Gebäudesanierungen – nicht immer eine ganz einfache Angelegenheit

09/05/2022

Olivier Toublan

Immoday

4 Min

 

Ein Gebäude energetisch zu sanieren ist gut, doch neben den technischen Problemen gibt es noch zahlreiche andere Hindernisse: finanzielle Kosten, steuerliche Auswirkungen, rechtliche und bisweilen politische Aspekte, die Erwartungen der Mieter usw. Wir besprechen das Thema mit einem Experten auf diesem Gebiet.

 

Da der Bund bis 2050 die Klimaneutralität erreichen will, wissen alle Immobilieneigentümer, dass die energetische Sanierung nun keine Option mehr ist, sondern eine Pflicht. So viel zur Theorie. Aber wie geht man in der Praxis vor, wenn man ein Gebäude sanieren will? Die technischen Aspekte – eine Wärmepumpe zu installieren oder die Wohnungen zu isolieren – sind dann vielleicht das kleinste Problem. Schwieriger wird es, wenn Banken, Mieter und Verwaltungsbehörden überzeugt werden müssen oder wenn es gilt, die öffentliche Hand zu überreden, Subventionen zu gewähren – und all dies, möglichst ohne die Rendite der eigenen Gebäude zu sehr zu beeinträchtigen. Kurzum: Es ist ein echter Spiessrutenlauf, den man nur schwer allein bewältigen kann. Es trifft sich also gut, dass die Immobilienverwaltung de Rham soeben eine kleine, sehr umfassende und didaktische Erklärungsbroschüre mit Zahlenbeispielen zur energetischen Gebäudesanierung herausgegeben hat. Wir besprechen die wichtigsten Punkte mit Olivier Moser, COO von de Rham.

 

Olivier Moser, lassen Sie uns mit der ersten Frage beginnen, die sich die Eigentümer stellen: Ist die energetische Sanierung eines Gebäudes ein Kostenfaktor oder eine Investition? 
 

Ein bisschen von beidem. Die Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, die Installation von Wärmepumpen und Sonnenkollektoren, die Isolierung von Gebäuden – all das sind Investitionen, die notwendig sind, um den Wert der Immobilie zu erhalten oder sogar zu steigern. Dies ist eines unserer zentralen Argumente, um Hauseigentümer davon zu überzeugen, ihre Gebäude energetisch zu sanieren.

 

Doch das bringt auch Kosten mit sich. 
 

In der Tat. Das Problem ist das heutige Mietrecht bzw. die kurzfristige Rentabilität dieser Investitionen. Theoretisch müssten diese über eine Mieterhöhung weitergegeben werden, doch in der Praxis ist dies oft nicht möglich. Kurzfristig handelt es sich also eher um Kosten. Doch ich wiederhole: Diese Kosten sind notwendig – nicht nur um einen Wertverlust des Gebäudes zu verhindern, sondern auch um Mietausfälle zu vermeiden. Die Mieter sind nämlich sehr anspruchsvoll geworden und wenn diese Investitionen nicht getätigt werden, besteht die Gefahr, dass die Leerstandsquote steigt.

 

Wirklich? Ich dachte, es gebe einen Wohnungsmangel und die Mieter hätten keine andere Wahl, als das zu nehmen, was ihnen angeboten wird? 
 

Das hängt gänzlich von der Lage Ihres Gebäudes ab. In den Grosszentren gibt es nach wie vor einen Wohnungsmangel. Doch sobald man sich etwas entfernt, stellt man fest, dass sehr grosse Projekte auf den Markt kommen. Da sieht es ganz anders aus, da ist es mit dem Wohnungsmangel schon bald vorbei. Man muss also den Erwartungen der Mieter Rechnung tragen, ansonsten drohen Leerstände. Wir haben eine Abteilung, die sich darum kümmert, Erstmieter für neue Wohnungen zu finden, und wir sehen genau, was diese Mieter wünschen: moderne, komfortable, nachhaltige und energieeffiziente Wohnungen.

 

Ist es wirklich nicht möglich, die Sanierungskosten auf die Mieten abzuwälzen? 
 

