Gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) liegt das Durchschnittsalter der Gebäude in der Schweiz im Jahr 2024 bei über 40 Jahren. Etwa 23 % der schweizerischen CO2-Emissionen stammen von Gebäuden. Aktuell werden 57 % der Wohngebäude in der Schweiz noch mit fossilen Energieträgern wie Heizöl und Erdgas beheizt. Um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, steht in den nächsten 25 Jahren noch viel Arbeit bevor.
«Mittel- und langfristig sind Investitionen in die Zukunftsfähigkeit von Immobilien wirtschaftlich und ökologisch vorteilhaft und werden vor allem für institutionelle Anleger zum Wettbewerbsfaktor», sagt Michel Burgunder, Leiter Romandie von Nova Property Fund Management.
Michel Burgunder, ist Nachhaltigkeit wirklich eine Herausforderung für Schweizer Immobilien?
Die Gebäudestatistik zeigt eine klare Entwicklung: Die überwiegende Mehrheit der Wohngebäude wurde vor 2001 gebaut. Das Durchschnittsalter der Gebäude in der Schweiz liegt bei über 40 Jahren. Von den 1.8 Mio. Gebäuden mit Wohnnutzung, werden ca. 2/3 mit fossilen Energieträgern, wie Heizöl und Erdgas, beheizt. Bis zur Bauperiode 1991-2000 waren Heizöl und Erdgas noch die am häufigsten verbauten Hauptenergiequellen in Gebäuden.
Viele Immobilieninvestoren stehen daher vor der Herausforderung, die sogenannte ESG-Integration wirtschaftlich umzusetzen und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit und Immobilien zu erfüllen.
Trotz dieser Herausforderungen befindet sich die Transformation im Gebäudebereich hin zu erneuerbaren Energieträgern, wie Wärmepumpen, Pelletheizung, Solar und Fernwärme im vollen Gang. Erfreulich ist z.B. der Einsatz von klimaneutralen Wärmepumpen, die ab der Bauperiode 2011-2022 mit 72% die häufigste Hauptenergiequelle in Wohngebäuden sind. Zudem wirkt sich das Verbot von neuen Ölheizungen in vielen Kantonen positiv auf die Klimabilanz im Gebäudesektor aus.
Die Herausforderungen bleiben dennoch bestehen, denn Fachkräfte und Know-how werden auch zukünftig entscheidende Erfolgsfaktoren sein.
Wie sieht der Nachhaltigkeitsansatz von Nova Property Fund Management in der Praxis aus?
Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil aller Anlagestrategien der von uns verwalteten Anlagegefässe. Neben der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit mit stabilem Wachstum und Rentabilität sowie ökologischer Nachhaltigkeit ist für uns die ESG-Integration über die gesamte Immobilienwertschöpfungskette ein entscheidender Erfolgsfaktor. Darüber hinaus fokussieren wir auf ein engagiertes Stakeholder Management, vor allem im Austausch mit Mietenden, Investoren, Gemeinden und sonstigen Anspruchsgruppen. Das ESG-Risiko-Management gewinnt zunehmend an Bedeutung und ist ebenso wie Innovation und Digitalisierung eine wichtige Säule unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Wie können Sie diese Ambitionen in die Tat umsetzen und wie gelingt es Ihnen, Investoren zu überzeugen?
Wir haben in den letzten Jahren intensiv daran gearbeitet, unser Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und alle Mitarbeitenden, Partner und Investoren in unsere Nachhaltigkeitsziele einzubeziehen.
Investoren sind von unserer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategieansatz für die verwalteten Anlagegefässe überzeugt, der sich auf eine sehr effiziente und wirtschaftliche Umsetzung der ESG-Integration konzentriert. Alle Nachhaltigkeitsinitiativen werden auf ihre Rentabilität überprüft, d.h. sie müssen nicht nur ökologisch sinnvoll sein, sondern wirtschaftlich Mehrwert bieten.
Wir sind davon überzeugt, dass sich Nachhaltigkeitsinvestitionen lohnen, weil wir damit das Rendite-Risiko-Profil der Liegenschaften und des Gesamtportfolios optimieren. Ein saniertes Gebäude mit hoher Energieeffizienz und tiefen CO2-Emissionen ist auf dem Immobilienmarkt gefragter, da sich der zukünftige Eigentümer weniger um energetische Sanierungen und regulatorische Anforderungen kümmern muss.
