Julien Grange von Grange Immobilier: «Die Käufer verlangen heute eine durchschnittliche Nettorendite von 3,4%»

04/12/2023

Immoday

Grange Immobilier

5 min

Das Team von Grange Investissement hat soeben sein zweites Barometer der Genfer Renditeimmobilien veröffentlicht. Aus diesem geht hervor, dass die Erwartungen der Verkäufer und Käufer noch weit auseinanderliegen. Allerdings zeichnet sich ein neues Gleichgewicht ab. 

 

Angesichts eines Marktes, der in den letzten 18 Monaten grosse Umwälzungen erfahren hat, war Grange Investissement, ein Zweig der Grange Immobilier, einer der ältesten Genfer Verwaltungen mit rund 100 Mitarbeitenden und einem Mieterspiegel von 300 Millionen Franken, der Ansicht, dass ein klarer Indikator für die Renditeerwartungen der Immobilieninvestoren noch fehlt. Ganz nach dem Motto «Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es!» hat das Team der Grange Immobilier beschlossen, die wichtigsten Akteure des Marktes zu befragen, um ein Barometer der Genfer Renditeimmobilien («Baromètre de l’immobilier de rendement genevois») zu erstellen. Die Ergebnisse dieser Umfrage sind soeben in der zweiten Ausgabe erschienen und geben Anhaltspunkte für ein besseres Verständnis der aktuellen Marktflaute – auch wenn die Transaktionen demnächst wieder anziehen dürften. Wir haben hierzu ein Interview mit Julien Grange, Verwaltungsrat der Grange Immobilier, geführt, der für dieses Barometer verantwortlich ist.

 

Julien Grange, was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie aus der zweiten Ausgabe Ihres Barometers ziehen?

 

Zunächst bestätigt sie, dass wir uns nach dem Zinsanstieg nun in einer Situation befinden, in der einige Verkäufer immer noch zu hohe Ansprüche haben. Sie bieten Verkaufspreise und damit Renditen an, welche die Erwartungen der Käufer nicht mehr erfüllen. Die Ergebnisse des Barometers zeigen aber auch, dass sich ihre Erwartungen zu stabilisieren scheinen, seit die SNB im September 2023 angekündigt hat, die Leitzinsen vorerst nicht weiter anzuheben.

 

Wie sehen diese Erwartungen konkret aus?
 

Für ein qualitativ gutes Mietwohngebäude im Kanton Genf, bei welchem mittelfristig keine Arbeiten anfallen, das aber auch kein Aufstockungspotenzial bietet, erwarten die Käufer im Durchschnitt eine Nettorendite von 3,4% für Gebäude im Stadtzentrum und etwas mehr als 4% für Gebäude am Stadtrand mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

 

Und für Geschäftsimmobilien?

 

Für ein Mietbürogebäude von guter Qualität im Kanton Genf, bei welchem mittelfristig keine Arbeiten anfallen, das aber auch kein Aufstockungspotenzial bietet, liegt die Renditeerwartung bei ca. 4,1% für Gebäude an guter Lage im Stadtzentrum und bis zu knapp 5% für Gebäude am Stadtrand mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Verkehr. In diesen Zahlen ist der Ultra-Prime-Bereich nicht mitberücksichtigt. Dieser stellt einen eigenen Markt dar, wie z. B. die Geschäftshäuser in der Rue du Rhône in Genf.

 

Der Standort ist also sehr wichtig?

 

Unser Barometer zeigt, dass die Lage des Objekts und dessen Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel einen starken Einfluss zu haben scheinen. Zwischen der erwarteten Nettorendite eines Wohngebäudes im Zentrum von Genf und derjenigen einer Immobilie am Stadtrand mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Verkehr beläuft sich die Differenz auf +19%. Bei den Geschäftsimmobilien liegt der entsprechende Wert bei +22%.

 

Spielt die Grösse des Gebäudes auch eine Rolle?

 

Sie hat einen Einfluss, der jedoch gering ist. Die Höhe des Mieterspiegels ist letztlich nicht der Parameter mit dem grössten Einfluss auf die erwartete Nettorendite. Nur wenn der Mieterspiegel unter 300 000 Franken liegt. In diesem Fall ist der Markt etwas anders, da er sich überwiegend an kleinere Privatanleger richtet. Wir haben diese Frage in unserem Barometer jedoch nicht gestellt. Vielleicht in der nächsten Ausgabe.

 

Diese Erwartungen der Käufer sind aber weit entfernt von den durchschnittlichen Renditen bei den Transaktionen. Wie lässt sich das erklären?

 

Ganz einfach, weil es eine grosse Differenz zwischen den durchgeführten Transaktionen und den Erwartungen der Käufer gibt. Wenn Sie sich deren Antworten in unserem Barometer genauer ansehen, werden Sie feststellen, dass einige Käufer weiterhin sehr aggressiv auftreten und niedrige Renditen praktizieren. Die anderen, die grosse Mehrheit, warten darauf, dass die Verkäufer ihre Forderungen nach unten korrigieren. Dieses Zuwarten erklärt übrigens auch, weshalb die Anzahl der Transaktionen in den letzten Monaten so stark zurückgegangen ist: Die Verkäufer und Käufer können sich nicht auf einen Preis einigen. Wie dem auch sei, die Zahlen, die veröffentlicht werden, werden nur anhand der tatsächlich durchgeführten Transaktionen berechnet. Sie zeigen daher nicht die durchschnittlichen Markterwartungen, sondern nur die Position einiger aggressiver Käufer. Die Verzerrung ist derzeit also noch gross. 

