
Mit längeren Mietverträgen, höheren Mieten und attraktiveren Renditen als im traditionellen Wohnsegment bleibt das altersgerechte Wohnen in der Schweiz dennoch eine Nische, die bisher kaum das Interesse von kotierten Immobilienvehikeln weckt. Dabei zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie von Wüest Partner deutlich, dass die Alterung der Bevölkerung eine erhebliche Nachfrage in diesem Bereich generieren wird – eine Entwicklung, die auf einer strukturellen Dynamik beruht und kaum von Konjunkturschwankungen abhängig ist. Entsprechend bieten sich hier besonders interessante Investitionsperspektiven.
Unter den Immobiliennischen, die für Investoren potenziell interessant sind, bleibt eine bislang in der Schweiz weitgehend unerschlossen: seniorengerechtes Wohnen. Dennoch wird, wie die neue Studie von Wüest Partner hervorhebt, der demografische Wandel in den kommenden Jahren einen markanten Nachfrageanstieg nach dieser Art von Wohnraum auslösen – mit zugleich attraktiven Renditeaussichten.
Bis 2040 werden 400’000 zusätzliche Wohnungen benötigt
Gemäss Wüest Partner müssen bis 2040 auf nationaler Ebene rund 25’000 neue Pflegeheimplätze geschaffen werden, um ein angemessenes Niveau von insgesamt etwa 117’000 Plätzen in der Schweiz zu erreichen. Besonders gross wird der Bedarf in den Regionen Genf und Zürich sein.
Der stärkste Nachfrageanstieg wird jedoch im Bereich der altersgerechten Wohnungen (gegebenenfalls mit modularen Serviceleistungen) erwartet: Rund 400’000 zusätzliche Einheiten werden benötigt, darunter etwa 20’000 in Genf und 11’000 in Zürich.
Wenn man den Zahlen von Wüest Partner Glauben schenkt, wird altersgerechtes Wohnen bis 2040 zu einem zentralen Bestandteil des Schweizer Immobilienmarktes.
Höhere Durchschnittsmieten und längere Mietverträge
Die Nachfrage ist real – und für Investoren umso interessanter, da sie auf einer strukturellen und konjunkturunabhängigen Dynamik basiert.
Wie Wüest Partner erläutert, weisen Seniorenwohnungen in der Regel eine sehr hohe Belegungsquote auf. In betreuten Wohnanlagen sind die Mietverträge mit den Betreibern zudem langfristig ausgestaltet – mit einer Medianlaufzeit von sieben Jahren, deutlich länger als in anderen Immobiliensegmenten (zum Vergleich: drei Jahre bei kommerziellen Mietflächen). Das sorgt für zusätzliche Stabilität und Sicherheit der Erträge.
Gemäss den Ökonomen von Wüest Partner liegen die Nettomieten pro Quadratmeter und Jahr über dem Durchschnitt herkömmlicher Wohn- oder Gewerbeimmobilien (250 Franken bei Seniorenwohnungen gegenüber 220 Franken bei Standardliegenschaften).
Insgesamt resultiert daraus eine höhere nominale Medianrendite: 3,5 % bei Seniorenwohnungen im Vergleich zu 3 % bei Mehrfamilienhäusern.
Höhere CAPEX als im traditionellen Wohnsegment
Natürlich bringt das Segment des seniorengerechten Wohnens auch spezifische Herausforderungen mit sich. So liegen die CAPEX im Schnitt höher als im klassischen Wohnbereich. Wie Wüest Partner feststellt, erfordern Seniorenresidenzen besondere und teure bauliche Anpassungen – etwa grosszügige Aufzüge, barrierefreie Zugänge oder sogar grundlegende medizinische Einrichtungen. Diese führen in der Folge zu merklich höheren Unterhaltskosten.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Lage. Die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten, öffentlichen Verkehrsmitteln und ein qualitativ hochwertiges Wohnumfeld sind noch wichtiger als im herkömmlichen Wohnsegment. Dennoch ist es nicht notwendig, sich ausschliesslich auf urbane Zentren zu fokussieren, da die Zunahme der älteren Bevölkerung in allen Schweizer Gemeinden spürbar ist. Für Investoren ergibt sich daraus eine Möglichkeit zur geografischen Diversifikation.
Vier zentrale Risiken im Segment Seniorenimmobilien
Wie bereits erwähnt, ist die Lage ein Schlüsselfaktor für den Erfolg – ebenso wie das Angebot an Einrichtungen und Dienstleistungen, das je nach Zielgruppe stark variiert. Die Bedürfnisse unterscheiden sich deutlich zwischen jüngeren Pensionierten und hochbetagten Personen. Jedes Projekt muss daher auf einer fundierten Bedarfsanalyse basieren.
Ein zweites Risiko liegt in der möglichen Diskrepanz zwischen Angebot und finanziellen Möglichkeiten der künftigen Bewohner. Viele ältere Menschen verfügen über begrenzte Einkommen, was die Nachfrage nach kleineren Wohnungen (2- bis 3-Zimmer-Einheiten) verstärkt – ein Segment, das auf dem Markt für Neubauten wegen der geringeren Rentabilität selten ist.
Zudem werden die meisten Seniorenresidenzen oder Pflegeeinrichtungen von spezialisierten Betreibern geführt, deren operative und reputative Leistung variieren kann. Schlechte Bewirtschaftung oder negative Medienberichterstattung können sich direkt auf den Immobilienwert und die Mieterträge auswirken.
Als viertes Risiko sind die regulatorischen Anforderungen im Bereich Sicherheit, Barrierefreiheit und Gesundheit zu nennen. Diese Normen treiben die Bau- und Sanierungskosten im Vergleich zum klassischen Wohnbau deutlich in die Höhe. Hinzu kommt, dass viele dieser Einrichtungen teilweise durch öffentliche Gelder oder Krankenkassen finanziert werden, deren langfristige Stabilität nicht garantiert ist – was die Rentabilität zusätzlich beeinträchtigen könnte.
Eine Nische, die von Schweizer Fonds noch kaum genutzt wird
Trotz dieser Risiken bleibt das Segment des seniorengerechten Wohnens eine vielversprechende Nische für Investoren. Das haben internationale Marktteilnehmer längst erkannt und investieren bereits massiv in diesen Bereich.
Der grösste Akteur des Sektors, Welltower, verfügt über ein Portfolio von mehr als 1’500 Gebäuden mit über 100’000 Wohneinheiten – hauptsächlich in den USA, Kanada und Grossbritannien – und über eine Marktkapitalisierung von rund 120 Milliarden US-Dollar. Damit entspricht sein Wert in etwa dem gesamten Volumen aller kotierten Schweizer Immobilienfonds und -gesellschaften zusammen.
In der Schweiz hingegen ist die Entwicklung noch verhalten. Zwar gibt es einige Immobilienstiftungen, die einen Teil ihres Portfolios in Seniorenimmobilien investieren – wie etwa Prisma oder Bonacasa, so Laure Carrard von IMvestir – doch kein börsenkotiertes Vehikel fokussiert sich bisher ausschliesslich auf dieses Segment.
Angesichts des steigenden Interesses und der attraktiven Renditepotenziale dürfte es jedoch nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten spezialisierten Schweizer Fonds entstehen.
Immoday-Redaktion
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