Kotierte Immobilienfonds: Euphorie hält an

12/02/2024

Olivier Toublan

Immoday

4 min

Da die Zinsen auf 10-jährigen Eidgenossen deutlich unter 1% stagnieren, gewinnen Immobilien wieder an Attraktivität. Ein Beweis dafür ist, dass im Januar die Agios ein weiteres Mal angestiegen sind, und zwar auf 18,5%. Das Transaktionsvolumen hingegen bleibt mit 503 Millionen Franken bescheiden. Die Anleger sind zwar wieder an dieser Anlagekategorie interessiert, bleiben aber zurückhaltend. Sie investieren nur ungern in Immobiliengesellschaften, deren durchschnittliches Agio wiederum negativ ist.

 

Während der grösste Teil des Jahres 2023 für die meisten kotierten Immobilienfonds ein Albtraum war, glichen die Weihnachtsfeiertage und der Beginn des Jahres 2024 einem Tagtraum. Die Agios legten im Januar weiter zu, und zwar auf 18,5%. Dies entspricht einem Anstieg von 1260 Basispunkten in zwei Monaten. So rasant haben sie seit rund zehn Jahren nicht mehr angezogen. Damit haben sie praktisch wieder ihren langfristigen Durchschnitt erreicht, der seit 1990 bei etwas weniger als 19% liegt.
 

Spread verengt sich, bleibt aber günstig für Immobilienfonds 


Innerhalb von zwei Monaten gab es also grosse Veränderungen, die bekanntlich vor allem auf die Entspannung an der Zinsfront zurückzuführen waren. Einerseits gilt als sicher, dass der Zinsanstieg vorbei ist, da die Inflation unter Kontrolle scheint, andererseits rechnen die meisten Anleger für das Jahr 2024 mit einem Rückgang der Zinsen. Damit erhalten automatisch Immobilien Auftrieb. 

Dennoch bleibt die Situation für die Fonds heikel. Denn mit steigenden Kursen sinkt die Ausschüttungsrendite. Diese lag Ende Januar bei 2,6%. Verglichen mit den Zinsen auf 10-jährigen Eidgenossen ist dies nicht enorm. 

Zum Glück für die Fonds verharrten diese Zinsen in den letzten Wochen unter der 1%-Marke. Der Spread von rund 170 Basispunkten spricht somit ganz klar für eine Investition in die kotierten Immobilienfonds. 
 

Situation für Fonds bleibt heikel


Wenn die Fonds jedoch weiter zulegen oder wenn die Zinsen – auch nur geringfügig – steigen, könnte der Spread weniger günstig für die Immobilienfonds ausfallen. Die meisten Experten sind der Meinung, dass dieser über 150 Basispunkten liegen muss, damit sich die institutionellen Anleger für Immobilienfonds und nicht für Obligationen entscheiden. Im Jahr 2019 lag dieser Spread bei 350 Basispunkten, was zum sprunghaften Anstieg der Agios im gesamten Sektor führte. Vor zwei Jahren, also vor dem Anstieg der Zinsen, lag er noch bei 250 Basispunkten.

Nach Ansicht der Experten von Credit Suisse Asset Management liegt der Wendepunkt derzeit bei einem Agio von 22%, sofern die langfristigen Zinsen auf dem aktuellen Niveau von rund 0,9% verharren.
 

Immer noch ein Dutzend Fonds mit einem Disagio


Von der aktuellen Hausse profitieren jedoch nicht alle Fonds. Wie von den Branchenexperten erwartet, wurden die Anleger extrem selektiv. Einerseits bevorzugen sie eine Handvoll Fonds, die als besser verwaltet gelten, stabilere Dividenden abwerfen und ein vielversprechenderes Immobilienportfolio aufweisen, andererseits vernachlässigen sie ein paar andere Fonds, die weiterhin ein Disagio verzeichnen. Beim Helvetica Swiss Commercial und Swiss Central City liegt dieses sogar bei -30%. 

Die wenigen historischen Fonds, die selbst in der tiefsten Krise des Jahres 2023 die Anleger immer noch zu überzeugen vermochten, wie der Immofonds, der Streetbox, der Solvalor 61 oder der La Foncière hingegen sind immer noch Spitzenreiter – mit Agios an oder über der 30%-Marke. Interessanterweise haben die meisten dieser Fonds in den letzten Wochen weniger stark zugelegt als der Durchschnitt. Als ob die Investoren der Meinung wären, dass sie nun weniger Aufwärtspotenzial haben. 
 

Auch Geschäftsimmobilien mit positiven Agios


Die Anleger sind auf andere Fonds wie den CS Ref Livingplus, den Swisscanto Ifca oder den UBS Direct Residential ausgewichen, deren Agios ebenfalls bei 30% oder darüber liegen. Diese haben in den letzten Wochen deutlich besser abgeschnitten als der Durchschnitt, der im Januar bei 2,5% und für die letzten zwölf Monate bei 8% lag. 

