
Auf den ersten Blick scheint der Himmel für Investitionen in Immobilienfonds wolkenfrei zu sein. Schaut man sich die Situation jedoch genau an, ziehen fern am Horizont einige Wolken auf. Der Markt ist stark fragmentiert und die Anleger sind äusserst zurückhaltend, was einige Fonds zu Rekordwerten treibt, aber auch neue Initiativen verhindert. Diese starke Nachfrage der Investoren veranlasst die Fondsmanager zudem, möglichst schnell zu wachsen. Die Immobilienpreise sind heute also höher als 2022, als die Fonds ein Disagio von 40% aufwiesen. Die Lage bei den verbrieften Immobilienanlagen könnte weniger stabil sein, als sie scheint.
Es ist allseits bekannt: Immobilienfonds gehörten in der Schweiz in den letzten zwei Jahren zu den beliebtesten Anlagekategorien der Investoren – allen voran der institutionellen Anleger.
Doch ist angesichts ihrer Höchststände, der Agios, die deutlich über dem historischen Durchschnitt liegen, und der Zinsen, die kaum noch sinken dürften, der Höhepunkt erreicht? Wird in der Schweiz die Begeisterung für Immobilienfonds anhalten?
Diese Fragen hat ein Panel von Experten im Rahmen einer Konferenz beantwortet, die Mitte September von Friends of Funds in Genf organisiert und von Philippe Zufferey, Leiter der Depotbank der BCV, moderiert wurde.
Zwischen den Fonds gibt es grosse Unterschiede
Laut Nils Wimmersberger von der Zürcher Kantonalbank ist es klar, dass die Nachfrage der Investoren nach Immobilien enorm ist, doch bleibe der Markt fragmentiert. Auf der einen Seite gebe es die historischen Fonds mit einem Agio von derzeit mehr als 50% und auf der anderen Seite würden einige wenige Fonds immer noch ein Disagio aufweisen. Kurzum: Der Investor sei selektiv geworden. Zu den wichtigsten Auswahlkriterien würden die Grösse der Fonds, das Alter des Portfolios, dessen Merkmale (Wohn-, Gewerbe-, Büroimmobilien usw.) und schliesslich die Liquidität zählen.
Die Fondsmanager würden von dieser hohen Nachfrage der Investoren profitieren und immer mehr Kapitalerhöhungen lancieren. Laut Nils Wimmersberger gab es von Januar bis Ende September 2025 – alle Arten von Immobilienvehikeln zusammengenommen – mehr als 60 Kapitalerhöhungen. Ziel sei es gewesen, insgesamt rund 6 Milliarden Franken aufzunehmen.
Trotz dieses günstigen Umfelds könne man die neu lancierten Produkte an einer Hand abzählen, was bestätige, dass die Investoren zurückhaltend sind und sichere Werte bevorzugen.
Situation vielleicht weniger stabil als gedacht
Immobilien sind derzeit so beliebt, dass alle auf diesen Zug aufspringen und so möglicherweise einige grundlegende Aspekte ausser Acht gelassen werden.
Das Immobiliengeschäft folge ganz einfachen Regeln, so Roland Vögele von MV Invest: Man müsse zum niedrigsten Preis kaufen, sich dann gut um seine Liegenschaften kümmern, um Wert zu schaffen, und sie schliesslich wieder mit Gewinn verkaufen. Und dann beginne das Spiel wieder von vorn. Angesichts des stetigen Wachstums der Immobilienportfolios würden einige junge Verwalter mittlerweile nur noch kaufen – vor allem neue Liegenschaften – und würden sich nicht ausreichend um die Wertschöpfung kümmern, so Roland Vögele.
Dies könnte längerfristig zu Problemen führen, da die Immobilienpreise derzeit wieder höher seien als 2022, als etwa 40% der Fonds ein Disagio aufwiesen. Damals hätten einige Manager keine andere Lösung gehabt, als Liegenschaften mit Verlust zu verkaufen, um die Anteilseigner zu entschädigen.
Da die kotierten Fonds letztlich ziemlich volatil seien, würden ein Wiederanstieg der Inflation und höhere Zinsen ausreichen, um alles durcheinander zu bringen. Roland Vögele kommt zum Schluss, dass die Situation vielleicht weniger stabil ist als gedacht.
Für Privatanleger ist eine Diversifizierung der Immobilienanlagen nicht einfach
Vor diesem Hintergrund ist die Arbeit des Fondsmanagers für die Erzielung einer langfristigen Performance wichtiger denn je, auch wenn es oft Jahre dauert, bis sich diese Arbeit auszahlt.
