5 Minuten mit Johny Rodrigues, CEO Global Funds, Chairman der Anlagestiftung Equitim

23/08/2023

Immoday

Olivier Toublan

5 Min

Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Johny Rodrigues, CEO Global Funds, Chairman der Anlagestiftung Equitim
 

'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.

 

Johny Rodrigues, wer sind Sie?
 

Ich bin in der Schweiz geboren und stamme aus einer portugiesischen Familie, die in den 1980er-Jahren eingewandert ist. Meine gesamte Schulzeit verbrachte ich in Genf, einschliesslich dem Bachelor, den ich berufsbegleitend an der HEG absolvierte. Ich bin jetzt 35 Jahre alt, verheiratet und habe keine Kinder. 

 

Sie haben Ihre gesamte Berufslaufbahn in der Immobilienbranche verbracht. Aus Leidenschaft oder war das Zufall?
 

Es kamen eher mehrere Umstände zusammen. Ich hatte nach einem Praktikum für meine Berufsmaturität gesucht und fand es in einer Genfer Hausverwaltung, der SPG. So habe ich diese Branche kennengelernt, die mir schnell gefiel, denn es gab nicht nur die finanziellen Seite, sondern auch die technische Seite und eine menschliche Seite, den Kontakt zu den Mietern. Ursprünglich wollte ich in der Finanzbranche, bei Banken, arbeiten, aber durch die Erfahrung in der Immobilienbranche habe ich meine Meinung geändert. Also bin ich anschliessend auch in der Branche geblieben. Sie ist letztlich viel greifbarer als die Finanzbranche, es gibt menschliche Beziehungen, das ist interessanter.

 

Warum ein berufsbegleitendes Studium? 
 

Schon sehr jung, hatte ich den Wunsch, unabhängig zu sein, ich wollte das Nest der Familie verlassen. Als mir die SPG nach meinem Praktikum eine Festanstellung anbot, ergriff ich die Gelegenheit. Das war 2007, da war ich 19 Jahre alt. Deshalb musste ich den berufsbegleitenden Bachelor an der HEG machen, obwohl ich eigentlich an der HEC studieren wollte. Am Ende blieb ich fast zehn Jahre bei der SPG, arbeitete in verschiedenen Abteilungen, davon sieben Jahre bei SPG Intercity, wo ich internationale Erfahrungen sammeln und meine beruflichen Kompetenzen ausbauen konnte. Ich habe Gutachten und Marktstudien erstellt. Ich war im Asset Management für englische Kunden tätig, was mir die Möglichkeit gab, Gewerbeimmobilien im strategischen Sinne des Wortes zu verwalten. Ausserdem habe ich Erfahrungen als Makler gemacht, einschliesslich im Bereich Wohnimmobilien.

 

Weshalb sind Sie im Jahr 2015 zu Procimmo gegangen?
 

Tatsächlich sind sie auf mich zugekommen. Sie suchten jemanden mit Erfahrung im Bereich Gewerbeimmobilien für ihren «Procimmo Swiss Commercial Fund», dessen Leitung ich übernahm. Procimmo war ein noch recht junges Verwaltungsunternehmen, das sich auf Gewerbe- und Industrieimmobilien spezialisiert hatte, was ich spannend fand. Ausserdem war die Übernahme der Leitung eines Fonds mit einem Volumen von 900 Millionen Franken für jemanden meines Alters – ich war damals 27 Jahre alt – ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Auch wenn es viel Verantwortung und eine grosse Herausforderung bedeutete. Zumal viele Dinge entwickelt, ein Team umstrukturiert und ein Portfolio konsolidiert werden mussten. Aber am Ende war es eine fantastische Erfahrung.

 

In der Schweiz konzentrieren sich die meisten Investmentfonds auf Wohnimmobilien. Gibt es bei Gewerbeimmobilien wirklich ein Potenzial?
 

Das Potenzial von Gewerbeimmobilien ist enorm. Zwar sind hier die Risiken grösser, aber heutzutage lassen sich in diesem Bereich die höchsten Renditen erzielen. Bei Wohnimmobilien sind die Risiken geringer, es gibt kaum Leerstand und die Preise auf dem Mietmarkt steigen «von ganz alleine» weiter an. 

