Interview mit Olivier Moser, COO der Immobilienverwaltung de Rham: «Es wird immer schwieriger, einen guten Hauswart zu finden»

07/08/2023

Olivier Toublan

Immoday

5 min

Während der unentbehrliche klassische Hauswart, der vor Ort in seinem Gebäude wohnte, im Verschwinden begriffen ist, haben sich andere effiziente Lösungen entwickelt, wie zum Beispiel externe Hauswartungsservices. Olivier Moser, COO der Immobilienverwaltung de Rham, erklärt dieses Phänomen.
 

Wir reden von einer Zeit, die die unter 20-Jährigen nicht kennen können. Die anderen erinnern sich daran, dass es einst in ihrem Wohnhaus einen Hauswart gab, der sich nicht nur um die Reinigung und Instandhaltung der Gemeinschaftsräume kümmerte, sondern auch um die kleinen Probleme der Mieter. Er war da, um kleinere Arbeiten zu erledigen, Dienste zu erweisen, Schlüssel aufzubewahren oder ein Paket entgegenzunehmen.

Doch nach und nach verschwanden diese Hauswarte und wurden durch Reinigungsfirmen ersetzt. Während dies für viele Mieter keinen grossen Unterschied macht, bedauern andere den Verlust ihres Hauswarts bitterlich. Doch wie lässt sich dieser Wandel erklären? Um das herauszufinden, haben wir Olivier Moser befragt. Der COO der Immobilienverwaltung de Rham, einer der ältesten in der Westschweiz, muss mit seinen Teams mehr als 9000 Wohnungen in rund 400 Gebäuden verwalten. Er berichtet uns von seinen Erfahrungen.

 

Olivier Moser, kommen wir gleich zum Punkt: Ist ein Hauswart heute wirklich noch notwendig?

 

Er ist mehr als notwendig, er ist unverzichtbar! Ein Hauswart ist für den reibungslosen Gesamtbetrieb eines Gebäudes, sei es ein Wohn- oder Geschäftsgebäude, unverzichtbar. In dem Gebäude oder den Gebäuden, für die er zuständig ist, erfüllt er verschiedene wichtige Aufgaben, die für Eigentümer und Mieter gleichermassen unerlässlich sind. Für Letztere zählt nicht nur die Reinigung der Gemeinschaftsräume dazu, sondern auch, wenn der Hauswart vor Ort wohnt, die Lösung unzähliger Alltagsprobleme und nicht zu vergessen die kleinen Dienste, die er ihnen auch erweisen kann.
 

Und für den Eigentümer?

 

Wenn der Hauswart vor Ort wohnt, ist er der Vertreter des Eigentümers, seine Augen im Gebäude, derjenige, der insbesondere auf die Einhaltung der Hausordnung achtet und alle wichtigen Informationen an die Hausverwaltung weitergibt.
 

Warum sind dann immer weniger Hauswarte in den Gebäuden zu finden, wenn sie sowohl für den Eigentümer als auch für den Mieter so wichtig sind?

 

Vorsicht, es sieht nur danach aus. Es gibt nicht weniger Hauswarte, aber die Form des Hauswartungsdienstes hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Sicherlich ist der klassische Hauswart, der vor Ort wohnt, vom Aussterben bedroht, aber heute gibt es andere effiziente Lösungen. Viele externe Dienstleistungsunternehmen, die häufig auf Reinigung spezialisiert sind, bieten mittlerweile Hauswartungsservices an.
 

Ist die Entscheidung für eine externe Hauswartungsfirma eine Kostenfrage? Ist diese billiger als ein Hauswart vor Ort?


Nein, bei gleichen Leistungen wäre sie gewiss teurer. Ausserdem ist es aus praktischer Sicht schwierig für eine externe Firma, die gleichen Leistungen zu erbringen wie ein Hauswart, der im Gebäude wohnt. Es ist einfach eine Frage der Verfügbarkeit und der Präsenz vor Ort.

 

Diese Leistungen sind also besser?

 

Sie sind anders. Bei einem externen Hauswartungsservice haben die Leistungen zwar ein gutes Niveau, aber die enge Verbindung geht verloren, die ein Hauswart, der vor Ort lebt, zum Gebäude und den Mietern haben kann. Und dann ist die Reaktionsgeschwindigkeit eines externen Dienstleisters natürlich nicht die gleiche wie bei einem Hauswart vor Ort.
 

Das verstehe ich nicht. Wenn die Kosten gleich, ihre Leistungen aber qualitativ besser sind, warum werden dann nicht weiterhin nur klassische Hauswarte eingestellt, die vor Ort wohnen?

 

Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe. Erstens wird es immer schwieriger, einen guten Hauswart zu finden, der bereit ist, sich in einer solchen Funktion zu engagieren, die letztlich ziemlich undankbar ist, nicht wirklich wertgeschätzt wird, aber dennoch Selbstlosigkeit und viel Flexibilität erfordert. Zumal es sich – anders als manche vielleicht denken – um einen richtigen Beruf handelt, den man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Darüber hinaus ist es oft kein Vollzeitjob, sodass der Hauswart diesen gleichzeitig durch eine Hauptbeschäftigung ergänzen muss. Was nicht immer einfach ist und viele potenzielle Bewerber abschreckt.
 

