Baupreise im Höhenflug: + 9,2 % seit Oktober 2020!

23/08/2022

Immoday

Olivier Toublan

3 Min


Inflation, Explosion der Energiepreise, Knappheit an bestimmten Materialien – die Baupreise befinden sich im Höhenflug. Und das Tempo des Anstiegs ist beunruhigend. Es könnte sich auf Investitionen in die Nachhaltigkeit auswirken.

 

Die nüchternen Fakten zuerst: Den neuesten Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) zufolge sind die Baupreise innerhalb eines Jahres um 7,7 % gestiegen. Seit Oktober 2020 beträgt der Anstieg 9,2 %. Und in den letzten sechs Monaten sogar 4,9 %! Kurz gesagt, das Tempo nimmt zu.
 

Eine Tatsache, die noch beunruhigender wirkt, wenn man die Zahlen in Relation setzt: Zunächst einmal gab es seit Beginn der Messungen im Jahr 1998 noch nie einen so schnellen Anstieg. Zwischen 2010 und 2020 betrug er nur knapp über 2 %. Und dann ist der Anstieg von fast 8 % innerhalb eines Jahres mehr als doppelt so hoch wie die Inflation, die im Juni bei 3,4 % im Jahresvergleich lag. Dabei sind alle Segmente des Bausektors betroffen, der Hoch- wie der Tiefbau, aber auch alle geografischen Zonen. Denn die Preise stiegen in allen grossen Regionen, wobei der Anstieg in der Nordwest- und der Zentralschweiz etwas höher ausfiel.

 

Es hakt nach wie vor auf der chinesischen Seite

 

Wie lässt sich die Preisexplosion erklären? Die Experten der Credit Suisse erklären die Zahlen damit, dass «Engpässe in den globalen Lieferketten in den letzten zwei Jahren zu Lieferverzögerungen und massiven Preiserhöhungen in fast allen Branchen geführt haben». Und die Situation hat sich in diesem Jahr durch die «nahezu synchrone Konjunkturerholung überall auf der Welt» noch verschärft.
 

Das Ende des Tunnels ist bisher nicht in Sicht, sagen die Ökonomen. Denn ein Grossteil der Baumaterialien kommt aus China und wird über die Meere transportiert. Beide Aspekte lassen die Situation mittelfristig wenig ermutigend erscheinen. In vielen Häfen gibt es immer noch Staus und einen Mangel an Containern. Ausserdem «hat die Pandemie in China ihren Höhepunkt erst in den letzten Wochen erreicht. Die Null-COVID-Strategie des Landes wirkt sich stark auf die Häfen und die Produktion aus. Ganze Städte wurden stillgelegt.»
 

Als ob die Probleme Chinas nicht schon genug wären, «hat der Krieg in der Ukraine die Preise für Rohstoffe wie Industriemetalle, fossile Brennstoffe und Agrarprodukte in die Höhe getrieben».

 

Die Teuerung dürfte sich fortsetzen

 

Die Ökonomen der Credit Suisse gehen davon aus, dass sich die Teuerung fortsetzt. «In den letzten Wochen sind die Preise für Metallprodukte wie Bewehrungsstahl (+136 % im Vergleich zu 2019) und Aluminium (+74 %) regelrecht explodiert. Aber auch Kraftstoff und Bitumen sind stark gestiegen.» Und die Preise dürften vorerst hoch bleiben. «Einerseits zählen China, Russland und auch die Ukraine zu den wichtigsten Produzenten und Exporteuren. Andererseits erfordert die Herstellung dieser Metalle viel Energie und China, das mehr als die Hälfte des weltweiten Stahls produziert, ist gerade dabei, seine Produktion zu senken, um seine Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstosses zu erreichen.»

 

Steuern wir auf eine Verlangsamung der energetischen Renovationen zu?

 

Einziger Lichtblick an diesem trüben Himmel: Verschiebungen von Bauprojekten sind bislang die Ausnahme. «Jedoch müssen Bauherren mit weiteren Preissteigerungen und starken Schwankungen bei Preisen und Lieferzeiten rechnen», warnen die Ökonomen. Beunruhigender als Verzögerungen bei der Planung sind Preissteigerungen, die die Renditen von Immobilieninvestitionen drücken. Denn diese könnten Eigentümer sogar dazu veranlassen, bestimmte Investitionen zu verschieben, wie zum Beispiel solche zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ihrer Gebäude.
 

Doch darf man in Frage stellen, ob eine solche Strategie klug ist, warnen die Ökonomen der Credit Suisse. «Denn Mieter könnten in Zukunft immer mehr Vorbehalte gegen fossile Brennstoffe äussern, nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf das Klima, sondern auch wegen der damit verbundenen höheren Nebenkosten.»
 

Olivier Toublan, Immoday