
In den vergangenen Wochen betrafen zahlreiche Ankündigungen den Bereich der Industrieimmobilien. In einem Umfeld, in dem die Renditen im Wohnimmobiliensegment kontinuierlich unter Druck geraten, gewinnt die Industrieimmobilie zunehmend an Attraktivität für Investoren – einschliesslich institutioneller Anleger, die dieser Anlageklasse lange Zeit mit einer gewissen Zurückhaltung begegnet sind. Doch die Rahmenbedingungen verändern sich spürbar. Zumal diese Investoren langfristig durchaus den Jackpot erzielen könnten, falls bestimmte Industriegebiete aufgrund des demografischen Drucks künftig in Wohnzonen umgewandelt werden.
In den vergangenen Wochen war bei den wenigen auf Industrieimmobilien spezialisierten Fonds in der Schweiz eine erhöhte Aktivität zu beobachten: Kapitalerhöhungen, zahlreiche Akquisitionen und sogar ein Swap.
Handelt es sich um einen Zufall, um ein seltenes Zusammenspiel günstiger Umstände für Fonds, die üblicherweise eher diskret agieren, oder beginnt die Industrieimmobilie tatsächlich, Investoren zu überzeugen? Um dies zu klären, haben wir mit Julian Reymond, CEO von Realstone SA, sowie Hugo Debreczeny, Portfolio Manager und Leiter des Realstone Industrial Fund, gesprochen.
Julian Reymond, Hugo Debreczeny, in den vergangenen Wochen hat der Realstone Industrial Fund einen Swap, eine Kapitalerhöhung sowie eine Akquisition durchgeführt. Was ist geschehen?
Um ganz offen zu sein: Die Marktbedingungen für Industrieimmobilien waren in den letzten Monaten ausgesprochen günstig – deutlich günstiger als noch 2023 oder 2024.
Ist dies ein indirekter Effekt der sinkenden Zinsen?
Ja, eindeutig. Wohnimmobilien werden zunehmend teurer. Man spürt klar, dass Investoren auf der Suche nach Rendite vermehrt Interesse an der Anlageklasse Industrieimmobilien zeigen. Dies hat es uns ermöglicht, in diesem Jahr mehrere Transaktionen umzusetzen, darunter auch unsere Kapitalerhöhung, über die wir bereits seit 2024 nachgedacht hatten.
Wie verlief diese Kapitalerhöhung, die Ende Oktober abgeschlossen wurde?
Ursprünglich hatten wir ein Volumen von 10 Millionen Franken vorgesehen. Angesichts des grossen Interesses der Investoren haben wir uns jedoch entschieden, 20 Millionen Franken aufzunehmen – ein Ziel, das wir erfolgreich erreicht haben.
Welche Art von Investoren hat gezeichnet? Private oder institutionelle Anleger?
Rund zwei Drittel private Investoren und Family Offices, aber auch etwa ein Drittel institutionelle Investoren, was uns besonders freut. Trotz höherer Renditen ist es nach wie vor anspruchsvoll, institutionelle Anleger von Industrieimmobilien zu überzeugen.
Sie haben angekündigt, dass die aufgenommenen Mittel für den Erwerb neuer Industrieimmobilien verwendet werden sollen. Können Sie uns hierzu mehr sagen?
Wir haben soeben den Erwerb einer Industriehalle im Kanton Freiburg für 7 Millionen Franken abgeschlossen, mit einer Bruttorendite von 6%. Es handelt sich um eine attraktive Transaktion in Form eines Sale-and-Lease-back. Das Industrieunternehmen, das uns die Halle verkauft hat, wird diese weiterhin mit einem Mietvertrag über zehn Jahre nutzen. Genau solche Objekte suchen wir für den Ausbau unseres Fonds. Parallel dazu stehen wir kurz vor dem Abschluss einer weiteren Akquisition: einer Industriehalle im Kanton Waadt. Details werden wir nach Unterzeichnung kommunizieren.
Was ist für Sie attraktiver: ein Sale-and-Lease-back oder der Erwerb eines leerstehenden Industriestandorts?
Ein Objekt mit bestehendem Mieter ist deutlich einfacher und weniger risikobehaftet. Angesichts der aktuellen Grösse unseres Portfolios stellt der Erwerb einer leerstehenden Halle ein erhebliches Risiko dar, da rasch ein solider Mieter gefunden werden muss. Dieses Risiko können wir uns zu einem späteren Zeitpunkt eher leisten, wenn der Fonds weiter gewachsen ist.
Sie haben im September einen industriellen Swap abgeschlossen. Dieses Instrument kennt man eher aus dem Wohnimmobilienbereich.
Das ist korrekt, es handelt sich um eine eher seltene Transaktion. Die Situation war insofern speziell, als das Objekt nicht einem Industrieunternehmen oder einer KMU gehörte, sondern einem Investor, der von der Philosophie und Strategie unseres Fonds überzeugt war und an einer Sacheinlage interessiert war. Dadurch kann er sich von der operativen Bewirtschaftung des Objekts entlasten, weiterhin Dividenden beziehen und gleichzeitig eine bessere Risikodiversifikation erzielen. Für uns war dies ebenfalls eine attraktive Transaktion, mit einer Bruttorendite von 5,6% und einer minimalen Beanspruchung der Liquidität des Fonds.