Was verdient denn ein Hauswart?

 

Das hängt natürlich von seinem Pflichtenheft und der Grösse des Gebäudes ab, um das er sich kümmern muss, aber sagen wir mal, dass die breite Spanne für eine 100-%-Stelle bei 4500 bis 6500 Franken liegt. Ein Problem ist auch, dass bei diesem Gehalt, wenn der Hauswart im Gebäude wohnen muss, die Miete möglicherweise in keinem Verhältnis zu seinen Einkünften steht. 

 

Wer bezahlt den Hauswart? Der Eigentümer? Die Hausverwaltung? Der Mieter?

 

Die Hauswartkosten zählen zu den Betriebskosten. Je nach Mietvertrag können diese direkt den Mietern auferlegt oder vom Eigentümer getragen werden. In jedem Fall deckt die vom Mieter gezahlte Miete alle Betriebskosten des Gebäudes.

 

Wo findet man einen guten Hauswart?

 

Das ist nicht einfach. Das läuft wie bei anderen auch über Anzeigen. Man sortiert die Bewerber aus und verhandelt über Gehalt und Vergünstigungen. Das ist viel Verwaltungsarbeit. Erst recht, wenn man, wie es bei unserer Immobilienverwaltung der Fall ist, 150 Hauswarte unter Vertrag hat. Das bedeutet, dass 150 Personen eingestellt, geschult und ersetzt werden müssen, wenn sie gehen. Das ergibt 150 Lohnabrechnungen, die jeden Monat ausgestellt werden müssen. Aus administrativer Sicht ist das eine umfangreiche Aufgabe, die praktisch eine Person in Vollzeit beschäftigt. Und das erklärt auch, warum viele Eigentümer und Hausverwaltungen es vorziehen, externe Dienstleister zu beauftragen. Das ist nicht unbedingt billiger, wie bereits erwähnt, aber verwaltungstechnisch deutlich einfacher.
 

Gibt es noch andere Gründe für den Rückgang der Zahl der Hauswarte, die in ihrem Gebäude wohnen?

 

Einer der anderen Hauptgründe ist, dass sich externe Unternehmen in den letzten Jahren bemerkenswert professionalisiert haben. Sie erbringen mittlerweile qualitativ gute Leistungen, die immer mehr denen eines klassischen Hauswarts ähneln. Darüber hinaus verwalten viele Eigentümer grosser Immobilienbestände die Organisation dieser Reinigungs- und Hauswartungsleistungen inzwischen intern. Entweder beauftragen sie selbst eine Hauswartungsfirma, oder sie gründen manchmal ihre eigene Hauswartungsfirma, was grosse Einsparungen ermöglicht.
 

Und Sie? Welche Politik verfolgt die Immobilienverwaltung de Rham in Bezug auf die Hauswartung?

 

Wir arbeiten mit mehreren externen Hauswartungsfirmen zusammen, die sich im Laufe der Zeit zu echten Partnern mit einer gut funktionierenden Beziehung entwickelt haben. Abgesehen davon versuchen wir, soweit dies möglich ist, in den von uns verwalteten Gebäuden einen Hauswart vor Ort zu haben. Die Vorteile sind unbestritten. Derzeit haben wir, wie gesagt, etwa 150 Hauswarte, die wir so gut wie möglich behandeln, unter anderem mit unserem jährlichen Ausflug, bei dem wir sie kennenlernen und uns bei ihnen bedanken können.
 

Einige Hausverwaltungen haben uns erklärt, dass eine Lösung darin besteht, einen Hauswart für mehrere Gebäude zu beschäftigen.

 

Das ist tatsächlich möglich. So kann man einen Hauswart zu 100 % beschäftigen, was sich die Betroffenen oft wünschen. Diese Lösung haben wir übrigens auch schon probiert. Aber sie ist nicht immer das Allheilmittel, denn auch wenn sie auf dem Papier gut funktioniert, ist man dennoch von den Unwägbarkeiten der Gebäudeverwaltung abhängig. Nehmen wir zum Beispiel einen Hauswart, der vier Gebäude verwalten muss, um eine 100-%-Stelle zu rechtfertigen. Wenn der Eigentümer eines dieser Gebäude plötzlich beschliesst, es zu verkaufen oder einfach nur die Hausverwaltung zu wechseln, was geschieht dann mit dem Hauswart? Er wird selten bereit sein, seine Arbeitszeit zu reduzieren – und schnell steht man vor einem Problem.
 

Was ist also in Ihren Augen die beste Lösung?

 

Meine Meinung zählt wenig. Wir sind zu einem grossen Teil von den Strategien und Wünschen unserer Auftraggeber abhängig. Ich persönlich sähe es gern, wenn wir dort, wo es geht, klassische Hauswarte einsetzen würden. Wir haben immer noch welche in unseren Teams, die sich seit Jahrzehnten um ihre Gebäude kümmern. Und sie leisten nicht nur erstklassige Arbeit, sondern es ist auch immer ein Vergnügen, sie zu treffen. Sie sind das wahre Gedächtnis dieser Gebäude und haben immer eine Menge unterhaltsame Anekdoten zu erzählen.
 

Olivier Toublan, Immoday.ch