Fusion der Credit Suisse und der UBS beunruhigt Immobilienfonds

09/05/2023

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

Für die kleine Welt der verbrieften Immobilienanlagen schwächt die Fusion der beiden Grossbanken den Markt – ein Markt, der in den letzten Monaten bereits sehr vorsichtig geworden ist. Doch für die UBS ist es eine sehr gute Nachricht. Die grösseren Immobilienfonds werden ein zusätzlicher Wettbewerbsvorteil sein, der auch deren Ergebnisse beflügeln dürfte. 

 

Die Fusion der Credit Suisse und der UBS hat den gesamten Wirtschaftsstandort Schweiz in seinen Grundfesten erschüttert. Sie wird sich auch auf verbriefte Immobilienanlagen auswirken. Das neue Unternehmen wird eindeutig eine beherrschende Stellung am Markt einnehmen, was nicht ohne Folgen für den Rest der Branche bleiben wird.
 

Wir haben ein Dutzend Fachleute befragt – Manager von börsenkotierten Fonds, von nicht börsenkotierten Fonds, Berater, Vertreter von Berufsverbänden usw. Alle sagten letztlich das Gleiche: Die neue Situation ist langfristig gesehen nicht gesund. Sie begünstigt die UBS zu sehr und erhöht die Nervosität der Anleger an einem Markt, der schon seit einigen Monaten unter Druck steht. 

 

Ultradominante Stellung für die UBS
 

Zuerst die Zahlen: Nach der Fusion wird die neue UBS insgesamt vierzehn Immobilienfonds halten, darunter die fünf grössten börsenkotierten Fonds, die allein 45% des Marktes ausmachen. Zählt man alle Immobilienvehikel zusammen, wird das neue Unternehmen sogar 60% des Marktes kontrollieren. 
 

Auf der Grundlage der bis Ende März 2023 verfügbaren Daten werden alle diese Fonds zusammen einen Immobilienbestand von über 60 000 Mieteinheiten halten, was einem Nettovermögen von 28,2 Milliarden Franken und einer Marktkapitalisierung von fast 33 Milliarden Franken entspricht – dies bei einem durchschnittlichen Handelsvolumen in den letzten zwölf Monaten von rund 317 Millionen Franken. Kurzum, die bereits dominierende UBS wird zu einem wahren Koloss am Schweizer Immobilienmarkt und überholt sogar den bis anhin grössten Akteur der Branche, den Versicherer SwissLife.

 

Ein bereits fragiler Markt weiter geschwächt
 

Diese Fusion kommt zu einem schlechten Zeitpunkt für den Markt. Bereits seit mehreren Monaten ist ein Vertrauensverlust der Anleger gegenüber Immobilienanlagen zu beobachten. Der Markt dümpelt dahin und die Volatilität hat zugenommen. Mehrere Emittenten haben sogar ihre Kapitalerhöhungen abgesagt.
 

Die Situation ist alles andere als beruhigend, wenn man sich die Bücher der börsenkotierten Immobilienfonds im Detail ansieht. Man stellt fest, dass viele dieser Fonds umfangreiche kurzfristige Hypothekarkredite haben, die sie bald erneuern müssen – und dies zu Zinssätzen, die natürlich viel höher sind als früher, was sich auf ihre Rentabilität und somit auf die ausgeschütteten Dividenden auswirken wird. Kurz gesagt: Das Misstrauen der Investoren ist vielleicht nicht unbegründet. 
 

Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung der Fusion der Credit Suisse mit der UBS nicht ideal, um das Vertrauen zu stärken, und sie wird die Anleger auch nicht davon überzeugen, erneut in diese Art von Anlagen zu investieren.

 

Das Worst-Case-Szenario 
 

Wie dem auch sei, eines ist sicher: Es gibt eine Kategorie von Immobilienvehikeln, in die heute niemand mehr investieren will, und das sind die Credit-Suisse-Fonds – zumindest so lange nicht, bis absehbar ist, was mit ihnen geschieht. Und das ist auch ein Problem.
 

