L-QIF – eine Anlagegelegenheit

26/04/2022

Jean-Sébastien Lassonde / David Violi

PwC Switzerland

3 Min

 

Die Schweiz hat sich zu einem soliden Standort für Asset Management entwickelt. Dennoch ist es ihr bislang noch nicht gelungen, als Domizilland für kollektive Kapitalanlagen (Fonds) internationale Bedeutung zu erlangen wie Luxemburg – dies nicht nur aus steuerlichen Gründen und wegen des erschwerten Zugangs zum europäischen Markt, sondern auch weil die für die Fondsbranche in der Schweiz verfügbaren Strukturen nicht flexibel genug waren und stets einer Genehmigung der FINMA bedurften. Um diese Nachteile auszugleichen, hat die Schweiz beschlossen, die neue Fondskategorie Limited Qualified Investor Fund (L-QIF) zu lancieren.

 

Der L-QIF zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er kein Genehmigungsverfahren der FINMA durchlaufen muss. Dies hat den Vorteil, dass die Markteinführungszeit verkürzt wird und die Kosten gesenkt werden. Obwohl der L-QIF nicht direkt der Aufsicht der FINMA unterliegt, wird er indirekt über ein Finanzinstitut beaufsichtigt, das der prudenziellen Aufsicht untersteht und an der Verwaltung des Fonds beteiligt sein muss. Da es sich um einen weniger stark regulierten Fonds handelt, ist er ausschliesslich qualifizierten Anlegern vorbehalten.

 

Der L-QIF bietet sich aufgrund seiner Eigenschaften als Vehikel für Immobilienentwicklungsprojekte und Immobilieninvestitionen an. Diese neue Fondskategorie wurde nicht ausschliesslich für Immobilienfonds geschaffen; es bestehen grundsätzlich keine Beschränkungen in Bezug auf die zulässigen Anlagen. Dies gilt selbst dann, wenn die Struktur des L-QIF ausschliesslich zum Strukturieren und Agieren am Immobilienmarkt genutzt wird. In der Praxis hat ein Entwickler oder ein Investor so die Möglichkeit, die Entwicklung von Immobilienprojekten mit Immobilienbesitz zu kombinieren. Dank der Flexibilität, die ein L-QIF in Bezug auf die zulässigen Investitionen bietet, kann dieser Fonds sehr unterschiedliche Arten von Anlagen halten – sowohl was deren Klassifizierung (z. B. Immobilien vs. andere Anlagekategorien) als auch deren Laufzeit (Strukturieren und Halten einer Anlage während der Phase der Immobilienentwicklung vs. Halten einer reifen Immobilienanlage auf lange Sicht) betrifft. Darüber hinaus kann ein L-QIF dafür verwendet werden, wenige Anlagen oder Anlagen mit einer hohen Risikokonzentration zu halten.

 

Da der L-QIF ohne das Eingreifen der FINMA lanciert werden kann, können Immobilienakteure bzw. Immobilienentwickler rasch über die Strukturen verfügen, die sie für Immobilienprojekte und Immobilieninvestitionen benötigen. Zu guter Letzt ist vorgesehen, dass ein traditioneller Fonds unter bestimmten Bedingungen in einen L-QIF umgewandelt werden kann und umgekehrt. Es könnte somit interessant sein, den L-QIF zu nutzen, um ein Immobilienentwicklungsprojekt zu halten, und diesen dann in eine andere Kategorie von Fonds umzuwandeln, um die Immobilien langfristig zu halten.

 

Nach mehreren aufeinanderfolgenden Wellen regulatorischer Verschärfungen stellt der L-QIF eine willkommene regulatorische Entlastung dar und eröffnet sowohl der Schweizer Asset-Management-Branche als auch den Anlegern neue Möglichkeiten. Im Immobilienbereich bietet der L-QIF neue Möglichkeiten, um Entwicklungsprojekte zu strukturieren und Immobilienanlagen zu halten. Der Erfolg des luxemburgischen RAIF gibt Anlass zu grossen Hoffnungen für den Neuling in der Fondsbranche. Bis September 2023 werden die Bestimmungen über den L-QIF im Prinzip in Kraft sein. Dann kann dieses neue Instrument in der Praxis genutzt werden und sein Potenzial unter Beweis stellen.

 

Jean-Sébastien Lassonde / David Violi

PwC Switzerland, COPTIS-Mitglied

 

Der Artikel erschien in der Zeitung 24 heures vom 16. März 2022.

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