Immobilienfonds und Handänderungssteuer: Ist beim Übergang eines Grundstücks eines Immobilienfonds auf einen anderen, von derselben Fondsleitung verwalteten Immobilienfonds die Handänderungssteuer zu entrichten? Das Waadtländer Kantonsgericht sagt Ja.

24/02/2021

Thierry De Mitri

De Mitri Conseils SA

4 min

Die handänderungssteuerlichen Auswirkungen eines Fondsleitungswechsel sind eine der grossen Fragen, welche die Akteure im Immobilienfondsbereich beschäftigt. Mit der Frage, ob beim Eigentümerwechsel eines Grundstücks zwischen zwei Immobilienfonds, die von derselben Fondsleitung verwaltet werden, die Handänderungssteuer anfällt, haben sich die Gerichte bisher hingegen noch nicht befasst. Im Entscheid vom 23. Juli 2020 (FI.2018.0207) sagt die verwaltungs- und öffentlich-rechtliche Abteilung des Waadtländer Kantonsgerichts Ja. Dieses Urteil wird bei wirtschaftlichen Handänderungen zweifelsohne wegweisend sein.

 

Wie jedermann weiss, haben vertragliche Immobilienfonds keine Rechtspersönlichkeit. Sie stellen in Wirklichkeit einen dreiseitigen Vertrag zwischen Fondsleitung, Anlegern und Depotbank dar. Formal ist die Fondsleitung die rechtliche Eigentümerin des von den Anlegern anvertrauten Vermögens. In diesem Zusammenhang sieht Artikel 86 Absatz 2bis der KKV vor, dass die Grundstücke auf den Namen der Fondsleitung unter Anmerkung der Zugehörigkeit zum Immobilienfonds im Grundbuch einzutragen sind. Allerdings werden beim Konkurs der Fondsleitung die Sachen und Rechte, die zum Anlagefonds gehören, zugunsten der Anlegerinnen und Anleger abgesondert (Art. 40 Abs. 1 FINIG).

 

Vor diesem Hintergrund gilt gemeinhin, dass die Fondsleitung das Fondsvermögen treuhänderisch für die Anleger verwaltet. Die Fondsleitung ist formal zwar die Eigentümerin der Grundstücke des Immobilienfonds, es handelt sich jedoch um treuhänderisches Eigentum.
 


Aus steuerrechtlicher Sicht wollte der Gesetzgeber den Immobilienfonds zum Steuersubjekt erheben, damit das Grundstück steuerlich nicht der Fondsleitung, sondern dem Anlagefonds selbst angerechnet wird. Somit besteht eine gewisse Diskrepanz zwischen Rechts- und Steuerwirklichkeit. Wie das Kantonsgericht feststellt, ist die Fondsleitung lediglich eine Vermögensverwalterin.
 

In dem Fall, über den das Gericht zu befinden hatte, machte die beschwerdeführende Partei, eine Fondsleitung, geltend, der Übergang eines Grundstücks eines Immobilienfonds, den sie verwaltet, auf einen anderen Immobilienfonds, mit dessen Verwaltung sie ebenfalls betraut ist, unterliege nicht der Handänderungssteuer, da im Grundbuch keine Handänderung vorgenommen werde. Es steht indes fest, dass die beiden Immobilienfonds ganz unterschiedliche Investoren haben.

 

Das Gericht weist darauf hin, dass die Waadtländer Steuerbehörden in der Praxis auf die Handänderungssteuer verzichten, wenn eine neue Fondsleitung in das Grundbuch eingetragen wird und der Anlegerkreis derselbe bleibt. Es liege zwar ein formaler Eigentumsübergang vor, doch werde aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen keine Steuer erhoben, da es sich lediglich um einen Wechsel des Dienstleisters handle.

 

Das Gericht teilt diese Auffassung und ist deshalb der Meinung, dass es keinen Grund dafür gibt, nach einem entgeltlichen Übergang eines Grundstücks eines Anlagefonds auf einen anderen nur deshalb auf die Handänderungssteuer zu verzichten, weil die Fondsleitung dieselbe bleibt, während bei einem Eigentümerwechsel zwischen zwei Immobilienfonds mit unterschiedlichen Fondsleitungen die Handänderungssteuer erhoben wird. In den Augen des Gerichts käme es einer Ungleichbehandlung gleich, wenn von dieser Handänderungssteuer abgesehen würde.

 

Das Kantonsgericht wendet bei dieser Steuer mit formalem Charakter somit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Es hält fest, dass es dies nur ausnahmsweise tut. Dies hänge mit dem besonderen Kontext der kollektiven Kapitalanlagen und der quasitreuhänderischen Beziehung zwischen Fondsleitung und Anlegern zusammen.

 

 

Analyse

Wie zuvor erwähnt, stellt die Erhebung der Handänderungssteuer beim Fondsleitungswechsel häufig ein Problem dar, das von Kanton zu Kanton anders gelöst wird. Während einige Kantone (z. B. der Kanton Genf) eine Handänderungssteuer oder Eintragungsgebühr erheben, sobald sich die Fondsleitung ändert, haben sich andere – wie beispielsweise der Kanton Waadt – für eine Praxis entschieden, die der wirtschaftlichen Realität der Immobilienfonds eher entspricht. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Waadtländer Steuerbehörden der Auffassung waren, dass der Eigentumsübergang zwischen zwei Immobilienfonds, die von derselben Fondsleitung verwaltet werden, deren Anleger sich aber unterscheiden, eine Transaktion darstellt, die wirtschaftlich der Handänderungssteuer unterliegen muss.

 

Unseres Wissens wurde der Fall nicht ans Bundesgericht weitergezogen. Daher kann diese Rechtsprechung als Grundlage für handänderungssteuerpflichtige wirtschaftliche Handänderungen erachtet werden, auch wenn diese Steuer einen sehr formalen Charakter aufweist. Dieser Rechtsprechung ist im konkreten Fall zwar beizupflichten, sie sollte unseres Erachtens aber nicht für alle Arten wirtschaftlicher Transaktionen im Immobilienbereich massgeblich sein – zumindest nicht ohne eine grundlegende Änderung des Gesetzes. Andernfalls würde dies bei vielen Transaktionen (z. B. bei Sale-and-Leaseback-Transaktionen) zu Unsicherheiten führen.

Wir bleiben dran ...

Thierry De Mitri hat einen Abschluss in Jura und HEC und verfügt über 20 Jahre Erfahrung als qualifizierter Steuerexperte.

Derzeit arbeitet er als Steuerberater in seiner eigenen Kanzlei und hilft seinen Mandanten bei der Lösung spezifischer Steuerprobleme im privaten und gewerblichen Bereich, die sich auf die schweizerische und internationale Besteuerung beziehen.

Parallel zu seiner selbständigen Tätigkeit ist Thierry De Mitri auch als Dozent an verschiedenen Institutionen, als Unternehmensleiter und als regelmäßiger Referent bei Seminaren zu aktuellen Steuerthemen tätig.