
Die US-Notenbank (Fed) hat soeben beschlossen, bestimmte Vorschriften aufzuheben, die Finanzinstitute dazu verpflichteten, Klimarisiken in ihrer Risikobewertung und -steuerung zu berücksichtigen. Die Begründung: Die bestehenden Risikomanagementmethoden seien ausreichend, um diesen Risiken zu begegnen – ohne zusätzlichen regulatorischen Aufwand. Eine Deregulierung, die langfristig wohl den gesamten Finanzsektor betreffen dürfte, einschliesslich der Immobilienanlagevehikel. Und möglicherweise morgen auch Europa.
Das Szenario ist bekannt: Es beginnt in den USA mit den grossen Finanzinstituten, dann greift es auf den gesamten Finanzsektor über – und schliesslich auf Europa.
Beginnen wir mit den Fakten: Mitte Oktober kündigten die wichtigsten US-Bankenaufsichtsbehörden, darunter die Federal Reserve (Fed), die Aufhebung einer Vorschrift an, welche Institute mit mehr als 100 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten verpflichtete, die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken zu identifizieren, zu messen und zu steuern. Damals waren die Regulatoren der Ansicht, dass eine unzureichende Steuerung dieser Risiken die Stabilität der betroffenen Institute gefährden könnte.
Heute jedoch vertreten dieselben Regulierungsbehörden die Auffassung, dass diese Vorschriften – deren Umsetzung für die Banken zeit- und ressourcenintensiv war, ohne dass ihre Wirksamkeit belegt werden konnte – nicht länger erforderlich seien. Die Finanzinstitute verfügten über ein ausreichendes internes Risikomanagement. Zudem ergänzte die Fed, dass solche Richtlinien die Aufmerksamkeit der Grossbanken von wesentlich bedeutenderen finanziellen Risiken ablenken könnten. Eine Aussage, die auch interne Kritik hervorrief: Einige befürchten, dass die Aufhebung dieser Regelung das Finanzsystem anfälliger mache – gerade in einer Zeit, in der das Klimarisiko stetig zunimmt.
Vertrauen in die Finanzinstitute statt Regulierung
Für viele Beobachter markiert dieser Entscheid eine weitere Etappe im Rückbau der bundesweiten Klimapolitik, die bereits unter der Trump-Administration eingeleitet wurde.
Doch man kann diesen Schritt auch anders interpretieren. Die Regulatoren bestreiten nicht die Existenz des Klimarisikos, sondern betonen vielmehr, dass keine zusätzliche Regulierung erforderlich sei, da die Finanzinstitute durchaus in der Lage seien, dieses Risiko eigenständig zu steuern.
In der Folge könnte dieser regulatorische Entlastungskurs auch auf andere Finanzinstitutionen ausgeweitet werden – etwa auf Immobilienanlagevehikel. Aus Sicht der Aufsichtsbehörden folgt dies derselben Logik: Die staatlich verordnete Einhaltung strenger ESG-Normen wäre überflüssig, da die Immobilieninvestoren bereits umfassende Nachhaltigkeitspraktiken anwenden. Die Botschaft bleibt dieselbe: Vertrauen wir den Akteuren – anstatt sie durch ein Übermass an Regulierung einzuengen.
Und da Entwicklungen in den USA häufig ihren Weg nach Europa finden, bleibt abzuwarten, ob sich auch auf dem alten Kontinent die aktuelle Tendenz zu immer strengeren ESG-Auflagen wieder umkehren wird.
Immoday-Redaktion