
Im Vergleich zur herkömmlichen Langzeitvermietung bietet die Vermietung von Coliving-Räumen 18 bis 30 Prozent höhere Einnahmen und zieht damit immer mehr Immobilieninvestoren an. Deren Interesse wird durch die stetig steigende Nachfrage in den Grossstädten noch verstärkt. Doch die höheren Erträge gehen auch mit einem grösseren Aufwand einher. Im Folgenden stellen wir eine Vermietungsart vor, welche die meisten Schweizer Investoren noch nicht auf dem Schirm haben.
Früher sprach man von Wohngemeinschaften, heute bevorzugen die Investoren den Begriff «Coliving», wenn es um das professionelle Angebot von Wohnraum geht, der auf gemeinschaftliches Wohnen ausgerichtet ist.
Angesichts der stetig steigenden Nachfrage und der im Vergleich zur herkömmlichen Vermietung höheren Einnahmen ist es nicht verwunderlich, dass diese Art von Wohnimmobilien zunehmend das Interesse der Investoren weckt. Das Angebot an Coliving-Wohnraum wird allmählich bedeutend. Laut einem kürzlich in Le Monde erschienenen Artikel werden in einer Stadt wie Paris bis zu 40 000 Zimmer in dieser Wohnform angeboten. In Zürich sind es unserer Schätzung nach erst ein einige hundert.
Das neue Eldorado für Investoren
Laut dem Forschungsinstitut Institut Paris Région (IPR) fliesst in Frankreich mittlerweile die Hälfte aller für verwaltete Wohnanlagen getätigten Investitionen in Coliving-Wohnimmobilien. Wohnheime für Studierende und Seniorenresidenzen stehen diesbezüglich inzwischen hinten an.
Es gibt lokale Akteure wie La Casa – ein Unternehmen, das heute 50 Gebäude mit rund 700 Betten in ganz Frankreich besitzt –, aber auch internationale Giganten wie Greystar. Dieser Anbieter verwaltet ein Immobilienportfolio von insgesamt einer Million Mieteinheiten und sein Angebot in Europa umfasst mehr als 40 000 Betten.
In der Schweiz haben zudem Start-ups dieses Segment für sich entdeckt. So begann zum Beispiel TomoDomo Anfang der 2020er Jahre damit, im Grossraum Zürich Hotels in Coliving-Räume umzuwandeln. Heute verwaltet das Unternehmen in Zürich, Basel und St. Gallen insgesamt sieben Coliving-Häuser. Die kleinsten bieten Wohnraum für etwa 30 Personen, das grösste für etwas mehr als 130 Personen.
Während die Coliving-Räume anfangs meist durch Umstrukturierung alter Gebäude entstanden sind, werden inzwischen immer häufiger Häuser gebaut, die speziell für diese Art der Vermietung bestimmt sind und über genügend Zimmer verfügen, um rentabel betrieben werden zu können.
Höheres Ertragspotenzial mit Coliving
Warum sollte man in Coliving investieren?
Zunächst einmal, weil das Ertragspotenzial höher ist als bei einer Langzeitvermietung. Es leuchtet ein: Werden die Zimmer einer Wohnung – die meist umgebaut wurde, um den verfügbaren Raum optimal zu nutzen – einzeln vermietet, fliessen die Einnahmen aus mehreren Quellen und sind letztlich höher als bei einer Vermietung an eine Einzelperson. In Lausanne kostet ein 15 Quadratmeter grosses Zimmer in einem 28-Zimmer-Colivinghaus 1300 Franken pro Monat. In Zürich liegt man im Durchschnitt bei 1500 Franken.
Nach Abzug aller Kosten – die beim Coliving-Konzept viel höher sind als bei herkömmlichen Wohnungen, dazu weiter unten mehr – schätzt eine französische Studie, dass pro Quadratmeter 18 bis 30 Prozent mehr Einnahmen generiert werden als mit Wohnungen in Langzeitvermietung.
