Alexandre Baettig von Acanthe: «Ein effizienter Markt benötigt eine Vielzahl von Akteuren»

20/06/2023

Immoday 

Olivier Toublan

4 Min

Wenn die Fusion vollzogen ist, werden die Fonds der Credit Suisse und der UBS eine Quasi-Monopolstellung am Markt für verbriefte Immobilienanlagen haben. Im Idealfall sollte man eine solche Situation gar nicht erst entstehen lassen. Der Markt benötige eine Vielzahl von Akteuren, die für einen ausreichenden Wettbewerb zwischen den Anlageprodukten sorgen, so Alexandre Baettig, Leiter des Immobilien-Asset-Managements bei Acanthe – dies umso mehr, als die UBS-Fonds dank ihrer Grösse über einen Wettbewerbsvorteil verfügen würden, mit dem man kaum mithalten könnte.

 

«Wenn der UBS alle grossen Schweizer Immobilienfonds gehören, dann nimmt sie nicht mehr nur eine dominante, sondern eine ultradominante Marktstellung ein, was besorgniserregend ist», meint Alexandre Baettig, Leiter des Immobilien-Asset-Managements bei Acanthe, einer auf Immobilienbewertungen und Marktanalysen spezialisierten Firma, deren Co-Direktor er ist, und stellvertretender Direktor der Immobilienanlagestiftung Lithos.
 

«Gemäss unserer jüngsten Studie (Observatoire 2022) macht die kumulierte Marktkapitalisierung der Fonds von UBS und Credit Suisse fast 60% aller börsenkotierten Fonds aus». Übrigens gehören die fünf grössten Immobilienfonds der Schweiz – d. h. UBS SWISS SIMA, CS REF LIVING PLUS, CS REF SIAT, CS REF GREEN PROPERTY, UBS SWISS ANFOS – entweder der UBS oder der Credit Suisse. 

 

Vormachtstellung in vielen Sektoren 
 

Allein diese fünf Fonds haben laut Alexandre Baettig einen Marktanteil von rund 45%. Zudem stehe der Fonds UBS SWISS SIMA kurz davor, einen historischen Schwellenwert in der Schweiz zu erreichen. Seine Kapitalisierung werde vorbehaltlich eines Kurssturzes an der Börse demnächst die 10-Milliarden-Franken-Marke knacken, falls dies nicht schon geschehen sei, was allein fast 20% des Marktes ausmache.  
 

Damit werde sich die Situation bei den verbrieften Immobilienanlagen angesichts der «Marktmacht des Kolosses, zu welchem die UBS nach der Übernahme wird», nicht wesentlich von derjenigen bei allen anderen Bank- und Finanzgeschäften unterscheiden. Eine Folge davon werde eine Situation sein, die nicht unbedingt gesund ist. Das Angebot an Anbietern werde sich verringern, mit dem zugrunde liegenden Risiko, dass die UBS eine monopolähnliche Stellung haben wird.

 

Zusammenlegungen von Immobilienfonds wären keine grosse Überraschung 
 

Für den Co-Direktor von Acanthe wäre es keine grosse Überraschung, wenn die UBS einige Fonds, die ähnliche Anlagestrategien verfolgen, zusammenlegen würde. «Die so geschaffenen Fonds könnten aufgrund ihrer Grösse ihre Betriebskosten (TER) noch weiter optimieren, was ihnen einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil verleihen würde, mit dem man kaum mithalten könnte. Darüber hinaus werden die Portfolios sicherlich von Synergien beim Management profitieren, die sich letztlich positiv in den Ergebnissen der jeweiligen Fonds niederschlagen werden.»
 

Dies könnte zur paradoxen Situation führen, dass Investoren zwar eine geringere Auswahl haben, dafür aber zu attraktiveren Konditionen. Für die neue UBS wäre dies interessant, für ihre Konkurrenten indes weniger. «Diese neue Situation, sollte sie sich langfristig einstellen, wäre für den Bereich der verbrieften Immobilienanlagen ungesund, da sie nicht nur ein hohes Risiko für einen Riss zwischen den UBS-Fonds und den anderen bärge, sondern auch zu einem Klumpenrisiko bei einem und demselben Fondsanbieter führen würde.»

 

Die FINMA muss dafür sorgen, dass die Spielregeln eingehalten werden
 

Was also sollte man tun? «Idealerweise sollte man eine solche problematische Situation gar nicht erst entstehen lassen, um mangelnde Diversifizierung, aber auch ein Image-Risiko für die verbrieften Immobilienanlagen bei den Investoren zu vermeiden.» Alexandre Baettig ist sich jedoch bewusst, dass die Wiederherstellung einer ausreichenden Diversität an Anlagen keine leichte Aufgabe ist an einem so unbeweglichen Markt wie dem Immobilienmarkt. Die bürokratischen Hürden bei der Lancierung solcher Produkte würden ebenfalls ein Hindernis für neue Akteure in diesem Bereich darstellen.
 

Zu guter Letzt ist er der Auffassung, dass die FINMA ihre Rolle als Aufsichtsbehörde wahrnehmen und sicherstellen muss, dass die Spielregeln eingehalten werden, um einen fairen Wettbewerb am Markt zu gewährleisten.

 

Olivier Toublan, Immoday