Das Mietrecht erlaubt dies, wenn der Eigentümer Investitionen tätigt, die den Wert des Gebäudes steigern, insbesondere im Energiebereich. Angesichts des sehr niedrigen hypothekarischen Referenzzinssatzes, der bei den Altmietern nicht immer angepasst wurde, ist es heute oft sehr schwierig, nach energetischen Sanierungen die Mieten zu erhöhen. Ganz zu schweigen von den gesetzlichen Auflagen, die in diesen Fällen gelten, angefangen mit dem Waadtländer Gesetz über die Erhaltung und Förderung der Mietwohnungen (Loi sur la préservation et la promotion du parc locatif, LPPPL).

 

Lassen sich die Investoren von Ihren Argumenten überzeugen? 
 

Die grossen institutionellen Anleger schon. Sie betreiben kein Greenwashing, viele investieren tatsächlich in die energetische Optimierung ihres Gebäudebestands und planen ihre Investitionen langfristig, um ihre Rentabilität nicht zu sehr zu beeinträchtigen.
 

 

Und wie sieht es mit den Privatanlegern aus? 
 

Genau diese Privateigentümer versuchen wir zu überzeugen. Es sind keine Fachleute, sie hören viel von Nachhaltigkeit, von den Zielen des Bundes für 2050, von möglichen Subventionen, von gesetzlichen Auflagen, die kommen könnten und die sie zwingen würden, die Gebäude zu sanieren. Kurzum: Sie wissen, dass etwas im Tun ist, dass man wahrscheinlich etwas machen muss, sind aber angesichts der Komplexität des Problems etwas orientierungslos. Und genau da versuchen wir ihnen beizustehen.

 

Wie? 
 

Wir sagen ihnen, dass es Fachleute gibt, die sich um das Problem als Ganzes kümmern können, also nicht nur um die technischen, sondern auch um die finanziellen, rechtlichen, steuerlichen, administrativen Aspekte usw. Eine solche Komplexität könnten sie ohne die Hilfe von Fachleuten kaum selbst bewältigen. Der Immobilienbewirtschafter ist bestens positioniert, um diese Rolle zu übernehmen.

 

Gelingt es Ihnen, sie zu überzeugen? 
 

Ja, einige haben es bereits begriffen. Die anderen werden wir in den kommenden Monaten treffen und wir sind überzeugt, dass wir sie für dieses Thema sensibilisieren können. Wir werden alles tun, um ihnen zu zeigen, dass sich eine energetische Sanierung lohnt. Für uns ist klar, dass man möglichst schnell damit anfangen sollte. Wir können aber auch verstehen, dass es für einen Hauseigentümer hohe Ausgaben und jahrelange Arbeiten bedeutet und er daher zögert.

 

Weshalb sollte schon jetzt mit einer solchen Sanierung begonnen werden? Bis 2050 sind es ja schliesslich noch 28 Jahre, Zeit hat man also noch genug. 
 

Die Zeit vergeht schnell, vor allem in der Immobilienbranche, wo alles seine Zeit braucht. Zuerst muss eine Analyse des Gebäudes durchgeführt werden, um den Sanierungsbedarf und die Höhe der Investitionen zu ermitteln. Dann können die Arbeiten geplant werden. Diese werden viel Zeit in Anspruch nehmen – allein schon, um alle Bewilligungen einzuholen. Mindestens 2 bis 3 Jahre. Dann ist ein Auszug der Mieter notwendig, damit die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können, insbesondere bei Asbestsanierungen. In diesen Fällen verlängert sich das Verfahren dadurch, dass die Mietverträge gekündigt werden müssen und entsprechende Fristen einzuhalten sind, was Verzögerungen nach sich zieht. Kurzum: Es ist besser, schon heute mit der Planung zu beginnen, um morgen nicht überstürzt handeln zu müssen, was letztlich weniger effizient wäre und teurer käme.

 

Kommen für die Finanzierung dieser Arbeiten Banken infrage? 
 

In der Regel ja. Bei energetischen Sanierungen zeigen sich die Finanzinstitute relativ offen. Einige fördern sie sogar, indem sie einen Bonus wie beispielsweise einen Vorzugszins für diese Arbeiten anbieten.

 

Und wie sieht es mit den Subventionen der öffentlichen Hand aus? 
 

Die öffentliche Hand hat mehrere Subventionsprogramme aufgelegt, aber es ist klar, dass das derzeitige Gesamtbudget nicht für die Renovierung sämtlicher sanierungsbedürftigen Gebäude in der Schweiz ausreicht. Auch deshalb ist es besser, schon jetzt zu handeln, bevor die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Mittel ausgeschöpft sind.
 

Olivier Toublan für Immoday