 

Was bei der Verwaltung von Gewerbeimmobilien nicht der Fall ist?
 

Bei Gewerbeimmobilien ist das völlig anders: Die Preise ändern sich ständig im Rhythmus der Konjunktur, und der Leerstand spielt eine zentrale Rolle, da er den Wert des Objektes stark beeinflusst.  
 

Gewerbeimmobilien umfassen auch Industrieimmobilien – eine Nische. Und diese Nische bietet Vorteile, wie zum Beispiel die Umnutzung, die Steigerung des Standortpotenzials durch Sanierung, die Durchführung komplexer Finanztransaktionen, beispielsweise durch den Abkauf einer Immobilie von einem Unternehmen, das Liquidität benötigt und anschliessend dort Mieter wird. Kurzum, die Entwicklungsmöglichkeiten sind enorm, man kann wirklich kreativ sein. Das ist zwar riskanter, aber auch viel attraktiver, vor allem für den Portfoliomanager.

 

Nach drei Jahren bei Procimmo wechseln Sie zu Valres Fund Management. Eine eher schwierige Erfahrung, wenn ich den Pressemeldungen von damals glauben darf. 
 

In der Tat. Ich übernahm die Leitung des «Valres Suisse Romande Fonds» in Genf, eines kurz zuvor aufgelegten Fonds, der mit über 350 Millionen verwaltetem Vermögen ein sehr starkes Wachstum verzeichnete. Diesmal handelte es sich um Wohnimmobilien. Es war ein spannendes Projekt, denn es galt nicht nur den Fonds zu verwalten, sondern auch eine Entwicklungsstrategie für das gesamte Unternehmen umzusetzen. Leider geriet das Unternehmen wegen des ehemaligen Generaldirektors ziemlich schnell in Schwierigkeiten. Ich befand mich in einer sehr heiklen Situation, da ich kaum drei Monate nach meinem Eintritt in das Unternehmen die Funktion des CEO übernehmen musste: Die FINMA hatte ein sogenanntes Enforcementverfahren eingeleitet, weshalb die Geschäftsleitung auf dem Absprung war. Ich habe die Krise so gut wie möglich gemeistert und übertrug den Fonds schliesslich an die JSS Real Estate Management SA (JSS), die zur Safra Sarasin Gruppe gehört, die wiederum unsere Depotbank war.

 

Eine traumatische oder eine aufregende Erfahrung? 
 

Ich blieb 14 Monate bei diesem Fonds und glaube, dass ich in diesen 14 Monaten mit so vielen Problemen zu kämpfen hatte wie eine Fondsleitung und ein Immobilienmanager wahrscheinlich während ihrer gesamten Karriere. Auch wenn diese Erfahrung Spuren hinterlassen hat, betrachte ich sie als aufregend und nicht als traumatisch. Am Ende war es eher eine einzigartige Erfahrung und vor allem ein Lernprozess in einem Tempo, auf das mich keine Ausbildung hätte vorbereiten können. 

 

Warum sind Sie nicht dort geblieben, um anschliessend den Fonds bei JSS zu verwalten?  
 

Ganz ehrlich? Nachdem ich monatelang 70 bis 80 Stunden jede Woche gearbeitet hatte, war ich ein wenig erschöpft. Ausserdem gab es noch viel Arbeit im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des Fonds. Kurzum, ich sagte mir, dass die Zeit gekommen war, um meine eigenen Projekte zu entwickeln und mir meine eigenen Ziele zu setzen. Also lehnte ich das Angebot ab und gründete Global Funds, zunächst als Beratungsunternehmen, aber mit dem Ziel, eines Tages eine Bewilligung als Fondsleitung zu erhalten. Was 2021 geschah.

 

Mit dem Ziel, einen eigenen Fonds zu gründen? 
 

Zum einen, um externen Asset Managern Dienstleistungen einer Fondsleitung mit dem Ansatz eines echten «Sparringpartners» anzubieten, der auf dem Know-how des Teams im Bereich Fondsmanagement beruht. Zum anderen stimmt es, dass ich mit Global Funds einen eigenen Fonds auflegen wollte. Dafür hatten wir 2022 die Bewilligung der FINMA erhalten. Doch als im Hinblick auf die Immobilien alles bereit war, begann sich der Kapitalmarkt anzuspannen und die Chancen, in diesem Umfeld ein neues Produkt einzuführen, waren verschwindend gering. Also hielten wir es für vernünftiger abzuwarten, wie sich der Immobilienmarkt entwickeln würde, und deshalb die Auflage des Fonds aufzuschieben.

