Ein neuer Massstab für die Energie-Performance von Schweizer Gebäuden

Ein neuer Massstab für die Energie-Performance von Schweizer Gebäuden

Interview 7 min Immoday.ch

Mit einem gemeinsam entwickelten Benchmark möchten Signa-Terre und Wüest Partner den energetischen Zustand des Schweizer Immobilienbestands besser erfassen – und dies nicht auf Basis theoretischer Annahmen, sondern gestützt auf echte Verbrauchsdaten. Ziel ist es, den Vergleich zwischen Gebäuden zu erleichtern und Sanierungsmassnahmen gezielter zu priorisieren. Erste Ergebnisse zeigen grosse Unterschiede je nach Eigentümertyp – aber auch, und das ist die gute Nachricht: Die Energieeffizienz von Gebäuden in der Schweiz hat sich verbessert.

Der Energieverbrauch von Gebäuden ist nach wie vor eines der zentralen Themen der Immobilienbranche. Bisherige Auswertungen basieren jedoch oft auf theoretischen Modellen. Um eine realitätsnähere Grundlage zu schaffen, haben Signa-Terre und Wüest Partner einen neuen Benchmark entwickelt. Dieser stützt sich auf effektive Verbrauchsdaten, die im Rahmen technischer Begehungen vor Ort erhoben werden. Nicolas Demierre, seit Kurzem Geschäftsführer von Signa-Terre, erklärt uns im Interview die Hintergründe und Ziele des neuen Analyseinstruments.

Nicolas Demierre, warum hat Signa-Terre zusammen mit Wüest Partner diesen neuen Benchmark entwickelt?

Um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, müssen die richtigen Massnahmen ergriffen und zeitlich effizient aufeinander abgestimmt werden. Dafür braucht es eine umfassende und detaillierte Datenbasis. Dazu zählen beispielsweise Daten zum Energieverbrauch von Gebäuden, die in der Regel sehr präzise und verlässlich sind – und somit unmittelbar ausgewertet werden können. Auf dieser Grundlage können Eigentümer und Investoren fundierte Entscheidungen treffen, um die Energieeffizienz gezielt zu verbessern, Kosten zu senken und einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Im Prinzip einverstanden – aber wie definiert sich dieser Benchmark konkret?

Um verlässliche Benchmarks zum tatsächlichen Energieverbrauch von Schweizer Wohnimmobilien zu schaffen – gemessen in Kilowattstunden (kWh) – haben Signa-Terre und Wüest Partner die Verbrauchsdaten von über 10'000 Wohnliegenschaften ausgewertet. Das entspricht energetisch betrachtet einer Wohnfläche von rund 18 Millionen Quadratmetern. Die Daten wurden anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Gebäude oder deren Eigentümer möglich sind.

Welche Kriterien werden für die Erhebung des energetischen Fussabdrucks eines Gebäudes herangezogen?

In der Studie wird der Energieverbrauch von Gebäuden analysiert. Dabei werden Indikatoren wie die Energieintensität (kWh/m²/Jahr) und die CO₂-Intensität (kg CO₂/m²/Jahr) berechnet. Dabei wird systematisch der Stromverbrauch von gemeinschaftlich genutzten Bereichen und Technikräumen sowie der Verbrauch aus Fernwärme und verschiedenen Brennstoffen wie Gas, Heizöl, Holz oder Pellets erfasst. Diese Daten bilden die Grundlage für die energetische Beurteilung der Gebäude.

In Ihrer Analyse des Energieverbrauchs sprechen Sie von Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Was ist damit gemeint?

Der Begriff «Scope» beschreibt, wie und wo Treibhausgasemissionen entstehen. Bezogen auf die untersuchten Gebäude umfasst Scope 1 die direkten Emissionen, die durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Gas oder Heizöl im Gebäude selbst entstehen. Scope 2 erfasst indirekte Emissionen, die durch zugeführte Energie wie Strom oder Fernwärme verursacht werden. Scope 3 geht noch weiter und erfasst Emissionen, die durch den Stromverbrauch der Mieter sowie durch vorgelagerte Prozesse für die Bereitstellung von Energie entstehen.

Sie sagen, dass Sie die Daten von über 10'000 Wohnimmobilien in der Schweiz analysiert haben. Ist das menschlich überhaupt machbar?

Seit der Gründung im Jahr 2008 erbringt Signa-Terre Dienstleistungen zur energetischen Überwachung von Gebäuden. Heute begleiten über 60 Mitarbeitende jährlich fast 15'000 Gebäude in Bezug auf deren Energieverbrauch und die Planung energetischer Sanierungen. Um diese Datenmengen effizient zu bewältigen, haben wir eine Reihe von Erhebungsprozessen entwickelt: Einerseits erfolgen Auswertungen manuell durch unsere Teams der Energiebuchhaltung, andererseits automatisiert – mithilfe von Smart Metern, IoT-Zählern oder durch die automatisierte Auslesung von Energieabrechnungen, unterstützt von KI.

Es gibt ja bereits verschiedene Benchmarks zur Energie-Performance. Worin unterscheidet sich Ihrer von den anderen?

