«Zwischen Renovationskosten und Wertsteigerung besteht kein Automatismus»
Grégory Buchs

«Zwischen Renovationskosten und Wertsteigerung besteht kein Automatismus»

Interview 7 min Redaktion • Immoday.ch
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Technische Fragen rund um Sanierungen stehen beim Immobilienkauf oft im Mittelpunkt. Weniger Beachtung finden dagegen rechtliche und wirtschaftliche Aspekte. Dabei führt die Umsetzung – insbesondere energetischer Massnahmen – entgegen weitverbreiteter Erwartungen nur in seltenen Fällen zu einer realen Wertsteigerung. Zwar erlauben die mietrechtlichen Rahmenbedingungen eine gewisse Überwälzung und damit eine Erhöhung der Rentabilität, doch dies meist in einem geringerem Ausmass, als sich viele Marktteilnehmer bewusst sind. Darüber und um andere Themen wurde am Roundtable Ende Mai in Lausanne an einem Roundtable von Coptis und Immobilis Consulting diskutiert.

Sanierungen, vor allem mit Fokus auf Energieeffizienz, werden häufig von ihrer technischen Seite her betrachtet. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Implikationen hingegen bleiben oft unter dem Radar – zu Unrecht, wie der Anlass zeigte. Drei Experten warnten vor den Folgen eines zu hohen Einstiegspreises: Eric Bron, verantwortlich für die Verwaltung der Bestandesliegenschaften bei der Direktion Wohnbau des Kantons Waadt, Sarah Perrier, Anwältin und Gründerin der Kanzlei LEGAcité mit Spezialisierung auf Miet- und Baurecht, sowie Laurent Breit von Omnia Immobilier, Berater für Erwerb und Investorenbegleitung.

Im Anschluss führten wir ein Interview mit Grégory Buchs, geschäftsführender Partner bei Immobilis Consulting und Leiter des Panels:

Grégory Buchs, wenn man eine Immobilie kauft – insbesondere eine ältere Liegenschaft –, sollte der Kaufpreis auch die Kosten notwendiger Renovationen berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Nachhaltigkeit. Sie sagen jedoch, dass solche Kalkulationen von vielen Investoren nicht immer mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt werden. Woran liegt das?

Tatsächlich sehen wir häufig, dass Sanierungsmassnahmen – unabhängig vom Alter des Gebäudes – entweder zu tief budgetiert oder aufgeschoben werden. Oft stimmen sie auch nicht mit dem tatsächlichen Sanierungsbedarf überein. Für Investoren ist vor allem wichtig, dass die Bewertung den Kaufpreis rechtfertigt. Das birgt ein Risiko: Wer sich mit der Materie auskennt, könnte versucht sein, den Wert zu „optimieren“ – etwa indem notwendige Arbeiten zeitlich nach hinten verschoben werden. In einem DCF-Modell (Discounted Cashflow) lässt sich das problemlos anpassen, ohne dass es gross auffällt.

Wie soll man vorgehen, um eine realistische Einschätzung der Gesamtkosten einer Liegenschaft zu erhalten – gerade, wenn die Zeit für eine vertiefte Analyse fehlt oder man rasch handeln muss, um eine gute Gelegenheit nicht zu verpassen?

Eine präzise Schätzung lässt sich durchaus auch in kurzer Zeit erstellen. Voraussetzung ist, dass eine vollständige Dokumentation vorliegt, was in der Regel der Fall ist, und der beauftragte Experte über das nötige Know-how und die entsprechende Erfahrung verfügt. Am Ende liegt es jedoch immer beim Investor selbst zu entscheiden, ob die vom Verkäufer gesetzten Fristen ausreichen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Letztlich spielt der Kaufpreis doch keine Rolle – Renovationsarbeiten, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit, erhöhen den Wert der Immobilie doch im gleichen Ausmass. Der Käufer hat also eigentlich kein Problem, oder?

So einfach ist es nicht. Zwischen dem Renovationsvolumen – also den getätigten Investitionen – und einer daraus resultierenden Wertsteigerung besteht kein automatischer Zusammenhang. Entscheidend sind mehrere Faktoren: etwa die mietrechtlichen Möglichkeiten, wertvermehrende Investitionen umzulegen, die Aufnahmefähigkeit des Marktes für höhere Mieten – und vor allem die tatsächliche Steigerung der Cashflows. Denn nur diese generieren langfristig Wert. Wichtig ist auch der Ausgangszustand der Immobilie. Ob es um eine gezielte Aufwertung, eine Teil- oder Gesamtsanierung oder einfach um das Nachholen von Unterhaltsarbeiten geht – jede Massnahme wirkt sich unterschiedlich auf den Wert aus. Und nicht zu vergessen: Der Zahn der Zeit nagt immer mit - ganz vermeiden lässt sich das nicht.

Wäre es nicht einfacher, statt all diese Berechnungen anzustellen, einfach auf die Markteffizienz zu setzen – also darauf, dass der Markt die Nachhaltigkeit einer Liegenschaft im Preis bereits berücksichtigt, so wie er auch Alter oder Lage einpreist? In Frankreich etwa zeigt sich, dass energetisch schlechte Gebäude mit einem Abschlag von rund 30 % gehandelt werden, während sehr nachhaltige Objekte eine Prämie von etwa 25 % erzielen.