 

Das ist ein bisschen frustrierend, oder? 

 

Ja, es ist frustrierend, aber im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war.

 

Sie sagten, Ihr Portfolio betrug etwa 150 Millionen Franken. Wie gross sollte ein Immobilieninvestmentfonds mindestens sein?  
 

Mit etwa 500 Millionen ist es machbar, aber ich denke, dass man etwa eine Milliarde Franken braucht, um wirklich optimal effizient zu sein.

 

Sie sagen auch, dass Sie die Stabilisierung des Marktes abwarten, bevor Sie Ihr Fondsprojekt wiederaufnehmen. Haben Sie einen Zeithorizont?  
 

Ich habe leider keine Kristallkugel, aber wir beobachten sehr genau, wie sich der Markt, die aktiven Akteure beim Erwerb/Verkauf und die Transaktionspreise entwickeln. 

 

Sie sind auch Chairman der Anlagestiftung Equitim. Gehört dieses Mandat zu den Aufgaben von Global Funds? 
 

Nein, es ist ein Mandat, das mich persönlich besonders interessiert. Equitim ist wirklich etwas Besonderes in der kleinen Welt der Immobilienanleger. 

 

Was hat Sie dazu bewogen, der Stiftung beizutreten? 
 

Sie hat ein Geschäftsmodell, das mich überzeugt. Es bietet einen wirklich innovativen Ansatz, der das Baurecht nutzt, ein sehr gutes Managementteam und das lobenswerte Ziel, erschwingliche Mieten anzubieten. Diese Stiftung war ein echter Vorreiter in diesem Bereich und verfügt heute über eine grosse Expertise in öffentlich-privaten Verträgen, von denen viel die Rede ist, die aber nicht oft zustande kommen.

 

Johny Rodrigues, kommen wir ein wenig auf Sie privat zurück. Welche Leidenschaften haben Sie? 
 

Ich liebe das Reisen. Jedes Mal, wenn ich den Arbeitgeber gewechselt habe, habe ich versucht, mir ein paar Wochen und manchmal auch ein paar Monate frei zu nehmen, um in die Ferne zu reisen. 2015 reiste ich durch Südamerika, und 2018 habe ich drei Monate mit dem Rucksack in Indonesien, Neuseeland und auf verschiedenen Inseln im Pazifik verbracht. Diese völlig anderen Kulturen auf den Inseln zu erleben, war für mich ein Elektroschock. Im Alltag treibe ich viel Sport, wodurch ich mich körperlich abreagieren und meinen Kopf frei bekommen kann. Ausserdem bin ich ein grosser Weinliebhaber und habe mir mit Freunden sogar einen Weinkeller eingerichtet.

 

Welche sind Ihre wichtigsten beruflichen Charaktereigenschaften?  
 

Ich bin ein neugieriger Mensch und stelle sehr viele Fragen, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich bin auch sehr geschäftstüchtig und entschlossen, alles, was ich tue, zum Erfolg zu führen. In Bezug auf meine Managementfunktion steht meine Tür immer offen, und ich nehme mir Zeit für meine Teams. Ich lerne viel im Kontakt zu meinen Mitarbeitenden und hoffe, dass auch sie viel von mir lernen.

 

Die letzte Frage, mit der wir immer unsere Porträts beenden: Wenn Sie einen Zauberstab hätten, was würden Sie an Ihrem beruflichen Werdegang ändern? 
 

Ich denke, ich würde eine Auslandserfahrung machen. Vor einigen Jahren hatte ich die Möglichkeit, in Hongkong zu arbeiten, um ein Immobiliengeschäft in Asien aufzubauen. Leider ist  daraus nichts geworden. Das ist etwas, das ich bedaure. Ich denke, es wäre eine wunderbare Erfahrung gewesen.


 

Olivier Toublan, Immoday