
Immobilienfonds mit einem Volumen von über 2 Milliarden Franken können sich besser bei Anlegern positionieren, die eine breitere Diversifizierung und eine höhere Liquidität anstreben. Grösse ist jedoch nicht alles. Kleinere Fonds können durchaus alternative Strategien verfolgen, um attraktiv zu bleiben. Ein Interview mit Diego Reyes.
Vor etwas mehr als drei Jahren hatten wir einen Artikel über die kritische Grösse von Immobilienfonds veröffentlicht. Damals wurde sie von den befragten Experten auf 1 Milliarde Franken geschätzt. Durch die Zusammenlegung der verschiedenen Immobilienfonds von Credit Suisse und UBS, die bald auf den Markt kommen, hat sich die Ausgangslage aber verändert. Einigen Experten zufolge ist die kritische Grösse für Anleger nicht so wichtig. Andere wiederum wie Diego Reyes, Senior Fund Manager bei Dominicé Swiss Property, sind der Ansicht, die Schwelle liege nunmehr bei 2 Milliarden Franken oder sogar darüber.
Diego, Ihnen zufolge hat sich für Immobilienfonds in den letzten Jahren vieles verändert, zumindest in puncto kritische Grösse.
Genau. Vor drei Jahren wurde die kritische Grösse für Immobilienfonds in der Schweiz in der Regel auf rund 1 Milliarde Franken geschätzt. Nach der Zusammenlegung der Credit-Suisse- und UBS-Fonds kommen Vehikel mit einem Volumen von 3 Milliarden, 3,5 Milliarden und 5,4 Milliarden Franken auf den Markt. Ganz zu schweigen vom UBS «Sima», der eine Marktkapitalisierung von über11 Milliarden Franken hat. Es werden also ganz neue Massstäbe gesetzt – das zeigt auch ein Blick auf die zehn grössten Schweizer Immobilienfonds nach Marktkapitalisierung. Die UBS-Fonds werden auf den ersten sechs Plätzen rangieren. Die Fonds auf den Plätzen sieben bis zehn werden ein durchschnittliches Volumen von 2,5 Milliarden Franken aufweisen. Die Marktkapitalisierung dieser zehn Fonds wird sich zusammengenommen auf rund 30,5 Milliarden Franken belaufen. Das heisst, sie werden 43% des SWIIT ausmachen.
Was heisst das für die kritische Grösse von Immobilienfonds?
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollte ein universeller Fonds idealerweise ein Volumen von 2,5 bis 3 Milliarden Franken haben. Die kritische Grösse hängt aber immer von der Positionierung eines Fonds ab. Spezialisierte Fonds, die sich deutlich von der Konkurrenz abheben, können sich auch mit einem geringeren Volumen behaupten.
Was hat sich in den letzten drei Jahren verändert?
Hier kommen mehrere Faktoren ins Spiel.
1. Die Fusion von UBS und CS. Diese hatte eine Marktkonzentration zur Folge und setzt neue Massstäbe in Sachen Grösse und Liquidität.
2. Die Erwartungen der – insbesondere institutionellen – Anleger. Sie streben eine breitere Diversifizierung und eine höhere Liquidität an und setzen daher auf Fonds mit grösserem Volumen.
3. Die Veränderung des regulatorischen und wirtschaftlichen Umfelds. All die neuen Anforderungen gehen mit höheren Verwaltungskosten einher, was grössere Fonds begünstigt.
4. Der Zugang zu Kapital. Für grosse Fonds ist es einfacher, frisches Kapital aufzunehmen und ihre finanzielle Verwaltung zu optimieren.
Und wenn ein Fonds diese kritische Grösse nicht erreicht?
Die Grösse ist zwar ein wichtiges Kriterium, Fonds können aber auch alternative Strategien verfolgen, um attraktiv zu bleiben.
1. Sie können sich in einem Nischensegment positionieren (z. B. nachhaltige Immobilien, Gesundheit, Stadtlogistik), um einen bestimmten Markt zu erschliessen.
2. Sie können auf Qualität und performancestarke Vermögenswerte setzen. Ein gut verwaltetes Portfolio mit soliden Renditen kann durchaus mit grösseren Fonds konkurrieren.
3. Sie können ihre Liquidität optimieren, was für Anleger ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Ein guter Zugang zum Sekundärmarkt und eine hohe Transparenz können ein kleineres Volumen wettmachen.
4. Durch die Bildung von Allianzen oder durch Co-Investments können Fonds Skaleneffekte nutzen, ohne ihr Volumen zu erhöhen.
Wenn Fonds eine höhere kritische Grösse brauchen, könnte das zu einer Konsolidierung der Branche führen?
Durch das rasante Wachstum der Fondsriesen werden Fusionen und Übernahmen immer wahrscheinlicher. Dadurch könnten die Vehikel ihre Grösse und Sichtbarkeit erhöhen und werden so gleichzeitig für institutionelle Anleger attraktiver. Ich denke, dass es auf dem Schweizer Immobilienfondsmarkt zu einer Konsolidierungswelle kommen wird. Wenn wenige Fondsriesen den Markt beherrschen, könnten sich mittelgrosse Akteure zu Fusionen gezwungen sehen, um eine ausreichende kritische Grösse zu erreichen und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Kritische Grösse oder Liquidität: Was ist für die Anleger wichtiger?
Beides ist wichtig. Ein Fonds, der die kritische Grösse erreicht, bietet Stabilität und Diversifizierung. Das gibt institutionellen Anlegern ein Gefühl von Sicherheit. Eine hohe Liquidität bringt den Vorteil, dass die Anleger die Fondsanteile einfach und schnell kaufen und verkaufen können. Für viele Marktteilnehmer ist das ein wichtiges Kriterium. Idealerweise sollte ein Fonds beides kombinieren: eine ausreichende Grösse, um eine breite Diversifizierung zu gewährleisten, und eine effiziente Strategie, um die Liquidität der Anteile sicherzustellen.
Olivier Toublan-Immoday.ch