Und das Sahnehäubchen: Coliving bewegt sich derzeit noch in einer rechtlichen Grauzone, sodass die Mietpreisbindung oft umgangen werden kann. Zudem sind Mietzinsanfechtungen sowieso unwahrscheinlich, da die Mieterinnen und Mieter meist nicht vorhaben dauerhaft da zu wohnen, und ein solches Verfahren für sie zu langwierig wäre.
Steigende Nachfrage nach dieser Wohnform
Für Vermieter ist Coliving umso attraktiver, je grösser die Nachfrage ist. Das macht vor allem die Städte interessant, die viele Studierende und junge Expats anziehen. Für sie ist Coliving eine einfache, erschwingliche und unkomplizierte Lösung. Zudem bietet es die Möglichkeit, in den Gemeinschaftsräumen andere Menschen zu treffen. (Die Bekämpfung der Einsamkeit von Neuankömmlingen ist eines der stärksten Marketingargumente für Coliving.)
Die hohe Nachfrage wird auch dadurch begünstigt, dass es sehr einfach ist, einen Mietvertrag für einen Coliving-Raum abzuschliessen: Er kann innerhalb weniger Minuten online unterzeichnet werden. Bis man hingegen eine herkömmliche Mietwohnung findet, können Wochen oder sogar Monate vergehen – und es ist nicht einmal sicher, dass die Wohnungssuche erfolgreich sein wird. Eine weitere Erleichterung für die Mieterinnen und Mieter ist, dass beim Coliving alle wesentlichen Verträge und Abonnemente (Hausratversicherung, Wasser, Strom, Energie, Internet usw.) in der Miete enthalten sind. Zudem wird eine flexible Aufenthaltsdauer angeboten, wobei die Miete in der Regel auf Monatsbasis berechnet wird. Die Mietdauer beträgt meist einige Monate bis zwei Jahre.
Der grosse Nachteil: die viel komplexere Verwaltung
Der grosse Nachteil des Coliving-Konzepts ist, dass die Verwaltung viel komplexer ist als bei der herkömmlichen Langzeitvermietung von Wohnungen. In einem Coliving-Haus – das um rentabel zu sein mindestens 30 Zimmer haben muss – kommt es ständig zu Mieterwechseln, oft auch zu Leerständen. Es müssen also immer wieder neue Mieterinnen und Mieter gefunden und integriert werden, was erhebliche Kosten verursachen kann.
Ausserdem ist es Aufgabe des Vermieters, die gemeinsam genutzten Räume zu verwalten und Mieter-Events zu organisieren, die Teil des Coliving-Angebots sind. Glücklicherweise entwickeln sich – ähnlich wie bei Airbnb – unabhängige Strukturen, die sich um die Verwaltung der verfügbaren Zimmer und die sozialen Netzwerke kümmern. Denn wie bei jeder Art von kurz- oder mittelfristiger Vermietung werden auch die Coliving-Angebote von ihren Nutzerinnen und Nutzern kommentiert und bewertet.
Andere Raumanforderungen als bei herkömmlichen Wohnungen
Wie das IPR betont, erfordert Coliving auch eine andere Strukturierung des Wohnraums. Das Aneinanderreihen von Wohnungen ist für diese Wohnform ungeeignet. Viele Coliving-Residenzen bieten nur Zimmer ohne Küchenausstattung oder sogar ohne Badezimmer an. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind somit gezwungen, täglich auch die Gemeinschaftsräume zu nutzen, die dementsprechend ausgestattet sind.
Das ist anders als bei Serviced Apartments. Laut einer aktuellen Studie von JLL sind diese ebenfalls stark im Kommen, insbesondere in Zürich. Dabei handelt es sich jedoch um völlig autonome Wohneinheiten, die immer mit einem eigenen Bad und oft mit einer Küche oder Kochnische ausgestattet sind.
Wie Beobachter feststellen, sind sich diese beiden Wohnformangebote aber dennoch sehr ähnlich. Oft stehen dieselben Investoren dahinter, die in der Regel auch im Bereich der Unterkünfte für Studierende tätig sind. Letztlich wird damit immer dieselbe Art von Mieterinnen und Mietern angesprochen, aber in drei verschiedenen Phasen ihrer Karriere und mit Wohnraum in drei verschiedenen Preiskategorien.
Immoday-Redaktion
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