Industrieimmobilien bieten ein echtes Potenzial

12/03/2021

Olivier Toublan

Immoday

3 min

Angesichts des krisengeplagten Einzelhandels, der ungewissen Zukunft von Gewerbe- und Büroimmobilien sowie der immer höher steigenden Preise von Wohnimmobilien stellt sich die Frage, in welche Art Fonds für indirekte Immobilienanlagen man heute investieren sollte. Geht es nach dem Leiter Immobilienanlagen bei der Genfer Privatbank Pictet, sollte der Fokus auf Industrieimmobilien liegen.

 

Laut Zsolt Kohalmi, Head of Real Estate bei der Genfer Privatbank Pictet, sollten indirekte Immobilienanlagen nicht länger als ein monolithischer Block betrachten werden (im Wesentlichen Wohnimmobilien mit niedrigen, aber stabilen Renditen). Es gibt heute eine Vielzahl von Anlagevehikeln, die alle Arten von Anlegern zufriedenstellen können. Auch jene, die ihre Rendite steigern wollen, ohne ein zu hohes Risiko einzugehen. Allerdings muss man sich dann auch in exotischere Sektoren wagen, wie zum Beispiel Industrieimmobilien.
 

Herr Kohalmi, wie sehen Sie die verschiedenen Immobilienarten? Der Einzelhandel steckt in der Krise, ist das wirklich so?

Das ist unbestreitbar. Der Einzelhandel gehört schon seit Längerem zu den Verlierern. Die pandemiebedingte Wirtschaftskrise hat den Megatrend des Onlineshoppings noch beschleunigt. Das heisst nicht unbedingt, dass der gesamte Einzelhandel verschwinden wird, aber die Zahl der leeren oder schwer zu vermietenden Läden wird zunehmen und geringere Mieteinnahmen zur Folge haben, was zu einer weniger stabilen Rendite führen wird.
 

Gilt die Analyse angesichts von Homeoffice auch für Büros?

Bei Büroimmobilien verhält es sich anders. Vor sechs Monaten, als sich die Menschen zu Hause verkrochen haben, dachten alle, Homeoffice sei die Zukunft. Aber ein halbes Jahr später stellten sie fest, dass sie zurück ins Büro müssen, um Kollegen zu treffen und eine bessere Balance zwischen Privat- und Berufsleben zu finden. Und dann zeigen alle Studien, dass grosse Innovationen bei spontanen Meetings – meist am Arbeitsplatz – entstehen. In Bezug auf Berufe, in denen eine Zusammenarbeit unabdingbar ist, bin ich überzeugt, dass Büros eine grosse Zukunft vor sich haben. Allerdings wird sich deren Struktur hin zu grösseren, angenehmeren Gemeinschaftsräumen ändern. Dahingegen werden Büros – wie sie für Callcenter genutzt oder in denen Aufgaben isoliert ausgeführt werden – unter den Folgen der jüngsten Ereignisse leiden.

Wie sieht es mit Industrieimmobilien aus?

Ich denke, da gibt es ein echtes Potenzial. Wir haben bereits einige Investitionen in diese Art von Immobilienanlagen im Raum London getätigt. Wie ich bereits sagte, hat die Pandemie eine neue Nachfrage nach Onlinehandel geschaffen. Das bedeutet, dass Lagerhäuser und Logistikstrukturen benötigt werden, um all diese neuen Kunden zu beliefern. Hier bieten sich also grosse Chancen, denn im Moment ist auf dem Markt ein echtes Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage für diese Art von Anlagen zu beobachten.

Und Baugrundstücke?

Hier ist die Lage etwas komplexer, denn man muss viel Geduld mitbringen. Wer eine sofortige und stabile jährliche Rendite wünscht, sollte nicht in diese Art von Immobilien investieren. Denn manchmal dauert es drei, vielleicht sogar zehn Jahre, um z. B. eine Baugenehmigung zu erhalten. Auch kann es während der Bauzeit zu unvorhergesehenen Ereignissen mit einer nicht unerheblichen Auswirkung auf das Budget kommen. Baugrundstücke haben also zweifellos Potenzial, bergen aber auch viele Risiken. Sie sollten Anlegern mit einem langfristigen Anlagehorizont vorbehalten sein.
 

Das Sicherste ist also die gute alte Wohnimmobilie…

In der Tat wird sie weiterhin stabile Renditen abwerfen, auch wenn die Preise insbesondere in der Schweiz bereits recht hoch sind. Aber Vorsicht: Da die Nachfrage nach dieser Art von Immobilien weiter steigt, erhöhen sich die Aufschläge, was sich wiederum auf die Renditen auswirkt, die ohnehin schon niedrig sind und wahrscheinlich weiter sinken werden.

 

Olivier Toublan für Immoday