Verwalter, die ihr Management langfristig ausrichten, sind genau das, was Asset Manager wie Nils Wimmersberger suchen, um ihren Dachfonds für private Investitionen aufzubauen. Denn obwohl verbriefte Immobilienanlagen, wie bereits erwähnt, äusserst beliebt sind, sind sie dennoch hauptsächlich in der Hand von institutionellen Anlegern konzentriert. Laut Philippe Zufferey zu mehr als 80%.
Diese Dachfonds würden den Schwerpunkt auf die risikoärmsten Immobilien legen, d. h. auf Wohnliegenschaften in den grossen Ballungszentren. Doch nähmen sie gerne einen Anteil Geschäftsimmobilien ins Portfolio auf, deren Risikoprämie höher sei.
Nils Wimmersberger räumt ein, dass das Problem darin besteht, dass die Diversifizierungsmöglichkeiten für Privatanleger eher gering sind, da das Universum der Schweizer Immobilienfonds letztlich recht klein sei. Möchte man einen kleinen Anteil von Industrieliegenschaften ins Portfolio aufnehmen, kämen nur zwei oder drei Fonds infrage. Bevorzuge man eine Strategie, die ausschliesslich auf alte, günstig erworbene Liegenschaften setzt, die anschliessend saniert werden, gebe es am Markt nichts Passendes, es sei denn, man greife auf nicht kotierte Vehikel zurück. Diese seien jedoch qualifizierten Anlegern vorbehalten und auch sehr illiquide.
Lancierung neuer Produkte auch nicht einfach
Zwar habe sich die Situation in den letzten Jahren zweifellos verbessert, da gezieltere Anlagestrategien, beispielsweise in den Bereichen Logistik oder Rechenzentren, aufgekommen sind.
Dennoch sei die Einführung eines neuen Vehikels für verbriefte Immobilienanlagen unter dem geltenden Recht ein regelrechter Hindernislauf, insbesondere bei kotierten Publikumsfonds, so Bruno Beça von KPMG. Die Vorschriften seien streng, was hohe Einstiegskosten bedeute, und die maximale Verschuldungsquote sei auf 33% festgelegt, was die Hebelwirkung und damit die Rendite begrenze.
Zudem wollten viele Investoren sofort eine Rendite erzielen. Eine originelle Strategie bedürfe aber oft mehrerer Jahre, bevor sie Früchte zeitige, insbesondere bei den aktuellen Immobilienpreisen, fügt Roland Vögele hinzu. Aufgabe des Fondsmanagers sei es also, auch die Investoren davon zu überzeugen, mit der Realisierung ihrer Gewinne zuzuwarten.
Zudem wiesen diese neuen, häufig kleinen Fonds eine hohe TER auf, da sich die Verwaltungskosten kaum senken liessen, wenn man ein hochkarätiges Team haben wolle.
Glücklicherweise gebe es andere, flexiblere Möglichkeiten als Investmentfonds – beispielsweise KmGK oder L-QIF. Diese seien aufgrund ihres Risikoprofils aber qualifizierten Anlegern und vermögenden Privatanlegern vorbehalten.
Gewicht grosser UBS-Fonds benachteiligt kleine Fonds
Wenn er nicht auf eine individuell angepasste Diversifizierung setzen möchte, bleibe dem Anleger nur die Möglichkeit, sich mit einem Indexfonds zufrieden zu geben, der das gesamte Universum der Immobilienfonds abbilde. Der Einfachheit halber würden dies übrigens auch viele Pensionskassen tun, so Roland Vögele. Seinen Schätzungen zufolge machen diese Indexinvestitionen rund 30% des Marktvolumens aus. Doch stosse dieser Ansatz auch an seine Grenzen, da nach der Übernahme der Credit Suisse etwa 50% des Index ausschliesslich aus UBS-Fonds bestünden. Dies sei für die Risikostreuung nicht optimal.
Das Gewicht der UBS-Fonds, das durch die verschiedenen angekündigten Zusammenlegungen noch weiter zunehmen werde, habe übrigens indirekte Auswirkungen auf die kleinen Vehikel. Für die Verantwortlichen der Pensionskassen gilt laut Roland Vögele: je grösser, desto liquider, desto besser. Dies führe dazu, dass die Manager dieser kleinen Fonds oft grosse Schwierigkeiten haben, institutionelle Anleger zu überzeugen oder gar auf den Markt zu kommen, obwohl sie möglicherweise originelle Strategien verfolgen, die sich langfristig auszahlen werden. Dies könnte auf lange Sicht zu einer Verarmung des Marktes für verbriefte Immobilienanlagen führen. Dieser würde dann von einer kleinen Handvoll riesiger Fonds dominiert, sodass kein Platz mehr für neue Initiativen bliebe.
Kurzum: Auch wenn es heute für die verbrieften Immobilienanlagen gut läuft, darf man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.
Immoday-Redaktion
Folgen Sie uns auf LinkedIn.