen. Wir fordern deshalb von den Anbietern, basierend auf diesen fundierten Informationen, verlässliche Emissions-Absenkpfade zu entwickeln.
 

Ausblick

 

Die langfristigen Schweizer Zinssätze scheinen allmählich wieder in Schwung zu kommen. Eine Rückkehr zu den Höchstständen von 2022 könnte bis Ende des Jahres eintreffen. Mit einem Agio von 10.9% bei einem Zinssatz von 1.10% für 10-jährige Bundesanleihen bleiben die Fonds unter ihrem fairen Wert und können einen «kleinen» Zinsanstieg aushalten. Die Fonds scheinen auch im Vergleich zu Anleihen allmählich wieder an Dynamik zu gewinnen. Dies dürfte sich fortsetzen, es sei denn, der Anstieg der langfristigen Zinsen erfolgt zu schnell und schadet erneut der Vermögensallokation.
 

Der kommerzielle Sektor bleibt gedrückt und verkennt die fundamentale Situation des Schweizer kommerziellen Marktes. Zudem ist es schwierig, die Treiber zu finden, die in den nächsten Monaten eine signifikante Änderung dieser Situation herbeiführen werden, abgesehen von einer gewissen Widerstandsfähigkeit im Falle steigender Zinssätze. Positiv ist nach wie vor die Cashflow-Rendite, die bei 4.36% liegt, während sie im Wohnungssektor nur 2.59% beträgt. Im Falle eines Anstiegs der langfristigen Zinssätze sollte der gewerbliche Sektor besser widerstehen können wie im Jahr 2022.
 

Die Kotierung des ZIF Immobilien Direkt Schweiz Fonds im November könnte eine weitere gute Gelegenheit sein, die Anlageklasse zu kaufen, zumal wir in der Zwischenzeit noch einige weitere Kapitalerhöhungen erwarten können.
 

Fazit

 

Nach zwei Jahren der Konsolidierung der Börsenkurse für den indirekten Markt sehen wir endlich eine Anpassung der Immobilienbewertungen durch die unabhängigen Experten. Gleichzeitig verfügt der Direktmarkt über äusserst robuste Fundamentaldaten, die sich in einer starken Nachfrage nach fast allen Arten von Mietflächen widerspiegeln.
 

Dies sollte es dem direkten Markt ermöglichen, im Laufe des Jahres 2024 ein neues Gleichgewicht zu finden. Angesichts der Antizipationsfähigkeit der Finanzmärkte ist es nicht ausgeschlossen, dass der Boden auf dem indirekten Markt schneller gefunden wird, analog zur Konsolidierung, die bereits Mitte 2021 begonnen hatte, während der Rückgang der Immobilienbewertungen durch die Bewerter erst Anfang 2023 einsetzte.

Nicolas Di Maggio

CEO, SFP AG


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  • Nicolas Di Maggio trat 2017 in die Swiss Finance & Property Group ein. Er ist verantwortlich für die Strukturierung und Entwicklung der indirekten Immobilien-Vermögensverwaltung, ist Mitglied der Geschäftsleitung der SFP Gruppe und CEO der Swiss Finance & Property AG.
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  • Vor dem Eintritt in die SFP Gruppe war er über elf Jahre lang bei der Banque Cantonale Vaudoise tätig und zuletzt als Head of Indirect Real Estate für die indirekte Immobilienverwaltung zuständig.
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  • Er ist ein Certified International Investment Analyst (CIIA) und hat einen Master in Wirtschaftswissenschaften mit Spezialisierung in Betriebsführung/Management von der Universität Lausanne, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (HEC).

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