Comunus: «Ja, die eigene Komfortzone zu verlassen, ist heute eine Herausforderung»

17/05/2022

Immoday

Olivier Toublan

5 Min

 

Angesichts der stetig steigenden Preise müssen die Immobilienmanager heute den Mut haben, Risiken einzugehen, um ihre Renditen zu erhalten. Dies ist die Auffassung von Julien Baer, CFO der Comunus SICAV, die eine neue Kapitalerhöhung von 50 Millionen Franken lanciert, um u. a. in ein gemischt genutztes Gebäude in Yverdon – einer Region, die nicht zu den beliebtesten der meisten Fondsmanager gehört – zu investieren. Wir haben mit ihm ein Gespräch geführt.

 

Das Wirtschaftsumfeld für Immobilienanlagen bleibt unverändert: Die Preise steigen stetig und die Renditen schwinden – eine echte Knacknuss für die Fondsmanager. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn sich die Anlagestrategie – wie so oft – auf Wohnimmobilien in den grossen städtischen Zentren konzentriert. Was ist die Lösung? Die Komfortzone zu verlassen und den Mut zu haben, in atypische Immobilien in Randregionen zu investieren – das meint zumindest Julien Baer, CFO der Comunus SICAV. Er erklärt uns, wie sich ein kleiner nicht kotierter Fonds, der im Wesentlichen von Privatanlegern gehalten wird, in Sachen Rentabilität behauptet.

 

Julien Baer, beginnen wir mit einer kleinen Präsentation: Was ist die Cumunus SICAV? 
 

Es handelt sich um einen nicht kotierten Immobilienfonds, der 2013 von unserem CEO Marc-Henri Beausire aufgelegt wurde und die Besonderheit hat, selbstverwaltet zu sein. Unsere Aktionäre sind derzeit vor allem Privatanleger. Unsere Strategie konzentriert sich auf Wohn- und gemischte Immobilien in der Westschweiz. Seit Kurzem sind wir auch für den Erwerb von Geschäftsimmobilien offen. Das Gesamtvermögen des Fonds beläuft sich derzeit auf ungefähr 450 Millionen Franken und wir lancieren in einigen Tagen eine neue Kapitalerhöhung. Wir hoffen, auf diesem Wege 50 Millionen Franken aufzunehmen.

 

Kommen wir auf einige Merkmale der SICAV zurück. In der Regel richtet sich ein solcher Immobilienfonds vor allem an institutionelle Anleger. In Ihrem Fall trifft dies nicht zu. 
 

Nein, bei der Auflegung des Fonds wollte Marc-Henri Beausire vor allem vermögende Privatkunden ansprechen. Doch diese Strategie ändert sich gerade. Und mit dieser neuen Kapitalerhöhung versuchen wir, institutionelle Anleger zu gewinnen. Diese zu überzeugen, ist im Übrigen eine meiner Aufgaben als CFO des Fonds. Der hervorragende Track Record des Fonds, der im Jahr 2021 eine Performance von 12% und seit seiner Auflegung eine Wertentwicklung von mehr als 125% erzielt hat, stellt hierbei ein schlagkräftiges Argument dar. Ich stelle derzeit ein grosses Interesse der Anleger fest, sich an unserem Kapital zu beteiligen.

 

Besteht das Ziel letztlich darin, eine Mehrheit an institutionellen Anlegern zu haben, wie dies bei den meisten Immobilienfonds in der Schweiz der Fall ist? 
 

Nein, wir wollen unsere Privatanleger behalten. Sie sind uns treu und haben uns seit der Fondsauflegung unterstützt. Dies hindert uns jedoch nicht daran, unseren Aktionärskreis zu erweitern. Ich denke, 50% Privatanleger und 50% institutionelle Investoren wäre ein gutes Ziel.

 

Bei Ihrem Fonds handelt es sich um eine selbstverwaltete SICAV. Was bedeutet das? 
 

Das bedeutet, dass die gesamte Verwaltung in der SICAV zentralisiert ist. Diese stellt ihre Administration selbst sicher und verfügt intern über alle für das Management des Fonds erforderlichen Kompetenzen.
 

Was ist der Vorteil einer solchen Struktur? 
 

Die Nähe zwischen dem Management und der Administration des Fonds. So können wir flexibel und rasch entscheiden. Wir sind alle auf der gleichen Etage, können diskutieren und sehr schnell eine Entscheidung treffen.

 

Wirkt sich dies auch auf Ihre Verwaltungsgebühren aus? Ihre TER ist ziemlich hoch. 
 

