5 Minuten mit Tatyana Kobler, Leiterin «Business Development» bei Fundim

20/12/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Tatyana Kobler, Leiterin «Business Development» bei Fundim

 

'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.
 

Tatyana Kobler, wie kam es, dass eine Zürcherin nach Lausanne ging, um an der Universität zu studieren?

 

Schon seit meiner Kindheit liebte und sprach ich viele Sprachen, weshalb man mir sagte, ich solle die Hotelfachschule in Lausanne (EHL) besuchen. Eigentlich wollte ich lieber in die USA gehen und Biologie studieren, aber das war verwaltungstechnisch kompliziert und ich habe mich zu spät darum gekümmert. Also bin ich nach meiner Matura in Zürich zur EHL gegangen. Was ich überhaupt nicht bereue, denn es hat mir sehr viel Spass gemacht.

 

Doch Sie sind nicht in der Hotelbranche geblieben. 
 

Während meines Studiums habe ich wirklich viele Praktika in verschiedenen Hotels gemacht, aber mich hat ziemlich schnell die Immobilienbranche interessiert. Ich mag Zahlen und Finanzen. Also nahm ich direkt nach meinem Abschluss ein Angebot von CBRE an, die an der EHL rekrutierten, und habe für dieses Unternehmen zuerst in Genf, dann in Zürich gearbeitet. Ich blieb etwa zehn Jahre und durchlief die verschiedenen Abteilungen, zuerst die Bewertung, dann das Asset Management und schliesslich den Bereich Immobilientransaktionen.

 

Aber der Reihe nach. Zuerst kam die Bewertung?  
 

Das war 2012 in Genf. Das Team war noch klein, so dass man mit allen Bereichen ein bisschen in Berührung kam. Die Bewertung hat mir sehr gut gefallen, egal ob Wohn- oder Gewerbeimmobilien, denn hier erlernt man die Grundlagen des Berufs. Dann zog CBRE ein grosses Mandat im Bereich Asset Management an Land, um das ich mich kümmerte.

 

Doch nach zehn Jahren verliessen Sie die CBRE Group.  
 

Ich hatte in Genf und Zürich in so ziemlich allen Bereichen gearbeitet, ausser in der technischen Abteilung, die eher den Architekten vorbehalten ist. Irgendwann brauchte ich eine neue Herausforderung. Also ging ich zu Patrimonium, wo ich für die Akquisitionen für die verschiedenen Anlagevehikel zuständig war. Das war sehr interessant.

 

Und doch sind Sie nur wenige Monate dort geblieben.  
 

Das lag an einer dieser Zufallsbegegnungen und der Art Angebot, die man nicht ablehnen kann, wie man so schön sagt. Ich beschäftige mich heute mit der Entwicklung neuer Projekte, arbeite an neuen Ideen und neuen Produkten. Es ist eine ständige Herausforderung, vollkommen anders und intellektuell reizvoller als die Arbeit als Managerin von klassischen Immobilienanlagen. Zusätzlich kümmere ich mich um die Bereiche Kommunikation und Marketing. Da wir ein sehr kleines Team sind – etwa 15 Personen –, muss man vielseitig arbeiten.

 

Erzählen Sie uns etwas über Fundim. Wie würden Sie das Unternehmen jemandem beschreiben, der es nicht kennt?  
 

Wir sind ein unabhängiges Unternehmen, das mehrere Immobilienanlagevehikel lanciert hat und verwaltet, darunter die Anlagestiftung Equitim sowie drei kollektive Anlagevehikel in Form von KmGKs: Realitim I, das 2011 lanciert und 2021 geschlossen wurde, Realitim II, 2016 lanciert und derzeit mitten in der Entwicklungsphase, und Realitim III, das wir erst vor Kurzem, im Oktober 2021, auf den Markt gebracht haben. Generell wollen wir jedes Mal innovative kollektive Kapitalanlagen in Nischensektoren schaffen. Das ist unsere DNA.

 

Sie sind für die Geschäftsentwicklung zuständig. Lassen Sie uns ein wenig über diese originellen Ideen sprechen.  
 

Die jüngste, über die in den Medien viel berichtet wurde, ist das Geschäft mit QoQa, einer Online-Verkaufsplattform. Wir haben etwa 30 Wohnungen im Stockwerkeigentum vermarktet, die in Remaufens auf einem Grundstück im Baurecht errichtet wurden. Das heisst, der Käufer wird zwar Eigentümer seines Gebäudes, nicht aber des Grundstücks, für das er eine monatliche, inflationsgebundene Miete zahlt.

 

Welche Vorteile bietet diese Lösung?  
 

Für den Käufer bedeutet dies, dass er eine Wohnung zu einem angemessenen Preis erwerben kann, da er das Grundstück, das in der Regel 45 % des Endpreises ausmacht, nicht kaufen muss. Der Kauf im Baurecht senkt auch das Nettoeinkommen, das erforderlich ist, um ein Hypothekardarlehen zu bekommen. In Remaufens hat dies dazu geführt, dass Familien aus der Mittelschicht mit einem Einkommen von 80’000 bis 100’000 Franken Eigentümer werden konnten. Dem Eigentümer des Grundstücks garantiert es einen stabilen Zins während der gesamten Vertragslaufzeit, da das Baurecht zwischen 30 und 99 Jahren läuft.

