
Ein kleiner Anlegerwiderstand mit grosser Wirkung: Die erste von drei geplanten Fusionen von UBS- und ehemaligen Credit Suisse-Immobilienfonds verzögert sich. Die Finma muss Einsprachen prüfen – die Branche blickt gespannt auf den weiteren Verlauf.
1. Was war vorgesehen?
Im November 2024 kündigte die UBS an, ihre Immobilienfondsstruktur zu vereinfachen. Ziel war es, mehrere UBS- und ehemalige Credit Suisse-Fonds in drei Etappen zu fusionieren. In der ersten Phase sollten vier Fonds zusammengeführt werden: CS REF LivingPlus, CS REF Hospitality, UBS Direct Residential und Residentia. Die neue Einheit sollte unter dem Namen «UBS» auftreten. Die ursprünglichen Fondsnamen wurden hier bewusst genannt, um die Herkunft – insbesondere aus der Credit Suisse-Zeit – transparent zu machen.
2. Wie sah der ursprüngliche Zeitplan aus?
Nach monatelanger Stille verkündete die UBS am 22. April 2025, dass die erste Fusion zum 30. Juni 2025 erfolgen werde. Laut Medienmitteilung war alles auf Kurs: Das Portfolio des neuen Fonds sollte über 150 Liegenschaften mit einem Gesamtwert von 4,38 Milliarden CHF (Stand 31.12.2024) umfassen – und damit den grössten direkt haltenden Schweizer Wohnimmobilienfonds bilden.
3. Nur wenige Worte zum Schicksal des UBS Direct Residential
In der Pressemitteilung vom 22. April 2025 wurde nebenbei auch eine bedeutende Änderung bekannt gegeben: Der UBS Direct Residential, der sich hauptsächlich auf Wohnimmobilien in den Ballungszentren der Deutschschweiz konzentriert, sollte bei der ersten Fusion nicht mehr mit von der Partie sein, sondern in seiner bisherigen Form bestehen bleiben. Die UBS erklärte diesen Entscheid nicht näher. Die NZZ vermutete, dass der Druck gewichtiger Anleger die Bank zum Umdenken zwang.
Dabei war Direct Residential der zweitgrösste Fonds des Quartetts mit einer Marktkapitalisierung von 1,5 Milliarden Franken Ende Juli – und vor allem der beliebteste bei den Investoren, mit einem Agio von +43 % (während die Agios der drei anderen Fonds zwischen +25 % und +30 % schwanken).
4. Leider für die UBS verlief nicht alles nach Plan
Am 25. Juni 2025 veröffentlichte die UBS eine neue Mitteilung mit weniger optimistischem Ton: Eine Gruppe von Anlegern, die weniger als 0,1 % des Kapitals eines der Fonds hält, habe Einsprachen bei der Finma eingereicht. Die Fusion müsse deshalb auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden. Rechtlich betrachtet haben Anleger nach Publikation der Fusionsdetails 30 Tage Zeit, Einspruch zu erheben – was hier genutzt wurde.
5. Welche Klagen bringen die Anleger vor?
Offiziell schweigen UBS und Finma. Doch gemäss Marktbeobachtern – auch laut der NZZ – dürften die Einsprachen auf die unterschiedliche Anlagepolitik der Fonds abzielen. Vor allem Anleger des LivingPlus dürften sich gegen eine Verwässerung durch die Aufnahme zweier Fonds mit komplexeren oder weniger attraktiven Portfolios wehren.
6. Worin unterscheiden sich die Fonds?
Die Unterschiede sind markant:
LivingPlus: Rund 3 Mrd. CHF, Fokus auf alternative Wohnformen (Seniorenresidenzen, Studentenwohnungen).
Hospitality: Ca. 750 Mio. CHF, konzentriert auf Hotelimmobilien.
Residentia: Ca. 200 Mio. CHF, schwerpunktmässig Wohnobjekte im Tessin.