Im Jahresvergleich verzeichnete der UBS Direct Urban die beste Performance. Sie belief sich auf 23%, wovon 9% allein im Januar 2024 erzielt wurden – dies bei einem Agio von etwas mehr als 20%.

Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Anleger langsam wieder nach Möglichkeiten ausserhalb der sicheren Häfen suchen, ist die Rückkehr der Agios von Geschäftsimmobilien in den positiven Bereich. Das durchschnittliche Agio des Sektors erreichte mit -10% im Herbst 2023 einen Tiefpunkt und war damit so niedrig wie seit 2009 nicht mehr. Doch auch bei den Geschäftsimmobilien war der Anstieg in den letzten Wochen rasant, schneller als bei den Wohnimmobilien, denn das durchschnittliche Agio der Geschäftsimmobilien liegt heute bei fast 5%. Einige Fonds wie der Schroder Immoplus weisen sogar ein Agio von 10% auf. Dieser Fonds erzielte in den letzten zwölf Monaten eine Performance von mehr als 15% 
 

Hausse bei bescheidenen Investitionsvolumen 


Ein Wermutstropfen ist jedoch, dass die Hausse der letzten zwei Monate bei relativ geringen Investitionsvolumen stattgefunden hat. Diese gingen im Januar im Vergleich zum Dezember 2023 leicht zurück, und zwar auf 503 Millionen Franken. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass die Anleger zwar wieder Gefallen an Immobilienfonds finden, aber immer noch zurückhaltend sind. 

Vor zwei Jahren, also vor dem Anstieg der Zinsen, lag dieses Volumen bei 650 Millionen Franken pro Monat. Der Rückgang ist somit beträchtlich.  

Ein weiteres Zeichen für diese Zurückhaltung ist die durchschnittliche Fremdfinanzierungsquote der kotierten Fonds, die mittlerweile bei rund 23% liegt. Auch wenn dieses Niveau immer noch angemessen und weit von der zulässigen Obergrenze entfernt ist, so ist die Fremdfinanzierungsquote dennoch deutlich gestiegen, lag doch der Wert vor zwei Jahren noch bei 20%. Dieser Anstieg ist darauf zurückzuführen, dass die Fonds in den letzten Monaten Schwierigkeiten hatten, Eigenkapital aufzunehmen, da die grossen Investoren Immobilien mieden.
 

Immobiliengesellschaften profitieren nicht von Euphorie


Das erneute Interesse der Anleger an Immobilienfonds wirkte sich nicht wirklich auf die Immobiliengesellschaften aus. Deren durchschnittliches Agio sank im Januar um 150 Basispunkte auf -0,6%.  

Spitzenreiter unter den Immobiliengesellschaften ist mit einem Agio von nahezu 30% nach wie vor Intershop. Die grosse Mehrheit der Immobiliengesellschaften (10 von den 16, die von Credit Suisse Asset Management analysiert werden) hingegen wird nach wie vor mit einem Disagio gehandelt. 

Selbst der Gigant Swiss Prime Site (Marktkapitalisierung von fast 7 Milliarden Franken; Performance von fast 13% ggü. Vorjahr) weist ein Agio von gerade einmal 2% auf. 

Auch bei den Immobiliengesellschaften gibt es Vehikel, welche die Investoren auch weiterhin meiden, wie Zueblin oder Hiag Immobilien, die immer noch ein Disagio von mehr als 30% aufweisen.
 

Spread zwischen Fonds und Immobiliengesellschaften wird grösser


Wie bei den Fonds ist das monatlich gehandelte Volumen mit 544 Millionen Franken immer noch recht gering. Es ist im Vergleich zum Dezember 2023 leicht zurückgegangen und liegt deutlich unter dem Niveau von 620 Millionen Franken, die vor zwei Jahren, also vor dem Anstieg der Zinsen, zu beobachten waren. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass die Anleger immer noch zurückhaltend sind.

Der Spread zwischen den Agios der Immobiliengesellschaften und denjenigen der Fonds nähert sich der Marke von 2000 Basispunkten an. Historisch gesehen ist dies ein grosser Abstand – zumal dieser Spread vor 18 Monaten praktisch null war. Die unterschiedliche Entwicklung dieser beiden Kategorien von Immobilienvehikeln ist daher umso beeindruckender.

Der einzig positive Punkt für die Immobiliengesellschaften: Die Ausschüttungsrendite ist mit 3,5% deutlich höher als diejenige der kotierten Fonds (2,6%). 
 

 

Olivier Toublan - Immoday.ch