Denn die Anleger können – wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Anteile am Markt zu verkaufen– von der Fondsleitung verlangen, dass diese die Anteile zu einem bestimmten, in den Vertragsbedingungen festgelegten Termin zum NIW zurücknimmt. In diesem Fall könnte der Fonds gezwungen sein, Immobilien zu verkaufen, da dies die einzige Möglichkeit ist, um an Liquidität zu kommen und die Anleger auszuzahlen. Und dies ist nicht nur ein theoretisches Problem, da der Fall in der Vergangenheit bereits eingetreten ist. 
 

Allerdings räumen unsere Gesprächspartner ein, dass es sich hierbei um ein Worst-Case-Szenario handelt. Dennoch ist dieses nicht nur nicht unmöglich, sondern hat vielleicht sogar bereits eingesetzt. Da es absolut keine Transparenz gibt, ist nicht bekannt, wie hoch die Rücknahmebegehren der Anleger sind, die Anteile an Credit-Suisse-Fonds halten. Das wird sich in einigen Monaten herausstellen, wenn zahlreiche Immobilien der Credit Suisse auf den Markt kommen. 

 

Die beste Lösung für die Anleger...
 

Im Moment ist ohnehin alles nur Kaffeesatzlesen, da niemand weiss, was die UBS mit den Credit-Suisse-Fonds machen wird. Wahrscheinlich werden alle Optionen diskutiert – von einem Gesamtverkauf, was sehr unwahrscheinlich ist, bis hin zu einer Zusammenlegung der Credit-Suisse-Fonds mit den UBS-Fonds. Diese Lösung dürfte die Anleger am ehesten beruhigen, da die UBS-Fonds generell für ihre Solidität und ihr gutes Management bekannt sind. 
 

Es wäre jedoch keine einfache Lösung, da einige Fonds zwar vordergründig eine identische Strategie verfolgen, im Detail jedoch immer technische, rechtliche oder steuerliche Unterschiede bestehen, die häufig zu gross sind, als dass eine Zusammenlegung ohne weiteres möglich wäre. Und nicht zu vergessen, dass bei einer solchen Operation der Fondsprospekt geändert werden müsste und damit eine Zustimmung der FINMA erforderlich wäre.

 

...und die beste Lösung für die UBS
 

Die günstigste Lösung für die UBS wäre «Cherry Picking»: Die attraktivsten Fonds oder Immobilienbestände der Credit Suisse behalten und den Rest am Markt verkaufen, nötigenfalls auch zu niedrigen Preisen.
 

Der Vorteil dieser Lösung für die Bank wäre, dass sie die «lahmen Enten» loswerden und gleichzeitig ihr Eigenkapital stärken könnte – dies in einer Branche, in welcher die Grösse ein echter Wettbewerbsvorteil ist, der unter anderem eine niedrigere TER ermöglicht. Denn die Verwaltung eines Fonds erfordert vom Managementteam eine Reihe von Fachkenntnissen, und zwar unabhängig von der Grösse des Vehikels und von dessen Immobilienbestand. Es geht letzten Endes um bedeutende Skaleneffekte. Ganz zu schweigen von einer effizienteren Organisation in Sachen Immobilienbewirtschaftung und Sanierungen. Je grösser der Immobilienbestand, desto besser sind z. B. die Konditionen, welche die Verwalter mit den Lieferanten aushandeln können. 
 

In jedem Fall ist die Grösse ein zusätzlicher Wettbewerbsvorteil für den Fonds, denn dadurch dürfte sich nicht nur seine Liquidität erhöhen, sondern dürften auch die Kosten fallen, was wiederum die Ergebnisse beflügeln sollte. Das sind schlagkräftige Marketingargumente, um die Anleger zu überzeugen. 

 

Paradoxe Situation, die sowohl für die UBS als auch für die Anleger günstig ist 
 

Dies könnte zur paradoxen Situation führen, dass Investoren zwar eine geringere Auswahl haben, dafür aber zu attraktiveren Konditionen. 
 

