
Der Markt für Immobilienanlagefonds ist in Bewegung. Neues Investorenkapital fliesst reichlich und lässt viele Fonds kräftig wachsen. Andererseits verfolgt die UBS ehrgeizige Pläne und schafft eine Reihe von Fondsgiganten mit einem Gewicht von jeweils über 3,5 Milliarden Franken. Gibt es vor diesem Hintergrund noch Platz für kleinere Fonds, oder liegt die neue kritische Grösse nun bei zwei Milliarden Franken, um bestehen zu können?
Welches ist heute die kritische Grösse für einen Immobilienfonds? Wir stellten diese Frage bereits vor drei Jahren und die Antwort lautete damals: rund eine Milliarde Franken. Doch seither hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Nach einer zweijährigen Durststrecke ist die Nachfrage von Seiten der Investoren nach Immobilien spürbar zurückgekehrt. Die Folge sind zahlreiche Kapitalerhöhungen, die das durchschnittliche Fondsvolumen deutlich nach oben getrieben haben. Den eigentlichen Paukenschlag aber setzt die UBS Ende letzten Jahres indem sie ankündigte, mehrere ihrer Fonds fusionieren zu wollen. Sie schafft damit eine Reihe von Giganten mit einem Volumen von jeweils über 3,5 Milliarden Franken.
Warum zwei Milliarden als neue kritische Grösse gehandelt werden
In diesem Umfeld wird es für kleinere Fonds zunehmend schwierig, im Fokus der grossen institutionellen Anleger zu bleiben. Immer mehr Fondsmanager sehen daher die kritische Grösse bei nun über zwei Milliarden Franken. Einer von ihnen ist Diego Reyes. Aus seiner Sicht braucht ein universeller Fonds heute idealerweise 2,5 bis 3 Milliarden Franken, um wettbewerbsfähig und für Investoren sichtbar zu bleiben und sich damit auch den Zugang zu Kapital zu ermöglichen. Für den Senior Fund Manager von Dominicé Swiss Property erklärt sich diese gewachsene Mindestgrösse auch aufgrund der neuen Vorschriften, die zu höheren Kosten führen und damit grössere Fonds begünstigen. Wie gross die Unterschiede in der Schweiz tatsächlich sind, zeigt ein Blick auf die Börsenkapitalisierungen: Mitte April kam der kleinste kotierte Fonds, Helvetica Swiss Opportunity, auf gerade einmal 111 Millionen Franken. Der Branchenprimus UBS Swiss Sima brachte es hingegen auf fast 11 Milliarden. Dies entspricht einem Verhältnis von 1 zu 100.
Nicht alle teilen diese Einschätzung – insbesondere kleinere Fonds
Nicht alle sind aber derselben Meinung. Zu den Skeptikern zählt auch Julien Baer, CEO der Comunus SICAV, deren Nettovermögen nach der nächsten Kapitalerhöhung bei 550 Millionen Franken liegen dürfte. Er erklärt: «Zweifellos ist das Leben für einen Fondsmanager mit einem Portfolio von über zwei Milliarden Franken etwas leichter. Doch auch unterhalb dieser Schwelle lässt es sich gut arbeiten.» Ein Beleg dafür sei sein eigener Fonds, welcher in den letzten Monaten mehrere Kapitalerhöhungen durchgeführt habe und im Juni den Gang an die Börse plane. Diego Reyes betont, dass die kritische Grösse eines Fonds vor allem von seiner Positionierung abhängt. Ein kleiner Fonds kann durchaus eine starke Performance zeigen, wenn er sich klar von der Konkurrenz abhebt. «Kleine Fonds müssen hervorragende Ergebnisse liefern, flexibel und reaktionsfähig sein und eine bessere Rendite erzielen», bestätigt Julien Baer, CEO der Comunus SICAV. Wenn sie nicht besser als die grossen Fonds sind, lohnt sich eine Investition in die Comunus SICAV für Anleger kaum. Zudem müsse man trotz der Versuchung darauf achten, nicht zu schnell wachsen zu wollen, denn ein zu rapides Wachstum gehe bisweilen auf Kosten der Qualität der Akquisitionen, so Vincent Milliet, CEO von StoneEdge Asset Management. «Jeder Fonds muss einen Mehrwert bieten und spezifische Bedürfnisse der Anleger erfüllen», meint er.