 

Dies erklärt, warum die tatsächlichen Renditen bei den Transaktionen bei etwa 2% liegen, die erwarteten Renditen der Käufer laut Ihrem Barometer jedoch bei 3,4%.

 

Genau. Die veröffentlichten Zahlen zu den tatsächlichen Renditen sind zwar korrekt, aber verzerrt. Und gerade deshalb haben wir dieses Barometer veröffentlicht, nämlich um den Verkäufern, die in der Regel die Renditen anhand vergangener Transaktionen berechnen, zu zeigen, welche Erwartungen die Käufer tatsächlich haben. Das ist eine Angabe, die uns bisher gefehlt hat. 

 

Sie haben auch die Käufer zur Marktentwicklung befragt. 

 

Genau. Und eine grosse Mehrheit der Befragten glaubt, dass die Immobilienpreise in den nächsten sechs Monaten weiter sinken werden, auch wenn der Anteil der Befragten, die von einer Stabilisierung der Preise ausgehen, von 27% auf 35% gestiegen ist. Dies würde tendenziell darauf hindeuten, dass sich der Markt stabilisiert. Zahlreiche Käufer sind im Übrigen wieder in Kauflaune. Mehr als ein Drittel investiert aktiv. Nur noch 4% bauen ihr Engagement aktiv ab.

 

Sie sagen, dass sich die Preise stabilisieren und die Käufer wieder in Kauflaune sind. Heisst das nicht auch, dass die Verkäufer letztlich nicht gezwungen sein werden, ihre Preise zu senken?

 

Hier muss man aufpassen, denn die derzeit sehr geringe Anzahl von Transaktionen führt zu statistischen Verzerrungen. Während sich einige Marktsegmente wie Wohnungen oder Stockwerkeigentum – zumindest in Genf – gut behaupten konnten, ist es anderen nicht so gut ergangen. Bei den Renditewohnobjekten gab es einen echten Rückgang, da es aber nur wenige Transaktionen gibt, ist es schwierig, diesen Rückgang in den Statistiken zu erkennen. 

 

Ein Rückgang um wie viel?

 

Dies geht aus unserem Barometer nicht hervor, da es vor der Zinswende noch nicht existierte. Aus unserer Erfahrung als Verkäufer stellen wir jedoch fest, dass Wohngebäude seit März 2022 im Durchschnitt fast 20% an Wert verloren haben. Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Preise für diese Art von Objekten in den letzten Jahren durch die sehr hohe Nachfrage institutioneller Anleger künstlich in die Höhe getrieben wurden.

 

Und für Geschäftsimmobilien?

 

Da sieht es etwas anders aus, da die Preise aufgrund einer hohen Leerstandsquote im Kanton bereits tiefer waren. Es gab also auch hier in den letzten beiden Jahren einen Rückgang, wenn auch einen weniger starken. Bei Geschäftsimmobilien sind die Investoren im Übrigen äusserst anspruchsvoll geworden. Die Nachfrage nach Büros am Stadtrand mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Verkehr oder nach alten Gebäuden mit hohem Energieverbrauch ist nicht mehr sehr gross. Der Grund dafür ist, dass diese Art von Gebäuden wegen der neuen Genfer Gesetzgebung erhebliche Sanierungskosten verursachen wird.

 

Da sich der Markt stabilisiert, sollten Ihrer Analyse zufolge demnächst die Transaktionen wieder anziehen.

 

Wir gehen in der Tat davon aus, dass sich die Anzahl der Transaktionen erhöhen wird, wenn sich die Verkäufer allmählich an das neue makroökonomische Umfeld anpassen. So werden wir besser sehen können, wo die Marktpreise liegen. 

 

Julien Grange, hier wurden nur einige Ergebnisse der Umfrage angegeben. Wie erhält man Zugang zum gesamten Barometer?

 

Ganz einfach, indem Sie bei der nächsten Ausgabe im kommenden Frühjahr unseren Fragebogen ausfüllen, was nur wenige Minuten dauert. Derzeit nimmt nur ein kleiner Teil des Marktes an unserer Umfrage teil. Die grössten Akteure sind zwar vertreten, wir hätten aber gerne mehr Teilnehmer, um die Ergebnisse zu verfeinern. Und ich denke, wir können es an dieser Stelle verraten: Die nächste Ausgabe wird im Rahmen eines Co-Brandings mit der Website Immoday veröffentlicht. So erhält das Barometer die Sichtbarkeit, die es verdient! Wir freuen uns darauf, die Marktentwicklung weiterzuverfolgen und darüber in den nächsten Ausgaben des Barometers zu berichten.