'COVID-19'-Interview - Jean-Sébastien Lassonde, der bei PwC für das Asset & Wealth Management in der Schweiz verantwortlich ist

01/12/2020

Immoday

Redaktion

3 min

Zu dem heutigen "COVID-19"-Interview begrüssen wir Jean-Sébastien Lassonde, der bei PwC für das Asset & Wealth Management in der Schweiz verantwortlich ist.

 

Herr Lassonde, wie geht es Ihnen, wo sind Sie jetzt, und wo waren Sie während des Lockdowns?

Mir geht es gut, Gott sei Dank, und ich bin zu Hause. Hier habe ich die meiste Zeit der Kontaktsperre mit Telearbeit verbracht. Mitte März hatte sich PwC entschieden, die meisten Mitarbeiter darin zu bestärken, von zu Hause aus zu arbeiten. Für einige wurde dies sogar zur Pflicht. Wie Sie wissen, ist das zweite Quartal für uns eine sehr arbeitsintensive Zeit … und diese im Homeoffice zu verbringen, war eine eher positive Erfahrung für uns. Wir konnten weiterhin unsere Kunden bedienen, manchmal sogar noch effizienter. Die Kontaktsperre hat uns aber auch erlaubt, etwas mehr Zeit mit unseren Familien zu verbringen. Alles in allem war es eine ziemlich interessante Zeit.
 

Können Sie uns ein paar Worte zu Ihrer Funktion und Ihrer Person sagen?

Bei PwC bin ich für das Asset & Wealth Management in der Schweiz verantwortlich, weshalb ich natürlich Kunden sowohl in Genf als auch in Zürich betreue. Meine Aufgabe ist es, PwC als globale Marke zu fördern, vor allem aber unsere Kompetenzen und Spezialisten aus den Bereichen Asset & Wealth Management sowie Immobilien bekannter zu machen. Dank unserer engagierten Teams in Zürich und Genf spielen wir heute eine führende Rolle auf dem Markt. Diese Position möchte ich natürlich festigen, indem wir unsere Kunden so gut wie möglich bedienen und sie rundum zufrieden stellen.
 

Und wer sind Sie im Leben?

Offensichtlich habe ich immer noch einen Akzent, der meine kanadische Herkunft verrät. Ich bin in Kanada aufgewachsen und vor siebzehn Jahren in die Schweiz gezogen. Ich liebe Sport und habe eine wunderbare Familie, die die Balance zwischen effizientem Berufsleben und grosser Lebensqualität zu Hause möglich macht.
 

Welche Rolle spielt PwC im Bereich der indirekten Immobilienanlagen genau?

Allgemein gesagt, besteht die Rolle von PwC darin, das Vertrauen von Anlegern – egal in welcher Branche – zu stärken und ihnen bei ihren Investitionen die Gewissheit zu geben, dass das, was sie kaufen, auch den Aussagen entspricht. Wir haben natürlich mehrere Geschäftsfelder mit unterschiedlichen Zielen, aber jedes ist darauf ausskyscraper-1893201.jpggerichtet, zum Erfolg unserer Kunden beizutragen. Im Immobilienbereich leisten wir zum Beispiel Beratung bei der Strukturierung, Besteuerung und Bewertung. Darüber hinaus überprüfen wir die Korrektheit von Jahresberichten. Deshalb bieten wir bereits im Vorfeld Beratung und Prüfung und agieren weniger auf der Ebene der reinen Immobilieninvestitionen.
 

Wie haben Sie während der Corona-Krise Ihre Arbeit organisiert? Vor allem den Kontakt mit Kunden und Mitarbeitenden?

Hier hat PwC von seiner historischen Organisationsstruktur profitiert. Aufgrund unserer vernetzten Geschäftstätigkeit waren wir schon immer sehr flexibel. Unsere IT-Organisation mit Plattformen für den Informationsaustausch macht Kundenbesuche unkompliziert und bietet uns die Möglichkeit, überall und jederzeit vernetzt zu sein. Die Corona-Krise bewies, dass wir wirksame Instrumente besitzen, dank derer wir fast wie gewohnt weiterarbeiten konnten. Es gab nur sehr wenige Störungen … Insgesamt wussten unsere Kunden die Instrumente zum Datenaustausch und die Dokumente, die wir je nach Anforderung in Echtzeit zur Verfügung stellen konnten, sehr zu schätzen. Die meisten unserer Teams und insbesondere meines konnten fast normal arbeiten, ohne ins Büro gehen zu müssen!
 

Hat diese Krise Ihrer Meinung nach Auswirkungen auf den Immobiliensektor und auf indirekte Immobilien-anlagen im Allgemeinen? Und auf Ihre Tätigkeit im Besonderen?