Für die neue UBS wäre dies interessant, für ihre Konkurrenten, die diesem verschärften Wettbewerb ausgesetzt wären, indes weniger. Das neue Gleichgewicht, sollte es sich langfristig einstellen, wäre ungesund, da es nicht nur ein hohes Risiko für einen Riss zwischen den UBS-Fonds und den anderen bärge, sondern auch zu einem Klumpenrisiko bei einem und demselben Fondsemittenten führen würde.
 

Denn eine der Nebenfolgen der Fusion, die ebenfalls negativ wäre, ist klar: Der ohnehin schon bedeutende Mangel an Diversität am Markt wird noch grösser. Für einen effizienten Markt müsste es jedoch eine Vielzahl von Akteuren geben, die für ausreichenden Wettbewerb zwischen den Anlageprodukten sorgen. 

 

Rückläufige Diversifikation
 

Was also sollte man tun? Idealerweise sollte gehandelt werden, aber die Wiederherstellung einer ausreichenden Diversität an Anlagen ist keine leichte Aufgabe, insbesondere an einem so unbeweglichen Markt wie dem Immobilienmarkt. Nicht zu vergessen sind auch die bürokratischen Hürden bei der Lancierung von Fonds, die ein Hindernis für neue Akteure in diesem Bereich darstellen.
 

Dieser Mangel an Diversität könnte noch problematischer werden, wenn es infolge der Fusion zu Umschichtungen kommt. Um ihr «Emittentenrisiko» zu senken, werden sich gewisse institutionelle Anleger gezwungen sehen, ihr Exposure gegenüber der neuen UBS abzubauen. Im Sinne einer guten Vermögensallokation sollte ein Anleger nicht mehr als 20% seines Vermögens bei einem einzigen Vermögensverwalter halten. 
 

Es bleibt abzuwarten, zu welchen anderen Emittenten von Immobilienfonds diese Anleger in einem dahindümpelnden Markt wechseln werden. Und zu welchen Bedingungen. Die kommenden Monate dürften für die gesamte Branche turbulent, aber spannend werden. 

 

Kein Kommentar seitens der UBS – zumindest vorläufig 
 

Die UBS kommentiert die Situation kaum, was nicht überrascht. Nicht böswillig, wie uns versichert wird, sondern einfach, weil es auf die meisten Fragen, die sich die Fachleute für verbriefte Immobilienanlagen stellen, derzeit noch keine Antworten gebe.
 

Dies habe im Übrigen Lukas Gähwiler, Vizepräsident des Verwaltungsrats der UBS, an der jüngsten Generalversammlung der Gruppe in Bezug auf die Tätigkeit der Credit Suisse in der Schweiz gesagt, so die Bank: «Wie ich bereits sagte, muss die Transaktion zunächst abgeschlossen werden. Erst in der nächsten Phase geht es darum, strategische Entscheide zu treffen. Grundsätzlich sind alle Optionen auf dem Tisch. Wir wollen uns alles genau anschauen, bevor wir entscheiden, um für Sie, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, für die Kundinnen und Kunden, für die Angestellten und für das allgemeine Interesse der Schweiz die beste Lösung zu finden.»  
 

Darüber hinaus versichert die Bank, dass sie während des gesamten Prozesses transparent informieren will, wann immer dies angebracht ist.
 

Zudem weist eine der befragten Personen darauf hin, dass man sich bei Immobilien nicht nur auf die kotierten Fonds der Credit Suisse und der UBS konzentrieren sollte, sondern den gesamten Markt im Blick behalten sollte. Und in dieser Hinsicht habe die UBS nicht wirklich eine marktbeherrschende Stellung. Dies lasse sich mit einigen Zahlen belegen: Von den rund 2,5 Millionen Mietwohnungen im Land würden die UBS und die CS zusammen nur gerade einmal 63 000 halten, was etwa 2,6% entspreche – die UBS 1,4% und die CS 1,2%.

 

Olivier Toublan, Immoday