Derzeit liegt der Fokus stark auf dem Thema Nachhaltigkeit, andere Aspekte werden hingegen oft vernachlässigt – etwa das Mietrecht oder die Frage, ob Mieter überhaupt in der Lage sind, höhere Mieten zu bezahlen. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit sind die Umstände komplexer, als es scheint: Ein nach Minergie zertifiziertes Gebäude verursacht in der Bewirtschaftung oft höhere Kosten als ein nicht zertifiziertes. Ist es also gerechtfertigt, dass ein solches Gebäude eine Prämie erzielt – selbst wenn sich die Cashflows nicht entsprechend entwickeln?

Haben Investoren in einem so angespannten Markt überhaupt noch die Möglichkeit, über den Kaufpreis zu verhandeln?

Das hängt stark von den Umständen ab. Ohne fundierte Informationen oder überzeugende Argumente lässt sich selbst in einem entspannten Markt kaum verhandeln. Wichtig ist: Der Markt ist nicht überall gleich. In einigen Regionen herrscht Knappheit, in anderen gibt es nach wie vor Opportunitäten. Wie bei jeder Anlage gilt auch hier: Der Investor muss zwischen Sicherheit und Rendite abwägen. Eine Liegenschaft in einem angespannten Markt mit ausgeprägtem Nachfrageüberhang bietet in der Regel mehr Stabilität, dafür aber geringere Renditechancen. In einem entspannten Markt ohne Nachfrageüberhang ist es umgekehrt.

Sie sagen, ein zu hoher Kaufpreis drückt auf die Rendite und wird langfristig zum Nachteil. Doch viele Investoren sehen das anders: Durch Mietzinserhöhungen nach Renovationen – im Rahmen des Mietrechts – lohnt sich das Investment trotzdem.

Die entscheidende Frage ist, wie weit Mieter solche Mietzinserhöhungen überhaupt mittragen können – oder wollen. Gleichzeitig beobachten wir, dass sich das Verhältnis zwischen Eigentümern und Mietern zunehmend verschärft. Die Zahl der Schlichtungs- und Gerichtsverfahren ist in den letzten zwölf Monaten regelrecht explodiert – selbst in Regionen, die bislang als ruhig galten. Auch auf politischer Ebene ist Zug drin: Mehrere Initiativen, Motionen und andere Vorstösse – sowohl von Eigentümer- wie auch von Mieterseite – sind hängig oder werden derzeit diskutiert.

Selbst bei niedrigen Renditen bleibt eine Immobilie oft attraktiver als Obligationen. Vor dem Zinsanstieg 2022 wurden Immobilien teilweise sogar mit einer Nettorendite von unter 2 % gekauft. Und die Fonds, die solche Liegenschaften gekauft haben, sind ja immer noch da …

Die Rendite einer Liegenschaft sollte grundsätzlich stets höher sein als etwa die einer Bundesobligation, da das Management einer Immobilie komplex, kostenintensiv und mit höheren Risiken verbunden ist als eine Anleihe. Entgegen Ihrer Aussage hatten einige Immobilienvehikel Schwierigkeiten oder mussten ihre Aktivitäten sogar einstellen. Ursache waren Investitionen in Phasen mit überhöhten Preisen, die nicht genug Erträge für eine nachhaltige Bewirtschaftung brachten. Zudem sehen sich manche Akteure gezwungen, zusätzliches Fremd- oder Eigenkapital aufzunehmen, um notwendige Renovationen zu finanzieren – weil der Cashflow der Immobilien nicht ausreicht, um Unterhalts- und Sanierungskosten zu decken.

Wie wichtig ist der Kaufpreis wirklich für Investoren, die ihre Immobilie langfristig halten, wenn der Wert durch steigende Preise und Renovationen automatisch wächst?

Eine Immobilie muss aus sich heraus genügend Erträge generieren, um alle Kosten zu decken – inklusive anstehender Renovationen. Ist das nicht der Fall, werden zusätzliche Mittel benötigt, um die Lücke zwischen zu tiefen Renditen und den notwendigen Unterhalts- und Sanierungskosten zu schliessen. Dabei sollte man nicht vergessen: Eine Wertsteigerung schafft keine Liquidität. Der einzige Weg, einen Wertzuwachs in flüssige Mittel umzuwandeln, ist der Verkauf der Liegenschaft. Doch was passiert dann mit diesem Geld? Meist wird es in eine neue Immobilie investiert – die wiederum ähnliche Herausforderungen mit sich bringt wie das vorherige Objekt. Das bedeutet: Die Wertsteigerung allein löst das grundlegende Problem eines zu hohen Einstiegspreises nicht.

Also ist es Ihrer Meinung nach keine gute Strategie, einfach darauf zu setzen, dass der Wert der Immobilie irgendwann steigt?

Genau – das gilt eigentlich für jede Investition: Nur auf einen Wertanstieg zu hoffen, um einen zu hohen Kaufpreis auszugleichen, das nennt man Spekulation. Und ist das wirklich das, was etwa Versicherte einer Pensionskasse von der Verwaltung ihres Altersguthabens erwarten?

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