Im Nachhinein und in der Diskussion mit unseren Kunden können wir nur geringe Auswirkungen feststellen. Natürlich hat sich die Arbeit auf allen Baustellen verlangsamt, einige Mieter hatten Schwierigkeiten, ihre Miete zu bezahlen … doch am Ende lief es überwiegend sehr gut. Von den gewerblichen Mietern, die stärker betroffen waren, hat der Grossteil, vielleicht mit Ausnahme kleinerer Mieter, seine Miete zahlen können. Ich würde also sagen, dass die Situation kurzfristig betrachtet nicht allzu gravierend war. Langfristig werden wir aber beobachten müssen, wie sich die Schweizer Wirtschaft erholt und inwieweit sich die Veränderungen in der Arbeits- und Mobilitätsmentalität auf den gewerblichen Immobiliensektor auswirken. Aber wir sprechen hier von sehr langen Zyklen.
 

Wenn wir dieses Thema intern mit unseren Spezialisten diskutieren, haben wir den Eindruck, dass es sich hier um eine «Schweizer Ausnahme» handeln könnte. Die Arbeitslosigkeit wird sicherlich ein wenig steigen, es wird eine gewisse Anzahl von Konkursen geben, aber die Schweiz könnte besser aus der Krise hervorgehen als ihre Nachbarn. Unter diesen Bedingungen dürfte der Immobiliensektor weiterhin viel Kapital anziehen. Tatsächlich beobachten wir bis heute eine ungebrochen starke Nachfrage und weitere Kapitalerhöhungen bei Immobilienfonds, die grosse Erfolge verzeichnen. Das Interesse an Immobilien ist nicht gesunken, auch wenn noch Fragen zu bestimmten Kategorien von Gewerbe-immobilien offen sind. Immobilien und indirekte Immobilienanlagen bleiben daher eine äusserst attraktive Anlageklasse.
 

In Bezug auf unser Geschäft konnten wir keine spezielle Nachfrage beobachten … Es gab keine nennenswerten Probleme bei der Bewertung. Auch wenn es mitunter natürlich zu Mietanpassungen kam, die Auswirkungen auf einige Bewertungen haben werden. Grösstenteils herrscht «business as usual».
 

Fassen wir zusammen: Indirekte Immobilienanlagen stellen in Ihren Augen nach wie vor einen sicheren Hafen dar?

Solange die Zinssätze niedrig oder sogar negativ bleiben und die Finanzmärkte die übliche Volatilität aufweisen – ohne Zweifel! Immobilien ricardo-gomez-angel-nr-SJBOdj-E-unsplash.jpgwerden wegen ihrer Renditen von 3 bis 4 % eine sehr attraktive Anlageklasse für Investoren bleiben. 
 

Wie bewerten Sie die Lage des Sektors bis zum 31. Dezember 2020?

Auch hier bin ich, auf der Grundlage der Gespräche mit unseren Kunden und dessen, was sich auf dem Markt beobachten lässt, recht optimistisch. Wie gesagt, wird es in der Schweiz sicherlich mehr Arbeitslosigkeit und Konkurse geben, aber wahrscheinlich nicht genug, um den Immobilienmarkt insgesamt zu stören.
 

Sehen Sie in dieser Situation besondere Risiken oder Chancen?

Wie bei jeder Krise wird es Gewinner und Verlierer geben… Es ist deutlich zu sehen, dass die Pharma-industrie und Internetakteure von dieser Krise profitieren, während es andere Branchen aus dem Dienstleistungs- und Tourismussektor etwas schwerer haben, die Situation in den Griff zu bekommen. Es werden sich also sowohl Chancen als auch Risiken auftun, doch insgesamt wird die Schweizer Immobilienbranche wahrscheinlich eine Insel in Europa bleiben, der es weiterhin sehr gut geht.
 

Abschliessend noch eine persönliche Frage: Wird diese Krise irgendetwas in Ihrem Leben verändern?

Ich hoffe es. Wie ich schon sagte, ist die Arbeit im Homeoffice für mich eigentlich nichts Neues. Auf der anderen Seite wurde mir wie vielen anderen Managern auch bewusst, dass einige Reisen oder Meetings unnötig waren … oder jedenfalls nicht die erwartete Effizienz brachten und dass die Telearbeit ein sehr wirksamer Ersatz dafür war.
 

Selbstverständlich brauchen wir weiterhin soziale Kontakte. In einem so beziehungsreichen Geschäft wie dem unseren ist die Nähe zu den Kunden nach wie vor unabdingbar, doch gibt es auch andere, weniger direkte Wege, um diese Nähe aufrechtzuerhalten und noch effizienter zu arbeiten.
 

Ich persönlich finde das sehr vorteilhaft. So kann ich meine Familie öfter sehen, mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen und mein Leben ausgewogener gestalten.

 

Immoday - Befragt von Philippe Perret du Cray am 18. Juni 2020