Die Folge der Grössenzunahme: Ein Sektor im Konsolidierungsmodus
Laut Andreea Stefanescu, Präsidentin von COPTIS, dem Schweizer Berufsverband für Immobilienverbriefung, mag diese Diskussion über die kritische Grösse zwar theoretisch erscheinen, wirkt sich aber ganz konkret aus, da sie zu einer Konsolidierung des Sektors führt, die auf allen Ebenen zu beobachten ist. So sei es in den letzten Monaten beispielsweise zu mehreren Zusammenlegungen von Vehikeln für verbriefte Immobilienanlagen – Fonds oder Immobiliengesellschaften – gekommen. «Wenn wenige Fondsriesen den Markt beherrschen, könnten sich mittelgrosse Akteure zu Fusionen gezwungen sehen, um eine ausreichende kritische Grösse zu erreichen und wettbewerbsfähig zu bleiben», bestätigt Diego Reyes. Eine Zusammenlegung sei zwar eine Möglichkeit, doch sei ein vorsichtiges Vorgehen angezeigt, so Claudio Müller, Leiter der Abteilung Fondsleitung bei der Cronos Finance SA. «Es ist zentral, dass die Basiswerte der zusammengelegten Fonds zueinanderpassen. Zudem ist bei unabhängigen Vermögensverwaltern eine Fusion oft komplex: Jeder will die Kontrolle über sein Produkt behalten. Darüber hinaus kann eine Fusion zwischen zwei unterschiedlichen Fondsleitungen zu strukturellen und organisatorischen Problemen führen», fügt er hinzu.
Das Problem der Indizes
Die Grösse eines Fonds entscheidet ferner darüber, ob ein Fonds in den Indizes vertreten ist oder nicht. Wie Sandro De Pari, CEO der GEP SA, die den Fonds Immobilier Romand verwaltet, kürzlich versicherte, machen passive Anleger, die nur auf Indizes setzen, mittlerweile zwischen einem Viertel und einem Drittel des Marktes aus.
Es wird allgemein davon ausgegangen, dass ein Fonds heute eine Börsenkapitalisierung von mindestens 1% der gesamten Marktkapitalisierung, d. h. von etwa 700 Millionen Franken, aufweisen muss, um in die Indizes aufgenommen zu werden (Ende März 2025 lagen rund 15 Fonds noch unter dieser Marke). Fonds, die kleiner sind, würden in Sachen Performance oft etwas benachteiligt, so Claudio Müller. Er weist jedoch darauf hin, dass diese indexbedingte Underperformance langfristig durch ein solides Wachstum und gut durchgeführte Transaktionen eines kompetenten Managers ausgeglichen werden kann. Julian Reymond, CEO von Realstone, fügt hinzu: «Um für die grössten institutionellen Investoren wirklich interessant zu sein, ist es noch besser, wenn man es in den Index der zehn grössten Fonds (SXI RE Selected NAV) schafft, der auf dem Nettoinventarwert und nicht auf der Börsenkapitalisierung beruht (die Kapitalisierung für diesen sehr exklusiven Club liegt allerdings bei mindestens zwei Milliarden Franken).»
Der paradoxe Druck der Investoren
Die Haltung der Investoren ist jedoch ambivalent. Einerseits würden sie – insbesondere die institutionellen Anleger – auf eine grössere kritische Grösse drängen, die eine bessere Diversifikation und Liquidität gewährleiste, so Diego Reyes. Andererseits würden sie Druck auf kleinere Fonds ausüben, sich kotieren zu lassen, sobald deren Grösse 500 Millionen Franken übersteige. Allerdings sei eine Kotierung erst ab einer Grösse von 1 bis 1,5 Milliarden Franken sinnvoll, so Laure Carrard und Lucia Morgillo von der IMvestir Partners SA. Dieser Druck wird auch von den Fonds bestätigt. Die Investoren sehen in einem Börsengang nämlich die Möglichkeit, die Liquidität der Anteile rasch zu erhöhen und nebenbei sogar ein Agio zu kassieren, falls der Fonds sehr begehrt ist.
Und was, wenn die kritische Grösse letztlich doch nicht so wichtig wäre?
«Ein Fonds muss eine Mindestgrösse haben, damit die Gebühren, Kommissionen und sonstigen Betriebskosten, wie die regulatorischen Vergütungen für die Fondsleitung oder den Immobilienmanager, sich auf einem branchenüblichen Niveau bewegen, damit die Verwaltungs- und Rechtskosten gedeckt werden können und damit ein erfahrenes Immobilien-Asset-Management-Team beschäftigt werden kann, zumal die Talente in diesem Sektor immer noch rar und somit sehr begehrt sind», bestätigt Cyril de Bavier. Dennoch ist für den CEO der Swissroc Group die kritische Grösse eines Fonds nicht so wichtig, wie bisweilen behauptet wird. «Heutzutage werden fast alle kotierten Fonds unabhängig von ihrer Grösse mit einem Agio gehandelt. Das zeigt, dass auch eine Nachfrage nach kleinen Anlagevehikeln besteht», meint er. Bei den grössten Fonds, die oft die höchsten Agios hätten, gebe es zweifellos eine Liquiditätsprämie. Doch gebe es auch Gegenbeispiele wie Streetbox, dessen Agio Mitte April 2025 bei mehr als 50% und damit deutlich über dem Durchschnitt der kotierten Fonds (28% gemäss SFP) gelegen habe. Für die Investoren zähle letztlich nicht die Grösse, sondern die Anlagestrategie, die Qualität des Asset Managers und die Rendite, so Cyril de Bavier.
Immoday-Redaktion
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