Zehn Jahre nach ihrer Einführung sorgt die Lex Weber für weniger Mietwohnungen

22/03/2023

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

Das Bundesgesetz über Zweitwohnungen hat unerwartete Folgen mit sich gebracht. So verschärft es beispielsweise den Mangel an Mietwohnungen in touristischen Gemeinden. Und hat inzwischen dazu geführt, dass das Angebot unter dem nationalen Durchschnitt liegt und sogar niedriger ist als in Grossstädten wie Zürich oder Genf.

 

Als im März 2012 über das Zweitwohnungsgesetz abgestimmt worden war, hatte die Immobilienbranche den Atem angehalten. Die angekündigte Katastrophe, vor allem in den Tourismusorten, ist zwar ausgeblieben, aber die Lex Weber zeigt dennoch negative und teilweise unerwartete Folgen. Etwa den Mangel an Mietwohnungen in den betroffenen Gemeinden. Zu diesem Schluss kamen zumindest die Ökonomen von Wüest Partner in einer aktuellen Studie. 
 

Dabei gingen sie zunächst von folgender Feststellung aus: Der Mangel an Mietwohnungen existiert nicht nur in dicht besiedelten Talregionen, sondern auch in vielen touristischen Gemeinden. «Einige Destinationen wie Zermatt, Scuol, Saanen oder Davos verzeichnen eine Angebotsquote an Mietwohnungen, die deutlich unter dem bereits niedrigen nationalen Durchschnitt liegt und sogar noch schwächer ist als diejenige der Grossstädte Zürich und Genf.» Was für die einheimische Bevölkerung und viele Saisonarbeiter zur Folge hat, dass es für sie schwierig geworden ist, eine Wohnung zu finden, die ihren Mitteln entspricht. 

 

Die Lex Weber hat die Anzahl neuer Mietwohnungen reduziert  
 

Ausgehend von dieser Feststellung wollten die Ökonomen von Wüest Partner herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einführung der Lex Weber und dem starken Rückgang des Mietwohnungsangebots in den Tourismusgemeinden gibt. Bekanntlich ist seit der Einführung des Gesetzes der Bau neuer klassischer Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von mehr als 20 % verboten. Was in vielen touristischen Gemeinden konkret dazu geführt hat, dass diese Art von Bauten gänzlich eingestellt wurde. Während für die Bauherren die angekündigte Apokalypse ausblieb – sie verlegten sich auf Renovationen –, hat die besagte Lex Weber sehr wohl zu unerwarteten Kollateralschäden beim Bau von Mietwohnungen geführt. 
 

Wie Wüest Partner erklärt, hatten viele Gemeinden (wie Sils oder Crans-Montana) vor Inkrafttreten des Gesetzes den Bau von Zweitwohnungen nur erlaubt, wenn ein Teil der neu gebauten Objekte als Hauptwohnsitz verkauft oder vermietet worden war. Diese Regelung war für den Bau von Mietwohnungen förderlich.  «Das Bauverbot für Zweitwohnungen hat die Schaffung von Mietwohnungen über die Quersubventionierung von Zweitwohnungen und Mietwohnungen unmöglich gemacht.» 

 

Eine konkrete deutliche Auswirkung 
 

So viel zu dieser Vermutung. Und wie zur Bestätigung zeigt die Marktbeobachtung tatsächlich, dass «die Gesuche und Baubewilligungen für Mietwohnungen in den nicht von der Lex Weber betroffenen Gemeinden in den Jahren nach ihrer Einführung weiter zunahmen, wohingegen sie in den betroffenen Gemeinden stagnierten». 
 

Anschliessend versuchten die Spezialisten von Wüest Partner, die Auswirkung der Lex Weber auf der Grundlage eines statistischen Modells zu quantifizieren. Ihre Ergebnisse weisen darauf hin, dass es tatsächlich «einen negativen und signifikanten differentiellen Effekt der Lex Weber auf die Bautätigkeit in den betroffenen Gemeinden im Vergleich zu den nicht betroffenen Gemeinden» gibt. Im Wesentlichen werden dort nun 40 % weniger Baubewilligungen für Mietwohnungen erteilt. Dies war eindeutig nicht vom Gesetz beabsichtigt, ist aber dennoch eine seiner Folgen. 

 

Olivier Toublan, Immoday