Ein einheitliches Anlageprofil – wie gesetzlich gefordert – ist zumindest aus Anlegersicht nicht gegeben.
7. Was sagt das Gesetz?
Gemäss der Verordnung über kollektive Kapitalanlagen (KKV) ist eine Fondsfusion nur zulässig, wenn die Anlagepolitik „grundsätzlich übereinstimmt“. Die Anleger stützen ihre Einsprachen offenbar genau auf diesen Punkt – auch wenn bislang keine offizielle Bestätigung der Argumentation vorliegt.
8. Was wird die Finma tun?
Die Finma prüft die Einsprachen derzeit. Laut Olivier Klunge, Partner bei Bourgeois Avocats und Experte für Immobilienfondsrecht, ist es unwahrscheinlich, dass die Finma die Fusion vollständig untersagt. Dennoch müsse sie die Anliegen der Anleger ernst nehmen und sorgfältig abwägen. Klunge betont: Ohne eine informelle Vorabklärung mit der Finma hätte UBS das Fusionsdatum kaum öffentlich kommuniziert.
9. Wie lange dauert die Prüfung?
Die Einigkeit unter Expert:innen ist gross: Die Einsprachen dürften die Fusion nicht dauerhaft blockieren, wohl aber um mehrere Monate verzögern. Die genaue Dauer ist nicht abschätzbar – sie hängt vom Prüfprozess der Finma ab. Transparenz ist von der Behörde in solchen Fällen erfahrungsgemäss nicht zu erwarten.
10. Wird die Fusion möglicherweise abgesagt?
Rein juristisch möglich, aber praktisch unwahrscheinlich. Sollte die Finma die Fusion dennoch bewilligen, könnten die Einsprecher den Fall vor das Handelsgericht Zürich bringen. Auch hier dämpft Olivier Klunge die Erwartungen: „Die Hürden für eine zivilrechtliche Schadenersatzforderung sind hoch. Ein konkreter, kausal nachweisbarer Schaden müsste belegt werden – was kaum gelingt.“
11. Stellt das für die UBS ein grosses Problem dar?
Die UBS hält öffentlich an ihrer Strategie fest. Sie äussert sich nicht zu den konkreten Einsprachen, bekräftigt aber die Sinnhaftigkeit der Fusionen. Gemäss Taner Alicehic, Gründer von REIS Partner, waren Einsprachen bei einem Projekt dieses Umfangs erwartbar. Er glaubt jedoch nicht, dass die UBS von ihrem Plan abweichen wird. Der Markt habe die Fusion ohnehin „bereits eingepreist“, professionelle Investoren sähen den Zusammenschluss positiv – insbesondere aufgrund der besseren Liquidität und Grösse der künftigen Vehikel.
12. UBS zahlt für mangelnde Transparenz
Ein Kritikpunkt, der sich durchzieht: die spärliche Kommunikation der UBS. Seit der Ankündigung im November 2024 folgten kaum Updates. Auch der Rückzug des UBS Direct Residential wurde nicht erläutert. Presseanfragen werden – laut mehreren Medienvertretern – ausweichend beantwortet. Für ein Projekt dieser Grössenordnung wird das als unangemessen empfunden.
13. Was bedeutet das für die anderen Fusionen?
Die UBS versichert, dass die Verzögerung keine Auswirkungen auf die zweite Fusion (CS REF Green Property & UBS Direct Urban, Ende 2025) oder die dritte (CS REF Interswiss & UBS Swissreal, Ende 2026) habe. Doch auch dort gilt: Das Verfahren ist identisch – Einsprachen bleiben möglich. Und mit ihnen das Risiko weiterer Verzögerungen.
Fazit: Ein kleiner Widerstand – mit grosser Wirkung. Die UBS-Fusionsstrategie bleibt intakt, doch der Fall zeigt, wie wichtig klare Kommunikation und rechtliche Sorgfalt sind. Während die Finma prüft, steht der Markt still – und wartet.
Redaktion Immoday
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