Das liegt daran, dass wir transparent sind und es keine versteckten Kosten gibt. Wir haben eine All-in-Fee, die das Management, die Käufe, die Verkäufe und die Entwicklung der Immobilien umfasst. Die meisten Fonds beziehen die Kauf-/Verkaufskommissionen nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung ein, sondern verbuchen sie direkt im Selbstkostenpreis der Immobilien. Der tatsächlich gezahlte Betrag ist für den Investor daher nicht sichtbar. Deshalb weisen diese Fonds eine weniger hohe TER auf. Ausserdem werden wir nicht in Prozent des Fondsvolumens, sondern nach unserer Leistung entschädigt. Wenn wir also gut arbeiten, steigt die Kommission. Wenn wir weniger effizient sind, sinkt sie.

 

Bitte nehmen Sie das nicht persönlich, aber die Comunus SICAV ist nicht gerade ein Fonds, welcher der breiten Öffentlichkeit bekannt ist. 
 

Wie ich eingangs bereits gesagt habe, liegt dies einerseits daran, dass er nicht kotiert ist und Privatanlegern vorbehalten war. Andererseits ist das Portfolio in den ersten Jahren nur wenig gewachsen – dies aufgrund der selektiven und sehr lokalen Akquisitionen, vor allem zwischen Vevey und Lausanne. Ziel war es, die bestehenden Aktionäre zu binden, um die Stabilität des Fonds sicherzustellen. Nachdem wir diese Stabilität erreicht hatten, konnten wir es uns leisten, schneller zu wachsen, weshalb in den letzten Jahren mehrere Kapitalerhöhungen durchgeführt wurden. Beim Erwerb der Immobilien gehen wir aber immer noch gleich selektiv vor. Die Qualität unseres Immobilienparks darf auf keinen Fall darunter leiden, dass wir wachsen wollen.
 

 

Weshalb wollen Sie überhaupt wachsen?  
 

Um beim Management effizienter zu sein, brauchten wir ein grösseres Team und damit auch ein grösseres Immobilienportfolio, denn nur so lassen sich die Kosten für diese neuen Talente rechtfertigen.

 

Ein Wachstum, das noch nicht abgeschlossen ist, weil Sie eine neue Kapitalerhöhung lancieren, mit der Sie 50 Millionen Franken aufnehmen möchten. 
 

Mit diesem Kapital werden wir insbesondere eine neue Akquisition in Yverdon tätigen können, die wir uns bereits gesichert haben – ein Gebäude mit Gewerbeflächen, Büros und Wohnungen.

 

Sie wollen in Yverdon in eine gemischte Immobilie investieren? Ist das nicht etwas gewagt? Nicht alle Fonds würden dieses Risiko eingehen. 
 

Erstens handelt es sich um ein Gebäude an sehr guter Lage, mitten im Stadtzentrum und weniger als 300 Meter vom Bahnhof entfernt. Es ist ein echtes Mischgebäude, das auch Wohnungen umfasst, sodass das Leerstandsrisiko geringer ist. Die Gewerbeflächen werden an grosse Marken vermietet, mit langfristigen Mietverträgen. Es ist also eine solide Investition. Im Übrigen ist das Gebäude bereits vollständig vermietet. Zugegebenermassen könnte die Leerstandsquote in Zukunft höher liegen als bei einer Immobilie in Genf. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass wir eine höhere Rentabilität erzielen können.
 

Und seien wir ehrlich: Die Immobilienpreise im Stadtzentrum von Genf oder Lausanne sind mittlerweile viel zu hoch. Wenn man also dort kauft, verwässert man die Rentabilität des Fonds. Man kann nicht eine Endrendite von 3% versprechen, wenn man ein Gebäude mit einer Bruttorendite von 2,5 bis 3% kauft. Entweder man kauft keine neuen Immobilien mehr und arbeitet an der Wertsteigerung des eigenen Immobilienportfolios – was ein Teil der Fonds derzeit tut – oder man wagt etwas riskantere Strategien. Wir haben uns für Letzteres entschieden, steigern aber gleichzeitig auch den Wert unserer Bestandsimmobilien.

 

Wie überzeugen Sie die Anleger von dieser Strategie? 
 

