250 Wohnungen in Genf versteigert
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250 Wohnungen in Genf versteigert

Immobilien 4 min Redaktion

Mitte März wurden in Genf 250 Wohnungen versteigert – eine ungewöhnliche Aktion des kantonalen Betreibungsamts. Statt der erwarteten 228 Millionen Franken wurden nur 153 Millionen Franken erzielt. Welches sind die Gründe für diesen scheinbaren Misserfolg?

Die Angelegenheit sorgte in der Genfer Immobilienwirtschaft für grosses Aufsehen: Mitte März versteigerte das kantonale Betreibungsamt fünf angrenzende Liegenschaften von Genprop, die einen ganzen Häuserblock bilden. Es handelte sich um insgesamt 250 Wohnungen und eine Tiefgarage mit 170 Stellplätzen auf drei Etagen. Gemäss der Schätzung des vom Kanton beauftragten Experten waren diese Liegenschaften 228 Millionen Franken wert. In den Augen einiger Beobachter war es somit eine der grössten jemals von einem Betreibungsamt in der Schweiz durchgeführten Immobilienversteigerungen. 

Diese Liegenschaften kamen letztlich für 153 Millionen Franken und damit mit einem erheblichen Abschlag im Umfang von rund einem Drittel des theoretischen Marktwerts unter den Hammer, da keiner der traditionellen Immobilieninvestoren mehr bieten wollte. Am Ende bekam die Bank J. Safra Sarasin, die Hauptgläubigerin von Genprop, den Zuschlag (und machte nebenbei auch noch einen grossen Verlust, da Genprop ihr für das Hypothekardarlehen und die ausstehenden Zinsen rund 212 Millionen Franken schuldete). 

Angesichts der Probleme der Liegenschaften war der Preis für Realstone zu hoch

Für die Liegenschaften hatten sich einige wenige Immobilieninvestoren – darunter unabhängige Anleger und der Fondsmanager Realstone – interessiert. «Diese Versteigerung bot eine attraktive Investitionsmöglichkeit für uns. Da es sich bei diesen fünf Immobilien um Wohnliegenschaften handelt und sie sich an zentraler Lage, nämlich im Herzen des Genfer Quartiers Champel, befinden, entsprechen sie voll und ganz den Kriterien der Anlagestrategie von drei unserer vier Anlagevehikel (Fonds Realstone RSF, Fonds Solvalor 61, Anlagegruppe RIRS der Realstone Anlagestiftung). Aus diesem Grund nahmen wir an der Versteigerung teil», erklärt Julian Reymond, CEO von Realstone.

Und dennoch wollte Realstone nicht mehr bieten. Weshalb? «Unter Berücksichtigung unserer Prognosen und der erwarteten Rendite für diese Liegenschaften wollten wir bei dieser Versteigerung nicht über 153 Millionen Franken gehen», erklärt Julian Reymond. 

Umnutzung wird zu deutlich niedrigeren Mieten führen

«Wir können die viel zu hohe Bewertung von 228 Millionen Franken nicht nachvollziehen. Sie ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Wohnungen derzeit möbliert vermietet werden, was von den Genfer Behörden jedoch nicht abgesegnet war», fährt der CEO von Realstone fort.

Denn wie Pauline de Salis, stellvertretende Generalsekretärin des Département du Territoire (DT), kürzlich in der Zeitschrift Bilan erklärte, «sind die Wohnungen in diesen Liegenschaften ausschliesslich für Wohnzwecke bestimmt. Werden die Wohnungen – wie derzeit – möbliert vermietet, handelt es sich nach geltendem Recht um eine gewerbliche Tätigkeit, was verboten ist.» Zwar bestreite der Anwalt von Genprop diese Auslegung des Gesetzes, doch sei derzeit ein Verfahren bezüglich dieser Zweckentfremdung und der nicht genehmigten Arbeiten hängig, so Julian Reymond. «Wird bestätigt, dass die Wohnungen tatsächlich zweckentfremdet wurden, werden diese in normale Mietwohnungen umgenutzt werden müssen. Damit werden die Mieteinnahmen um rund die Hälfte sinken. Zudem werden die Mietzinse wahrscheinlich für mehrere Jahre eingefroren», führt der CEO von Realstone aus.

Und nun? Aufstockungsvorhaben derzeit auf Eis

Laut der Tribune de Genève bot Genprop seine rund 30 Quadratmeter grossen Studios für rund 2500 Franken pro Monat an, also für mehr als das Doppelte der durchschnittlichen Miete im Quartier. Damit hätte die Eigentümerin bei Vollvermietung theoretisch einen jährlichen Mietertrag von rund 7 Millionen Franken erzielen können.

Und nun? J. Safra Sarasin wollte uns unsere Fragen nicht beantworten. Es ist wahrscheinlich, dass die Bank diese Liegenschaften irgendwann – vielleicht nach einer Weiterentwicklung – wieder veräussern wird. Der Tribune de Genève zufolge liegt derzeit ein Vorhaben zur Aufstockung der Liegenschaften auf Eis. 

Für die Bank ist dies das Ende einer langen Geschichte, die damit begann, dass das Finanzinstitut der auf die Vermietung von möblierten Wohnungen im Kanton Genf spezialisierten Firma Genprop, Hypothekendarlehen gewährte. Leider blieb der Erfolg aus und die Firma geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Sie habe versucht, die Liegenschaften zu veräussern, was ihr aber nicht gelungen sei, weil sie ihre Preise nicht habe senken wollen, so Kenner des Genfer Immobilienmarkts.

Redaktion - Immoday.ch

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