Der Markt für Wohnimmobilien gilt derzeit als ausgetrocknet, die Renditen sind stark rückläufig. Ist die Situation bei Industrieimmobilien vergleichbar?
Nein, und genau das ist eine der spannendsten Eigenschaften dieser Anlageklasse. Im Bereich der Industrieimmobilien gibt es weniger institutionelle Akteure, eine geringere Konkurrenz um die Objekte und entsprechend weniger Käufer, die die Preise nach oben treiben. Daher findet man nach wie vor gut gelegene Industrieimmobilien mit Renditen im Bereich von 5% bis 6%.
Beobachtet man auch bei Industrieimmobilien eine starke Preissteigerung wie im Wohnbereich?
Die Preise sind eher stabil. In der Regel erwerben Unternehmen Industrieimmobilien für den Eigenbedarf und nicht zu spekulativen Zwecken. Zudem reagieren die Preise weniger sensitiv auf Zinsänderungen als im Wohnimmobiliensegment. In den vergangenen zwei Jahren haben wir weder eine massive Verteuerung von Industrieimmobilien noch einen markanten Renditerückgang festgestellt, wie dies im Wohnimmobilienbereich der Fall war. Dennoch sind wir überzeugt, dass es sich um einen Sektor handelt, in dem die Preise langfristig steigen werden. Die Schweizer Wirtschaft wächst weiter, und da neue Industrieflächen in Stadtnähe rar sind, dürfte dies mittelfristig preistreibend wirken.
Im Wohnsegment variieren Preise und Renditen stark je nach Lage. Gilt dies auch für Industrieimmobilien?
Ja, allerdings mit geringerer Bandbreite. Im Wohnimmobilienbereich kann sich die Rendite zwischen dem Zentrum von Zürich und beispielsweise Delémont leicht verdoppeln. Bei Industrieimmobilien liegt man in Zentrumsnähe von Zürich möglicherweise bei rund 4,5% und in Delémont bei etwa 6,5%. Die Unterschiede sind also vorhanden, jedoch deutlich weniger ausgeprägt als im Wohnsegment.
Einige politische Akteure setzen sich für die Umzonung von Industriegebieten in Wohnzonen ein. Verfolgen Sie diese Diskussion?
Absolut, insbesondere im Hinblick auf industriell genutzte Standorte in Stadtnähe. In der Schweiz, mit anhaltendem Bevölkerungswachstum und einer zunehmenden Ablehnung weiterer Bodenversiegelung, stellen Industriegebiete die letzten relevanten Landreserven dar. Früher oder später erwarten wir daher eine Lockerung der Regulierungen und Nutzungspläne, um den Bau von Wohnliegenschaften auf ehemaligen Industriearealen zu ermöglichen. Dieses Potenzial berücksichtigen wir bereits heute bei unseren Investitionsentscheiden. Wir gehen jedoch davon aus, dass ein solcher Wandel frühestens in 20 bis 25 Jahren eintreten wird.
Bei früheren Gesprächen haben Sie eine gewisse Zurückhaltung institutioneller Investoren gegenüber Industrieimmobilien festgestellt. Verändert sich diese Situation?
Wir beobachten ein zunehmendes Interesse institutioneller Investoren an Industrieimmobilien. Sie erkennen, dass diese Anlageklasse zahlreiche Vorteile bietet, insbesondere im aktuellen Marktumfeld, in dem die Renditen im Wohnsegment kontinuierlich sinken. Unsere Herausforderung besteht darin, dass unser Fonds derzeit noch relativ klein ist, was einige institutionelle Investoren zurückhaltend stimmt.
Wo sehen Sie Ihre kritische Grösse?
Bei einem Fondsvolumen von 500 bis 600 Millionen Franken, was uns zudem den Gang an die Börse ermöglichen würde. Bereits ab einem Volumen von rund 200 Millionen Franken – ein Niveau, das wir unserer Einschätzung nach rasch erreichen werden, da wir derzeit bei rund 100 Millionen Franken liegen – rechnen wir jedoch mit einem verstärkten Interesse institutioneller Investoren.
Was ist in den kommenden Monaten für den Realstone Industrial Fund geplant?
Wir planen für das Jahr 2026 zwei Kapitalerhöhungen: eine gegen Ende des Frühjahrs und eine weitere gegen Jahresende. Die jeweiligen Volumina sind derzeit noch offen. Ziel bleibt es, das Portfolio durch den Erwerb weiterer Industrieimmobilien in der Nähe von Autobahnachsen oder grossen urbanen Zentren weiter zu stärken. Zudem werden wir schrittweise zu einer direkten Haltung unserer Immobilien übergehen. Dies entspricht dem Wunsch unserer privaten Investoren, die dadurch von einer optimierten steuerlichen Behandlung profitieren. Diese Transition dürfte sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren erstrecken.
Immoday-Redaktion
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