Unser Benchmark versteht sich als reines Vergleichsinstrument, das aufzeigt, wie energieeffizient der Schweizer Gebäudepark tatsächlich ist. Die dafür verwendeten Verbrauchszahlen sind echt und vollständig sowie von hoher Qualität. Unsere Methodik orientiert sich an den Empfehlungen der AMAS, um eine maximale Vergleichbarkeit mit anderen bereits bekannten Benchmarks – etwa dem REIDA – sicherzustellen. Der Fokus unseres Benchmarks liegt mehrheitlich auf Wohnimmobilien in der Schweiz, was eine solide Basis für den Vergleich von Portfolios mit ähnlichem Profil schafft.

Wenn wir nun auf die Resultate schauen, wie steht es um die Energie-Performance der Schweizer Gebäude?

Laut unserer Studie liegt der durchschnittliche Energieverbrauch bei 199,2 kWh/m² pro Jahr. Die CO₂-Emissionen aus fossilen Energieträgern in Bezug auf Scope 1 und 2 betragen im Mittel 19,4 kg CO₂/m² pro Jahr. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen besonders effizienten und weniger effizienten Immobilienportfolios. Im Detail betrachtet dominieren die Emissionen aus Scope 1 mit durchschnittlich 17,2 kg CO₂/m² pro Jahr klar gegenüber Scope 2. Das bedeutet: Der grösste Teil der Emissionen stammt aus direkt im Gebäude verursachten Quellen – vor allem aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie Gas oder Heizöl. Das war zu erwarten, da viele Gebäude in der Schweiz nach wie vor mit fossilen Heizsystemen betrieben werden.

Wie hat sich die Performance in den letzten Jahren entwickelt?

Wir beobachten eine Verbesserung der Energie-Performance, auch wenn ich Ihnen derzeit nicht genau sagen kann, in welchem Ausmass. Genau hier setzt unser Benchmark an: Er soll die Entwicklung über die Zeit messbar machen. Aus diesem Grund planen wir, die Studie künftig jährlich zu aktualisieren.

Trotzdem scheint es, als ob der Energieverbrauch des Schweizer Immobilienparks zurückgeht, was eine gute Nachricht ist. Denken Sie, dass dies ausreicht, um die Ziele für 2050 zu erreichen?

Ich denke, der Rückgang muss sich in den nächsten Jahren noch beschleunigen, damit wir das Ziel der Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 erreichen können. Das Net-Zero-Ziel für den Immobiliensektor gemäss Life Cycle Inventory (LCI) sieht einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien für die Heizung von Gebäuden bis zu diesem Zeitpunkt vor. Dasselbe gilt auch für den Industriesektor, wo sowohl der Stromverbrauch als auch die Heizenergie dekarbonisiert werden müssen.

Wo steht die Schweiz im Vergleich zu ihren Nachbarn?

Das haben wir in dieser Studie nicht analysiert. Aber ich kann Ihnen sagen, dass die CO₂-Emissionen in der Schweiz niedriger sind als beispielsweise in Deutschland. Bei Eigenheimen liegt der CO₂-Ausstoss in der Schweiz bei etwa 40 kg pro Quadratmeter, während er in Deutschland bei 73 kg liegt. Bei Mietshäusern beträgt der Ausstoss in der Schweiz rund 30 kg, verglichen mit 61 kg in Deutschland.

Gibt es regionale Unterschiede beim Energieverbrauch von Gebäuden?

Ein Vergleich der von REIDA und Signa-Terre berechneten Indikatoren zur Energie- und CO₂-Intensität zeigt deutliche Unterschiede beidseits des Röstigrabens. Da sich der REIDA-Datensatz mehrheitlich auf die Deutschschweiz und jener von Signa-Terre vorwiegend auf die Romandie bezieht, könnte man die Hypothese aufstellen, dass sich die Gebäude in der Deutschschweiz insgesamt in einem etwas besseren energetischen Zustand befinden. Allerdings stehen derzeit noch nicht genügend verlässliche Daten zur Verfügung, um diese Annahme abschliessend zu bestätigen.

Und zeigen sich auch Unterschiede bei der Energieeffizienz in Abhängigkeit von den Besitzverhältnissen?

Ja, tatsächlich stellen wir fest, dass die Energieintensität bei Gebäuden im Besitz von Privatpersonen oder Family Offices tendenziell etwas höher ist. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass diese Eigentümer weniger externem Druck durch Investoren oder Regulierungsbehörden ausgesetzt sind, weshalb ihre Gebäude energetisch weniger effizient sind. Im Gegensatz dazu erzielen Immobilien im Besitz von Wohnbaugenossenschaften oder Immobilien-Anlagestiftungen meist die besten Resultate. Dies könnte damit zusammenhängen, dass diese dem Komfort ihrer Mieter einen höheren Stellenwert beimessen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der CO₂-Intensität der jeweiligen Immobilienportfolios.

Ist dies vielleicht eine Folge der unterschiedlichen Anforderungen bzgl. Rentabilität bei Investitionen, zum Beispiel bei Anlagefonds oder Versicherungen?

Unsere Studie erlaubt diesbezüglich keine präzisen Aussagen. Wahrscheinlich ist es so, dass die an ein Investment gestellte Rendite-Anforderung für die Eigentümer entscheidend sind, je nachdem ob sie ihre Investoren zufrieden stellen oder die Auszahlung von Renten sicherstellen muss. Trotzdem ist es für die langfristige Rentabilität unerlässlich, dass bereits heute geeignete Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz ergriffen werden.

Zum Schluss, falls man sich eine eigene Meinung verschaffen möchte – wo kann man dies tun?

Die vollständige Studie kann unter folgenden Links abgerufen werden.

Redaktion • Immoday.ch

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