 

Und das funktioniert?  
 

Die Wohnungen im Stockwerkeigentum, die wir über Qoqa in Remaufens vermarktet hatten, wurden alle verkauft. Es war also ein Erfolg. Im Gegensatz dazu haben wir eine ähnliche Operation mit Einfamilienhäusern in Pully begleitet, wo nach den Online-Reservierungen nicht genügend Käufer ihre Käufe beim Notar abgeschlossen haben und das Baurecht daher nicht begründet wurde. 

 

Wie erklären Sie sich das?  
 

Möglicherweise funktioniert das Konzept der Digitalisierung von Grundstücken in der Schweiz im Moment in einem Mehrfamilienhaus besser als mit Einfamilienhäusern. Schliesslich interessiert niemanden der Name des Eigentümers des Grundstücks, auf dem das Mietshaus steht, in dem Sie wohnen. Wenn es aber den Garten vor der Terrassentür ihres Wohnzimmers betrifft, den die Leute jeden Tag nutzen, sind sie noch nicht überzeugt. Wir haben daraus geschlossen, dass solche Projekte, bei dem das Eigentum am Grundstück vom Eigentum an der Wohnung entkoppelt wird, derzeit eher für die Mittelschicht als für die Oberschicht geeignet ist.

 

Wie sehen die weiteren Pläne für Fundim aus?  
 

Wir haben auch ein neues Anlagevehikel, FimPlus, das noch eine weitere Anlagealternative bietet, die an ein Baurecht (DDP) gebunden ist. Wir bieten eine Lösung für Eigentümer, die nicht verkaufen möchten, sich aber auch nicht um die energetische Renovation ihres Gebäudes kümmern wollen. Sie treten das Baurecht an uns ab, behalten aber das Eigentum am Grundstück und erhalten daraus während der gesamten Vertragslaufzeit einen inflationsgebundenen Zins. Wir wiederum besorgen die Instandsetzung und haltung des Gebäudes, wodurch die Mietrücklage realisiert und Wert geschaffen wird, und das natürlich unter Einhaltung der strengsten ESG-Kriterien. Da wir nur das Gebäude und nicht das Grundstück erwerben, können wir bei gleichem Renovationsaufwand die Rendite maximieren. Anschliessend verkaufen wir das Baurecht an Investoren, die während der gesamten Laufzeit des Vertrags die Mieten aus den Wohnungen erhalten.

 

Wird das auch in Form einer KmGK ablaufen?  
 

Dieses Projekt ist ein Joint Venture mit Vaudoise Assurances. Wir diskutieren derzeit, welche Rechtsform zukünftig am besten geeignet wäre.

 

Tatyana Kobler, kommen wir ein wenig auf Sie zurück. Was sind Ihre wichtigsten beruflichen Charaktereigenschaften?  
 

Neugier und die Bereitschaft zu lernen. Ich bin auch sehr offen für andere Kulturen. Wenn man mehrere Sprachen spricht, kann man sich verschiedenen Kulturen annähern und verstehen, dass die Menschen in anderen Ländern und Sprachen anders denken. 

 

Und Ihre persönlichen Eigenschaften?   
 

Ich bin jemand, der viel lächelt und immer guter Laune ist.

 

Was sind Ihre Leidenschaften und Hobbys?  
 

Ich mag es, in den Bergen zu sein und am Wochenende zu verreisen. Ich arbeite auch gern mit den Händen, male oder beschäftige mich im Garten.  Und da ich oft mit dem Zug fahre, lese ich viel. Nicht zu vergessen die Gastronomie, wahrscheinlich ein Relikt aus meiner Zeit an der Hotelfachschule.

 

Unsere letzte Frage, mit der wir immer unsere Porträts beenden: Wenn Sie einen Zauberstab hätten, was würden Sie an Ihrem Werdegang ändern?  
 

Ich hatte mich für die Hotelfachschule entschieden, weil sie die Möglichkeit bot, im Ausland Karriere zu machen. Das Schicksal hat anders entschieden, ich bin in der Schweiz geblieben. Wenn ich noch einmal in dieser Zeit leben müsste, würde ich nach meinem Abschluss weggehen, um Berufserfahrung im Ausland zu sammeln.

 

In welchem Land?  
 

Wahrscheinlich in Spanien. Städte wie Madrid faszinieren mich. Und da Spanisch meine Muttersprache ist, wäre es mir nicht allzu schwergefallen, mich zu integrieren.

 

Sie haben Ihre Karriere bei CBRE, einem grossen internationalen Konzern, begonnen. War es nicht möglich, sich ins Ausland versetzen zu lassen?
 

Das wäre zwar möglich gewesen, hätte aber bedeutet, dass ich noch einmal bei Null hätte anfangen müssen. In einer Branche wie dem Immobiliensektor kommt es aber vor allem darauf an, dass man das lokale Netz kennt und Beziehungen zu den Akteuren in der Region pflegt.