In den letzten Jahren haben wir einige Immobilien etwas ausserhalb des Genferseegebiets, unserer bevorzugten Region, gekauft, was bei unseren Aktionären bisweilen für Zähneknirschen gesorgt hat. Heute gehören diese Liegenschaften zu den Immobilien, welche die besten Renditen abwerfen. Wir müssen etwas grössere Risiken eingehen, wenn wir unsere Renditen erhalten wollen. Und diese Risiken lassen sich auffangen, weil wir intern über die Kompetenzen verfügen, um mit ihnen umzugehen. Doch seien Sie beruhigt, die meisten unserer letzten Akquisitionen befinden sich in Städten des Genferseegebiets. Wir konnten diese Immobilien dank unserem starken lokalen Netzwerk erwerben. 
 

Unsere Stärke ist, dass wir keine Finanziers sind, sondern Immobilienprofis, also Leute, die aus der Branche kommen. Mit einer klaren Strategie: Wir kaufen vor allem Gebäude, die renovationsbedürftig sind und eine Mietreserve aufweisen, und werten sie dann auf. Manchmal verkaufen wir sie wieder, wodurch wir beträchtliche Gewinne erzielen.

 

Wäre es nicht interessanter, sie zu behalten und zu vermieten?

 

Wir streben hier ein Gleichgewicht an. Bei rund einem Drittel unserer Liegenschaften entscheiden wir uns für eine Aufwertung und einen anschliessenden Verkauf. Die beiden verbleibenden Drittel behalten wir und vermieten sie. Aus der Addition der Einnahmen aus dem Verkauf und der Vermietung ergibt sich unsere Endrendite.

 

Ich sehe auch, dass Sie in Ihrem Immobilienportfolio Bauland haben. 
 

In der Tat. Eines dieser Grundstücke liegt in Lausanne. Es ist der Park, wo sich das Institut Mont-Olivet befindet. In Zusammenarbeit mit der Stadt Lausanne werden wir dort ein grosses Immobilienvorhaben im Wert von rund 40 Millionen Franken realisieren. Angesichts der Grösse diese Projekts wird wahrscheinlich eine weitere Kapitalerhöhung erforderlich sein. Doch seien wir ehrlich: Es wird sicherlich Widerstand geben und noch einige Jahre dauern, bis dieses Projekt verwirklicht werden kann.

 

Ihr Fonds ist noch nicht kotiert, obwohl es dessen Grösse zulassen würde. Streben Sie mittelfristig eine Börsenkotierung an? 
 

Unsere Strategie bestand darin, die kritische Grösse von rund 500 Millionen Franken zu erreichen und dann an die Börse zu gehen. Der Börsengang war für 2023 geplant. Derzeit ziehen wir es jedoch vor, noch etwas zuzuwarten.

 

Weshalb? 
 

Weil sich das Wirtschaftsumfeld geändert hat. Bis vor kurzem haben uns unsere Aktionäre dazu gedrängt, an die Börse zu gehen, um ein Agio einzunehmen. Angesichts der Marktturbulenzen der letzten Monate ist ihnen ein nicht kotierter Fonds, der viel weniger volatil ist, lieber – dies umso mehr, als die jüngsten Börsengänge von Immobilienfonds gezeigt haben, dass die Agios nicht mehr unbedingt das sind, was sie einmal waren. Dennoch bereiten wir uns derzeit auf den Börsengang vor. Dieser kann sehr schnell vollzogen werden, wenn die Bedingungen wieder besser sind.

 

Doch muss man nicht an der Börse kotiert sein, um – wie Sie möchten – institutionelle Anleger zu gewinnen? 
 

Nicht unbedingt. Die institutionellen Anleger interessieren sich in erste Linie für die kritische Grösse und die Liquidität des Fonds. Und wie Sie sicherlich wissen, führt eine Börsenkotierung nicht zwangsläufig zu mehr Liquidität.

 

Die institutionellen Anleger achten heute auch stark auf die ESG-Strategie der Fonds. Wo stehen Sie da? 
 

Es gibt zwei Aspekte: erstens, was wir tun, und zweitens, was wir kommunizieren. Zunächst, was wir tun: Da unsere Strategie darin besteht, den Wert unserer Immobilien zu steigern, achten wir schon lange sehr genau auf deren Energieverbrauch und auf das Wohlbefinden unserer Mieter. Allerdings ist unsere Kommunikation zu diesem Thema noch nicht ausreichend. Wir haben eine unabhängige externe Firma mit der ESG-Analyse aller unserer Liegenschaften beauftragt und werden in der zweiten Jahreshälfte, wenn die Ergebnisse dieser Analyse vorliegen, mehr dazu kommunizieren. Dank dieser Analyse werden wir für jede unserer Liegenschaften die ESG-Strategie bestimmen können, um unter anderem die CO2-Bilanz dieser Immobilien zu verbessern.
 

Olivier Toublan für Immoday