Lausanne West ist eine der Schweizer Regionen, die in den Bereichen Wirtschaft, Demografie und Immobilien am stärksten wachsen. Wer es vor zehn Jahren gewagt hat, in die damalige Industriebrache, die niemand haben wollte, zu investieren, reibt sich heute die Hände und erzielt Renditen von fast 6%.
Jean-François Clément, Gemeindepräsident von Renens, einem historischen Arbeiter- und Industrievorort der Stadt Lausanne, kann seine Freude nicht verhehlen, wenn er von der wirtschaftlichen Wiederbelebung seiner Stadt spricht.
Wie er an der dritten «Journée romande des fonds immobiliers», die Ende September von der IMvestir Partners, einer auf indirekte Immobilien spezialisierten Beratungsfirma, organisiert wurde, erklärte, war die Region in den 90er-Jahren aufgrund der Industriekrise von reihenweisen Unternehmensschliessungen betroffen. Dies hatte einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Verschlechterung der öffentlichen Finanzen zur Folge. Zwar bot das 80 Hektar grosse Brachland von Malley, das sich über die Gemeinden Lausanne, Prilly und Renens erstreckt, mutigen Investoren viele Möglichkeiten, doch standen diese Anleger zugegebenermassen nicht Schlange. Das sei so weit gegangen, dass damals keine Schweizer Bank mehr der Gemeinde vertraute und diese Kredite in Österreich und Bayern aufnehmen musste.
Spektakuläre Wirtschaftserholung
Mittlerweile ist die Situation eine völlig andere: Seit dem Jahr 2000 wurden 20 000 Arbeitsplätze in der Region geschaffen und bis 2040 sollen weitere 20 000 neue Stellen entstehen, da mit 30 000 Zuzügern gerechnet wird.
Wie lässt sich diese doch recht unwahrscheinliche Erholung erklären? Zunächst dadurch, dass die Behörden dieses halb stillgelegte Industriegebiet niemals aufgegeben haben, weil sie fest davon überzeugt waren, dass es eine nicht zu verpassende Chance für die sich entwickelnde Region Lausanne darstellt. Und es blieb nicht bei Lippenbekenntnissen, denn der Kanton, Bund und die Gemeinden haben Subventionen in zweistelliger Millionenhöhe gesprochen.
Dann mussten die Investoren überzeugt werden – und das war kein Kinderspiel, weil die Behörden das industrielle Know-how und damit die Arbeitsplätze in dieser Region zumindest teilweise erhalten wollten. Viele Investoren hätten indes lieber ausschliesslich Wohnliegenschaften gebaut.
Ein Fall aus dem Lehrbuch
Rückblickend war die Sanierung des Industriegebiets ein Fall aus dem Lehrbuch. Nachdem die Behörden vorgängig politische Beschlüsse gefasst hatten, um das Gebiet in Wohn-, Einkaufs-, Kultur-, Sport- oder Industrieviertel zu unterteilen, gelang es ihnen, die Universität Lausanne und die ETHL vor Ort zu holen, sodass ein Kompetenzzentrum entstand, das wiederum Unternehmen überzeugte, sich hier anzusiedeln, insbesondere Start-ups, die heute die wirtschaftliche Lunge des Gebiets darstellen.
Gleichzeitig entstanden im Quartier Kultur- und Sporteinrichtungen, u. a. ein Kino und eine Kunsteisbahn. In der Folge setzte SBB Immobilien ein sehr grosses Immobilienvorhaben um und investierte – verteilt auf vier Komplexe – letztlich fast eine Milliarde Franken in Lausanne West.
Investitionen von SBB Immobilien in Milliardenhöhe
«Für uns war es ein riesiges Projekt, aber wir waren von seinem Potenzial überzeugt. Ein Projekt, das im Vorfeld viel Arbeit erforderte, damit es von der lokalen Bevölkerung mitgetragen wird», erklärt Frédéric Lampin, der bei SBB Immobilien für die Entwicklung von Lausanne West zuständig ist. Er fügt hinzu, dass solche Realisierungen für die SBB unerlässlich sind, da ein Teil der Immobilienerträge zur Finanzierung der Infrastruktur, des Rollmaterials und der Pensionskasse dient.
Gleichzeitig bauten die SBB den Bahnhof Renens aus, der mittlerweile der drittgrösste Bahnhof der Westschweiz ist. Zusätzlich wurde noch ein Tram gebaut, welches das Gebiet mit dem Zentrum von Lausanne verbindet. Damit wurde das Angebot im öffentlichen Verkehr, der für die Attraktivität eines so wichtigen Standorts unerlässlich ist, optimiert.
Gutes Geschäft für die ersten Immobilieninvestoren
Die Wiederbelebung dieses Industriegebiets wäre jedoch ohne die Mitwirkung von Immobilieninvestoren wie Procimmo, die bereits fast 250 Millionen Franken in Lausanne West investiert haben (mit noch laufenden Projekten im Umfang von etwa 100 Millionen Franken) nicht möglich gewesen. Procimmo erwarb 2016 eine ehemalige Buchdruckerei und Buchbinderei, die heute ein Hotel für Unternehmen ist. Die Gesellschaft investierte insgesamt 23 Millionen Franken, von denen etwa zwei Drittel auf die Sanierung entfielen. Die Liegenschaft bietet heute eine Nutzfläche von 8500 m2, die voll belegt ist, und wirft eine Bruttorendite von 5,8% ab.
«Angesichts all der angekündigten Entwicklungsprojekte waren wir schon damals vom Potenzial der Brache von Malley überzeugt», erklärt Richard Dahdah, Fund Manager bei Procimmo.
Leer stehende Gebäude mit viel Potenzial
«Zumal das von uns erworbene Gebäude – obwohl es seit Jahren leer stand – eine wirklich interessante Konfiguration mit grossen, säulenfreien Flächen bot, die sich perfekt an jede Nutzungsart anpassen liessen.»
Kurzum: Was damals ein gewagtes Unterfangen war («aber mit gut kalkulierten Risiken, auch wenn wir zu den ersten grossen Investoren gehörten, die sich auf so ein Vorhaben eingelassen haben», versichert Richard Dahdah), hat sich mittlerweile als grossartige Chance erwiesen. Das Einzige, was Procimmo unter Umständen bedauern könnte, ist, nicht mehr Liegenschaften in diesem Industriegebiet erworben zu haben – allerdings standen damals nicht mehr Gebäude zum Verkauf. «Aber wir prüfen jede sich bietende Gelegenheit sorgfältig, da wir nach wie vor vom Entwicklungspotenzial von Lausanne West überzeugt sind», so Richard Dahdah.
Redaktion-Immoday