SNB-Zinssenkung: 13 Auswirkungen auf den Markt der indirekten Immobilienanlagen

24/04/2024

Immoday

Olivier Toublan

4 min

Grösseres Interesse der ausländischen Investoren, problemlosere Rücknahmen, wieder gewagtere Projekte, höhere Marktliquidität etc. Neben den offensichtlichen Folgen wird die SNB-Zinssenkung, die das Ende eines Zyklus markiert, in verschiedener Hinsicht Auswirkungen auf den gesamten Markt für indirekte Immobilienanlagen sowie auf den Immobilienbereich ganz allgemein haben.

 

Die SNB-Zinssenkung wird sich in vielfältiger Weise auf den Markt der indirekten Immobilienanlagen auswirken. Einige Folgen sind ganz offensichtlich, wie die geringeren Fremdkapitalkosten, andere eher weniger, wie die Auswirkung auf die ausstehenden Rücknahmeanträge. Wir fragten bei Jonathan Martin, Head of Fund Management bei Edmond de Rothschild REIM (Suisse), nach. In dreizehn Punkten fasst er die Auswirkungen der Zinssenkung zusammen, die das Ende eines Zyklus markiert, der letztlich nicht einmal zwei Jahre gedauert hat.
 

1. Immobilienfonds sind für institutionelle Anleger wieder attraktiver geworden.

 

Der Zinsrückgang bestärkt, dass kotierte Immobiliengefässe für die institutionellen Anleger heute wieder attraktiver sind als Barmittel oder Obligationen, denn der Spread zwischen der durchschnittlichen Ausschüttungsrendite kotierter Fonds und der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen betrug am 24. März 2024 fast 200 Basispunkte.
 

2. Das Interesse ausländischer Investoren an indirekten Schweizer Immobilienanlagen könnte zunehmen.

 

Da die SNB die erste grössere westliche Zentralbank ist, die ihre Zinsen gesenkt hat, könnte dies vorübergehend ausländische Investoren anziehen, zumal der Schweizer Franken mit der Zinssenkung gegenüber dem Euro an Wert verloren hat. Diese Investoren würden zwar nur so lange bleiben, bis sie einen Gewinn erzielt haben, da aber der Markt für indirekte Immobilienanlagen recht illiquide ist, könnte dies die Kurse dennoch nach oben treiben.
 

3. Die Rally ist wahrscheinlich teilweise schon vorüber.

 

Da die Anleger die Zinssenkung erwartet und bereits weitgehend eingepreist hatten, dürfte die dadurch ausgelöste Rally, die in den letzten Monaten bei den kotierten Immobilienfonds zu beobachten war – ihr durchschnittliches Agio ist in den vergangenen vier Monaten um etwa 15% gestiegen –, wahrscheinlich grösstenteils bereits vorüber sein. 
 

4. Bei den Immobilienvehikeln sinken die Fremdkapitalkosten.

 

Der Entscheid der SNB wird zur Folge haben, dass der SARON-Zinssatz und auch die Zinssätze für mittel- und langfristige Hypotheken zurückgehen werden, obwohl der Markt auch hier viel schon eingepreist hat. Dies wird die Fonds in der Refinanzierungsphase entlasten und letztlich die Fremdkapitalkosten für alle Immobilienvehikel verringern.
 

5. Der Druck auf in Schwierigkeiten geratene Fonds nimmt ab.

 

Für mehrere notleidende Fonds, die dringend eine Finanzierung benötigten, haben sich die Aussichten aufgehellt. Kapitalerhöhungen scheinen bei den Anlegern wieder auf Interesse zu stossen und die Hypothekarzinsen sind rückläufig. Eine Refinanzierung – ob am Markt oder bei den Banken – wird also sowohl einfacher als auch billiger. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Anleger weiterhin so wählerisch sein werden wie in den letzten beiden Jahren.
 

6. Rücknahmeanträgen kann leichter entsprochen werden.

 

Bei mehreren Fonds, die seit langem ein Disagio aufweisen, stapeln sich die ausstehenden Rücknahmeanträge, wie dies seit Jahren nicht mehr der Fall war. Der Anstieg der Immobilienpreise, der wahrscheinlich auf die Zinssenkung folgen wird, dürfte ihnen Erleichterung verschaffen. Um die Anteile zurückzuzahlen, werden sie zwar nach wie vor gezwungen sein, Immobilien zu verkaufen, aber zu einem höheren Preis als noch vor wenigen Monaten zu erwarten war.
 