Wie gehen Sie hier genau vor?
Für die Bestandsportfolien schaffen wir zunächst Transparenz über die Energieeffizienz, die CO2-Emissionen und die relevanten Energieträger, um den Energiemix eines Gebäudes und den Anteil der erneuerbaren Energien festzustellen.
Mit spezifischen Betriebsoptimierungsmassnahmen verbessern wir die Energieeffizienz und reduzieren die klimaschädlichen CO2-Emissionen. Langfristige und überwiegend kapitalintensive Sanierungsmassnahmen nehmen wir in unseren Investitionsplan auf, um den optimalen Zeitpunkt der Renovation zu planen und umzusetzen. Dadurch erreichen wir signifikante Wertsteigerungen der Gebäude und können die Betriebskosten für die Mieterschaft dauerhaft reduzieren.
Sie haben die Nachhaltigkeitskompetenzen weiter ausgebaut. Was sind aus ihrer Sicht die entscheidenden Erfolgsfaktoren?
Mit unserem Nachhaltigkeitsteam fokussieren wir uns auf die ESG-Integration über die gesamte Immobilienwertschöpfungskette. Zusammen mit unserem Portfolio- und Asset Management Team werden die Nachhaltigkeitsziele auf Objekt- und Portfolioebene definiert.
Zu unseren Kerninitiativen im Bereich Nachhaltigkeit zählt unser sogenanntes «3-Säulen-Modell». Hierbei setzen wir auf (1) Label und Zertifizierungen; (2) Energieeffizienz und CO2-Reduktion sowie auf (3) Benchmarking und Reporting.
Wir haben den Anspruch, Nachhaltigkeit mit Hilfe von messbaren Indikatoren, wie Energie, CO2, Wasser, Abfall und Anteil erneuerbarer Energien systematisch zu erfassen. Unser Ziel ist Netto-Null bis 2050 zu erreichen und auf dem Weg dorthin die Energieeffizienz in unserem Portfolio weiter zu optimieren und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben.
Wie realistisch ist es, die Ziele der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen?
Die Entwicklung der CO2-Emissionen für den Gebäudesektor zeigt, dass die Dekarbonisierung funktioniert. Von allen Sektoren in der Schweiz verläuft die CO2-Reduktion im Gebäudesektor seit 1990 am schnellsten. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Entscheidend ist jedoch, die richtigen Massnahmen zu ergreifen. Wir haben die für die CO2-Bilanzierung entscheidende Scope-Methodologie [1] der direkten und indirekten Emissionen fest im Blick. Der zunehmende Einsatz von Wärmepumpen, Photovoltaik und Pelletheizungen reduziert die direkten Scope 1 Emissionen, während wir die indirekten Scope 2 Emissionen gezielt durch den Anschluss an Fernwärme und klimaneutraler Elektrizität sicherstellen. Für unser gesamtes Portfolio haben wir den Energie- und Strombezug zentralisiert und vollständig auf Ökostrom umgestellt. Das kommt der Ökobilanz zugute und die Mieterschaft profitiert von deutlich tieferen Betriebsnebenkosten.
Mit unserem klaren Fokus auf Energieeffizienz, CO2-Reduktion und Ausbau der erneuerbaren Energien haben wir gute Chancen, die Transformation zu Netto-Null erfolgreich zu gestalten.
Welche Möglichkeiten sehen sie, neben den Nachhaltigkeitsinitiativen Mehrwert für die verwalteten Portfolien zu schaffen?
Wir generieren Mehrwert, indem wir strukturiert prüfen, mit welchen Massnahmen eine Aufwertung von Liegenschaften gelingt. Hierzu zählt z.B. eine Nachverdichtung, eine Nutzungsänderung oder Umgestaltung des Gebäudes. Gleichzeitig rufen wir zu Ausschreibungen mit Machbarkeitsstudien von Baufachleuten auf, deren Know-how anerkannt ist. Jedes unserer Gebäude wird in der Tat als echtes Bauprojekt betrachtet, mit dem Ziel, einen hohen Mehrwert zu generieren.
Immoday.ch-Redaktion