7. Bei den soliden Fonds änderte sich durch die Zinssenkung nicht viel.

 

Die institutionellen Anleger haben kalte Füsse bekommen und in den letzten zwei Jahren kaum mehr Neuinvestitionen in Immobilienanlagen getätigt. Sie sind aber nicht ganz aus dem Sektor ausgestiegen, sondern haben ihre Positionen von vor dem Zinsanstieg mehr oder weniger beibehalten. Vor allem den solidesten Fonds blieben sie treu. Daher ist die vom Markt weitgehend bereits eingepreiste Ankündigung der SNB für diese Fonds quasi ein Nichtereignis.
 

8. Auf dem Markt sind wieder gewagtere und originellere Projekte zu finden.

 

Für den Markt für indirekte Immobilienanlagen bedeutet die Zinssenkung zusammen mit dem gestiegenen Vertrauen der Anleger auch, dass wieder gewagtere und originellere Projekte lanciert werden können, wenn die Nachfrage nach Immobilienanlagen steigt.
 

9. An den nicht kotierten Fonds wird sich zeigen, wie gesund der Markt tatsächlich ist.

 

Die Immobilienvehikel haben ihren Optimismus zurückgewonnen, das zeigt sich daran, dass sie in den vergangenen Wochen wieder mehr Kapitalerhöhungen durchgeführt haben. Einige, die von grossen, renommierten Fonds angekündigt wurden, sind angesichts des wiedererwachten Appetits der Anleger auf Immobilienanlagen praktisch risikofrei. Bei den Vehikeln, die neu auf den Markt kommen oder bei Fonds, die sich in Schieflage befinden und versuchen, sich neues Kapital zu beschaffen, stellt sich die grosse Frage, ob die institutionellen Anleger darauf eingehen werden. Um zu wissen, wie gesund der Markt tatsächlich ist, müssen nach Abschluss dieser Kapitalerhöhungen und Markteinführungen deren Ergebnisse – insbesondere diejenigen der nicht kotierten Fonds und Anlagestiftungen –analysiert werden.
 

10. Eine mögliche Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes wird bis 2025 keine Auswirkungen auf die Fonds haben.

 

Sollte die SNB die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte erneut senken, wie das mittlerweile vom Markt weitgehend erwartet wird, ist es wahrscheinlich, dass auch der hypothekarische Referenzzinssatz sinken wird. Dann kommen diejenigen Mieten unter Druck, die an diesen Referenzzinssatz gekoppelt sind. Damit ist jedoch erst in 12 bis 18 Monaten zu rechnen, die Immobilienfonds haben also Zeit sich darauf vorzubereiten.
 

11. Die Zinssenkung wirkt sich positiv auf die Liquidität am Markt für Immobilienanlagen aus.

 

Die niedrigeren Zinsen werden sich auch positiv auf den Transaktionsmarkt für Immobilien auswirken. In einem Markt mit grösserer Liquidität und höherem Transaktionsvolumen werden die Immobilien an Wert gewinnen. Das macht sie für die Investoren interessanter, denn paradoxerweise kaufen sie oft lieber, wenn der Markt steigt, und zögern, Gelegenheiten zu ergreifen, wenn er fällt. Dies wird den Druck auf die Renditeobjekte, der in den vergangenen anderthalb Jahren zu beobachten war, etwas mildern.
 

12. Der Zinsrückgang wird dem gesamten Immobiliensektor Auftrieb geben.

 

Mit günstigeren Finanzierungen, sinkenden Hypothekarzinsen, ebenfalls sinkenden Energiepreisen und einer kontrollierten Inflation stehen die Zeichen gut, dass die Anleger ihre abwartende Haltung im Immobiliensektor aufgeben werden. Die derzeitigen Bedingungen dürften dazu führen, dass neue Projekte, die in den letzten beiden Jahren auf Eis gelegt worden waren, vermehrt in Angriff genommen werden. Davon werden der gesamte Sektor und alle Berufsgruppen profitieren.
 

13. Mit den Schnäppchen am Immobilienmarkt wird es wahrscheinlich vorbei sein. 

 

Eine Reihe von Fonds, die noch über die entsprechenden Mittel verfügten, konnten in den letzten beiden Jahren auf dem Immobilienmarkt sehr gute Geschäfte machen, weil die Preise fielen und die Eigentümer unter Druck standen, ihre Gebäude schnell zu verkaufen. Da die Immobilienpreise bei sinkenden Zinsen wieder steigen dürften, ist es mit diesen Schnäppchen wahrscheinlich vorbei. Schliesslich wird es sein, wie es bei jeder Krise ist: Einige werden gestärkt, andere geschwächt daraus hervorgehen.
 

Olivier Toublan - Immoday.ch